Gens

Gens

Im Römischen Reich wurde das Wort gens (Plural gentes) ursprünglich als Bezeichnung für eine Sippe oder Gruppe von Familien benutzt, die im Glauben an einen gemeinsamen Ahnen denselben Namen, das sog. nomen gentile, trugen. In den römischen Namenskonventionen klassischer Zeit war der zweite Namensbestandteil der Name der gens, zu der die Person gehörte. So gehörte etwa Gaius Iulius Caesar zur gens Iulia.

Später und im weiteren Sinne bezeichnet das Wort gens auch einen Volksstamm oder ein Volk, dem eine gemeinsame Abstammung unterstellt wurde – und wurde in diesem Zusammenhang Bestandteil des Begriffs Ius gentium, also des Völkerrechts.

Inhaltsverzeichnis

Römische gentes

Ursprünglich waren die römischen gentes in Familien gegliederte Siedlungsverbände, obwohl der Begriff wohl nicht so alt ist, wie die Römer selbst dachten; einige waren verbunden mit einzelnen Kulten oder Zeremonien, alle waren hauptsächlich persönlicher oder familiärer Natur, ohne besondere politische oder öffentliche Pflichten. Des Weiteren hatten die gentes üblicherweise keinen legendären Gründer, der kultisch verehrt worden wäre, und von den Sippen-Versammlungen wird nicht berichtet, dass sie irgendeine Art rechtlich bindender Beschlüsse gefasst hätten.

Dennoch waren die Beziehungen der gentes lange ein wesentlicher Faktor in der römischen Politik, Mitglieder der gleichen gens gehörten zur Familie und waren deshalb häufig (aber nicht immer) politische Verbündete. Ursprünglich waren Ehen zwischen Plebejern und Patriziern nicht erlaubt, und mehrere patrizische Familien brachen als Ergebnis zusammen, bis die Lex Canuleia im Jahr 445 v. Chr. verabschiedet wurde. Nun stiegen auch plebejische gentes in die Führungsschicht auf. Dies führte letztlich zur Entstehung der Nobilität.

Unter den patrizischen gentes gab es zwei Kategorien, die gentes maiores und die gentes minores. Die maiores waren die führenden Familien Roms: die Aemilier, Claudier, Cornelier, Fabier und Valerier, die aus dieser Stellung heraus einige besondere Privilegien religiöser und weltlicher Art für sich reklamierten. Die gentes minores hingegen waren im Laufe der Zeit sozial und politisch abgestiegen. Es gab daneben auch plebejische gentes wie die Sempronier oder die Livier, die ebenfalls höchste Ämter und großes Ansehen erlangten.

Grundsätzlich gehörte jeder römische Bürger zu einer gens, auch wenn er nicht zur Nobilität gehörte. Spätestens seit der Constitutio Antoniniana (212) verlor die gens für die große Mehrheit der Römer aber ihre Bedeutung; in der weströmischen Senatsaristokratie hielt man an diesem Konzept aber noch bis ins 6. Jahrhundert fest.

„Barbarische“ gentes

Besonders in der Völkerwanderungszeit bezeichneten die Römer daneben die Verbände, die sich insbesondere im germanischen Raum bildeten und sich - zumindest teilweise fiktiv - auf eine gemeinsame Abstammung beriefen, als gentes im Sinne von "Volk". Diesen wurden die nunmehr christlichen Römer antithetisch gegenüber gestellt: Die gentes galten als barbarische, meist "irrgläubige" Völker, die jeder spätantike Kaiser als victor omnium gentium ("Sieger über alle Völkerschaften") oder domitor gentium ("Bezähmer der Völker") zu bezwingen hatte. Die Reiche dieser Völker - besonders Franken, Goten, Burgunden, Vandalen und Langobarden - auf zuvor weströmischem Boden bezeichnet die neuere Forschung im Anschluss an den antiken Sprachgebrauch als gentile Reichsbildungen.

Siehe auch

Literatur

  • Patrick J. Geary: "Barbarians and Ethnicity", in: Peter Brown u. a. (Hgg.): Late Antiquity. A Guide to the Postclassical World. Cambridge/MA 1999, S. 107ff. (Einführung zu den gentes der Völkerwanderungszeit und ihrer Ethnogenese.)
  • Bernhard Linke: Von der Verwandtschaft zum Staat. Die Entstehung politischer Organisationsformen in der römischen Frühgeschichte. Stuttgart 1995. (Wichtige, aber umstrittene Studie zu den römischen gentes der Frühzeit.)
  • Christopher J. Smith: The Roman Clan. The Gens from Ancient Ideology to Modern Anthropology. Cambridge 2006. (Standardwerk zu den römischen gentes. Smith argumentiert, die gens sei für die römische Aristokratie faktisch von geringer Relevanz gewesen und das Patriziat überdies nur "a fiction of its own making".)

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