Gerhard Fritsch

Gerhard Fritsch

Gerhard Fritsch (* 28. März 1924 in Wien; † 22. März 1969 ebenda) war ein österreichischer Schriftsteller.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Gerhard Fritsch wurde als Sohn des Mittelschullehrers Otto Fritsch (1886-1965) und dessen Gattin Hermine, geb. Teller (1902-1987) geboren. Beide stammen aus Nordböhmen, aus Karlsbad, bzw. Oberleutensdorf bei Leitmeritz an der Elbe. Seine Urgroßeltern mütterlicherseits hatten in Karlsbad den sog. Freundschaftssaal und eine Likörerzeugung unterhalten, die von Jan Becher übernommen worden ist. Bis Mitte der 20er Jahre betrieben sie ein Feinkostgeschäft in der Hiebernergasse in Prag, heute Hybernska, nahe dem Café Arco.

1942 Matura, anschließend Arbeitsdienst, sodann Funker einer Transportfliegergruppe in Norwegen, Finnland und an der Ostfront. 1945 nördlich und westlich von Prag kurz in Kriegsgefangenschaft. Nach Monaten auf einem Bauernhof im Eichsfeld, kehrte er im Herbst 1945 mit seiner ersten Ehefrau nach Wien zurück und lebte bis zum Beginn seiner Studien 1946 in Gföhl im Waldviertel und im sog. Porzellaneum, einem Studentenheim in Wien Alsergrund.

Nach ersten Schreibversuchen in Vers und Prosa seit Anfang der 40er Jahre, kam er um die Jahreswende 1947/48 in Berührung mit den Gleichaltrigen des Studios der Hochschulen, die sich gleichfalls mit Dichten und Trachten beschäftigten (Michael Kehlmann, Helmut Qualtinger, Franz Hiesel), mehr noch mit den in Wien sich neu formierenden PEN-Club, der eine eigene Jugendabteilung gründete, die in der Zeitschrift PLAN ein kurzes Forum fand. Mit dessen Verstummen gründete der aus Palästina nach Wien zurückgekehrte Dichter Hermann Hakel die Zeitschrift 'Lynkeus', in der Ingeborg Bachmann debütierte und Fritsch Redakteur geworden ist. Fortan veröffentlichte er regelmäßig Gedichte in Zeitschriften und Anthologien (Tagebuch, Das tägliche Bemühen), kurze Prosa in Zeitungen (Der Abend), ehe 1951 seine erste selbständige Buchpublikation 'Zwischen Kirkenes und Bari' erschienen ist, Gedichte und Kurzprosa mit Illustrationen von Fritz Fischer, in der Reihe 'Junge österreichische Autoren' (insgesamt 12 Bände mit Titeln von Ilse Aichinger, Marlen Haushofer, Milo Dor, Reinhard Federmann u.a.). Deren Herausgeber Hans Weigel gab 1952 beginnend das Jahrbuch 'Stimmen der Gegenwart' heraus, in dem diese Generation auch mit Künstlern als Illustratoren vertreten war; 1956 ist der letzte Band erschienen. Seit 1951 war Fritsch als Bibliothekar bei den Städtischen Büchereien der Stadt Wien angestellt und hat bis Ende 1958 an der Bibliothekarsausbildung mitgewirkt. Ebenso war er Redakteur der "Wiener Bücherbriefe". 1954 lernte er Thomas Bernhard kennen, bis zu dessen Durchbruch Mitte der 60er Jahre, bestand eine Verbindung gegenseitiger Anerkennung. Den Briefen Bernhards an Fritsch, die in der Wienbibliothek im Rathaus bewahrt werden, wo sich der gesamte schriftstellerische Nachlass von Fritsch befindet, kann man die Bedeutung entnehmen, die dieser 6 Jahre ältere Mann für ihn gehabt haben muss.

Nach seinem Erstling 1951 erschien 1954 der Gedichtband 'Lehm und Gestalt', 1956 der Roman 'Moos auf den Steinen', 1968 von Georg Lhotsky mit Erika Pluhar verfilmt, 1958 der Gedichtband 'Der Geisterkrug'.

1959 wurde Fritsch freier Schriftsteller und er entfaltete fortan eine rastlose Tätigkeit als Redakteur (Wort in der Zeit, Literatur und Kritik), Außenlektor für Verlage (Otto Müller, Salzburg, Stiasny, Graz, Jugend und Volk, Wien), Volksbildner in Filmen und Vorträgen, Herausgeber und Gründer, meist gemeinsam mit Otto Breicha: Finale und Auftakt (1964), eine Anthologie die sich erstmals den Kunstübungen des Wien um 1900 angenommen hat, später noch umfangreicher und reichhaltiger die Anthologie 'Aufforderung zum Misstrauen' (einen Titel von Aichinger variierend) im neu gegründeten Residenz-Verlag, dem Paul Kruntorad, der Partner Fritsch' bei 'Literatur und Kritik', seit 1965 als Berater gedient hat (die Dichterin Gundl Nagl, verehelichte Hradil, war vor ihrer Tätigkeit im Residenzverlag in der Redaktion von 'Wort in der Zeit' in Wien tätig gewesen. Dieselbe Adresse (Palais Wilczek) beherbergt auch die 1961 gegründete Österreichische Gesellschaft für Literatur, die sich der Einladung osteuropäischer Dichter nach Wien und der Betreuung emigrierter Autoren angenommen hat. Im Zuge dieser Bemühungen kam z.B. Elias Canetti regelmäßig nach Wien.

Der Roman 'Fasching', den Fritsch schließlich 1967 bei Rowohlt veröffentlichen konnte, trägt ein Motto von Elias Canetti, der von dem Tod des erst 45jährigen Dichters erschüttert war, wie seinen Briefen zu entnehmen ist. In jüngerer Zeit, zumal 'Fasching' wie auch die posthum veröffentlichte 'Katzenmusik' (zuerst 1979), als Suhrkamp-Taschenbücher lieferbar sind (ein Umstand, der dem Einsatz von Robert Menasse zu danken ist), klärt sich der Blick auf die besondere Leistung dieses kurzen Schriftstellerlebens.

Auszeichnungen und Ehrungen

  • 1954 Förderungspreis der Stadt Wien
  • 1956 Förderungspreis des Österreichischen Staatspreises für Lyrik
  • 1956 Theodor-Körner-Preis
  • 1957 Förderungspreis des Österreichischen Staatspreises für Roman
  • 1959 Theodor-Körner-Preis
  • 1975 Benennung der Gerhard-Fritsch-Gasse in Wien-Hernals

Werke

  • Zwischen Kirkenes und Bari, Wien 1952
  • Lehm und Gestalt, Wien u. a. 1954
  • Dieses Dunkel heißt Nacht, Wien 1955
  • Moos auf Steinen, Salzburg 1956
  • Der Geisterkrug, Salzburg 1958
  • Geographie der Nacht, Graz u. a. 1962
  • Paschas und Pest, Graz u. a. 1962
  • Feldherr wider Willen, Wien u. a. 1966
  • Fasching, Reinbek bei Hamburg 1967
  • Das Buch vom Burgenland, Wien 1968 (zusammen mit Johannes Zachs und Harald Prickler)
  • Katzenmusik, Salzburg 1974
  • Gesammelte Gedichte, Salzburg 1978
  • Nachtfahrt, Baden 1983

Herausgeberschaft

  • Franz Hiesel: Ich kenne den Geruch der wilden Kamille, Graz u. a. 1961
  • Wieland Schmied: Links und rechts die Nacht, Graz u. a. 1962
  • Frage und Formel, Salzburg 1963 (zusammen mit Wolfgang Kraus)
  • Finale und Auftakt, Salzburg 1964 (zusammen mit Otto Breicha)
  • Miroslva Krleza: Europäisches Alphabet, Graz u. a. 1964
  • Milo Dor: Ballade vom menschlichen Körper, Graz u. a. 1966
  • Aufforderung zum Mißtrauen, Salzburg 1967 (zusammen mit Otto Breicha)
  • Neue ungarische Lyrik, Salzburg 1971

Übersetzungen

Literatur

  • Stefan Alker: Das Andere nicht zu kurz kommen lassen. Werk und Wirken von Gerhard Fritsch, hrsg. von Wendelin Schmidt-Dengler. Braumüller, Wien 2007 ISBN 978-3-7003-1622-0
  • Gerhard Fritsch. Schriftsteller in Österreich, hrsg. v. Stefan Alker. Sonderzahl, Wien 2005 ISBN 3-85449-245-6
  • Karl Schimpl: Weiterführung und Problematisierung. Untersuchungen zur künstlerischen Entwicklung von Gerhard Fritsch. Heinz, Stuttgart 1982 (= Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik; 118) ISBN 3-88099-122-7

Weblinks


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