Geschichte Sewastopols

Geschichte Sewastopols

Sewastopol (russisch und ukrainisch Севастополь) ist die größte Stadt der autonomen Halbinsel Krim, Ukraine.

Inhaltsverzeichnis

Urgeschichte

Schon vor 300.000 Jahren sollen frühe Vertreter der menschlichen Rasse in Höhlen und den Grotten bei Chersonesos gesiedelt haben.

Antike

Ruinen von Chersonesos in Sewastopol

Im Jahre 422 vor Christus entstanden die ersten griechischen Kolonien auf der Krim. Kolonisten aus Herakleia Pontike besiedelten Kalamita (heute Sewastopol) und Chersones. Sie vertrieben die als räuberisch geltenden Taurer und errichteten griechische Festungen mit dazu gehörenden Häfen. Sie bauten nachweislich auf der Krim auch erstmals Wein an, sowie Getreide und Obst – und sie führten die Demokratie ein. Heute noch befinden sich am Rande der Stadt die Ruinen der griechischen Stadt Chersones.

Mittelalter

Gegründet wurde die Stadt im Jahre 1783, als Russland die Krim besetzte. Früher war sie unter dem Namen Sebastopol bekannt, im Türkischen heißt sie Akyar.

Neuzeit

Auf Grund seiner militärischen Bedeutung war die blühende Handelsstadt Sewastopol im Krimkrieg schwer umkämpft. Vom 5. Oktober 1854 bis zum 8. September 1855 beschossen und bombardierten die vereinigten Armeen der Franzosen, Engländer, Türken und Sardinier die von den Russen gehaltene Hafenstadt. Nach elfmonatlicher Belagerung war die ganze Stadt ein Trümmerhaufen. Nach dem Pariser Frieden wurde sie allmählich wieder aufgebaut, jedoch gelangte der Ort nicht zum früheren Wohlstand.

Weltkriege

Zerstörter Hafen von Sewastopol, 1942

Im Zweiten Weltkrieg wurde Sewastopol von deutschen Truppen belagert. Mehr als 100.000 Soldaten und Zivilisten hatten sich in einem in den Fels getriebenen Labyrinth unter der Stadt versteckt. Als in der ersten Juniwoche 1942 die deutschen Einheiten oberirdische Zugänge zum unterirdischen Höhlensystem fanden, gossen sie Benzin in das Höhlensystem und entzündeten es. Dabei verbrannten und erstickten Tausende der Eingeschlossenen. Nach der Schlacht waren nur noch neun Gebäude der Stadt unbeschädigt. Aufgrund des beharrlichen Widerstandes gegen die deutschen und rumänischen Belagerer und der hohen Zahl der Todesopfer wurde Sewastopol 1945 zur Heldenstadt erklärt.

In der Stadt bestand das Kriegsgefangenenlager 241 für deutsche Kriegsgefangene des Zweiten Weltkriegs.[1] Schwer Erkrankte wurden im Kriegsgefangenenhospital 3318 versorgt.

Nachkriegszeit und Sowjetunion

Dass Sewastopol heute zur Ukraine gehört, ist das Resultat eines historischen Zufalls. 1954 verschenkte der damalige Generalsekretär der kommunistischen Partei, Nikita Chruschtschow, die Halbinsel Krim aus den Händen der russischen an die ukrainische Sowjetrepublik. Ebenfalls verschenkt wurde dabei die Hafenstadt Sewastopol, Schauplatz unzähliger russischer Legenden vom Krimkrieg bis zur Belagerung durch die deutsche Wehrmacht, Sitz der vielbesungenen Schwarzmeerflotte. Solange die Sowjetunion existierte, war dies aber nur eine politische Geste ohne Folgen.

Post-sowjetische Zeit

Als die Sowjetunion 1991 auseinander brach, wurde die Krim mit Sewastopol der Ukraine zugeteilt und damit zum Streitobjekt. Die Russische Föderation wollte den Heimathafen der traditionsreichen sowjetischen Schwarzmeerflotte „behalten“; die Bewohner und die Politiker von Sewastopol ihrerseits wollten weiterhin zu Russland gehören.

Erst der Flottenvertrag von 1997, welcher der russischen Marine bis 2017 zu bleiben erlaubt, entspannte die Situation wenigstens vordergründig. Heute liegen die Schiffe der russischen Schwarzmeerflotte neben jenen der ukrainischen Flotte. Sie lassen sich einfach voneinander unterscheiden: Bei den ukrainischen Schiffen beginnt die Schiffsnummer mit einem großen lateinischen "U", zudem tragen sie die blau-gelbe Flagge der Ukraine und sind in der Regel in einem deutlich schlechteren Zustand als die russischen Schiffe.

Besonders gut können die ehemaligen Militäranlagen im Süden von Sewastopol in Balaklawa besichtigt werden. Dort befindet sich eine in den Berg getriebene unterirdische U-Boot-Werft.

Als Heimathafen der sowjetischen Schwarzmeerflotte war Sewastopol bis 1991 eine geschlossene Stadt, in die auch die Krimbewohner nur mit einem Passierschein einreisen konnten. Noch heute markiert das kleine weiße Gebäude der Polizeistation an der Stadtgrenze die ehemals "verbotene Stadt".

Nach einem Ukas des ersten und letzten Krimpräsidenten, dem Russen Jurij Meschkov, öffnete sich die Stadt 1994 zuerst für die Krimbewohner, später auch für alle Ukrainer und auch Touristen. Heute ist Sewastopol im doppelten Sinne des Wortes für jedermann offen.

Sewastopol untersteht direkt der ukrainischen Zentralregierung in Kiew und nicht der Regierung der autonomen Halbinsel Krim. In der Ukraine hat nur noch die Hauptstadt Kiew diesen Sonderstatus. Seit Jahren wird zudem darüber diskutiert, ob und wie Sewastopol zu einer Freihandelszone erklärt werden kann.

Die wichtigsten Daten im Überblick

Jahr Ereignis
300000 v. Chr. Erste Besiedlung durch frühe Vertreter der menschlichen Rasse
422 v. Chr. Griechische Kolonisten aus Herakleia Pontike besiedeln Kalamita und Chersones (Stadt)
1783 Stadtgründung unter russischer Besetzung
1854 bis 1855 Krimkrieg
1942 Zerstörung von Sewastopol durch die deutsche Wehrmacht
1945 Sewastopol wird zur "Heldenstadt" erklärt
1954 Nikita Chruschtschow verschenkt die Krim mit Sewastopol an die ukrainische Sowjetrepublik
1991 Zusammenbruch der Sowjetunion
1994 Öffnung der "verbotenen Stadt" Sewastopol für Krimbewohner
1996 Öffnung der "verbotenen Stadt" Sewastopol für alle Ukrainer und Ausländer
1997 Flottenvertrag zwischen der Ukraine und der Russischen Föderation über den Verbleib der russischen Schwarzmeerflotte in Sewastopol
2017 Flottenvertrag zwischen der Ukraine und der Russischen Föderation über den Verbleib der russischen Schwarzmeerflotte in Sewastopol läuft ab

Einzelnachweise

  1. Maschke, Erich (Hrsg.): Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des zweiten Weltkrieges. Verlag Ernst und Werner Gieseking, Bielefeld 1962-1977.

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