Ghettorentengesetz

Ghettorentengesetz
Basisdaten
Titel: Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto
Kurztitel: Ghettorentengesetz nichtamtl.
Abkürzung: ZRBG nichtamtl.
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Sozialrecht
Fundstellennachweis: 826-31
Datum des Gesetzes: 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 2074)
Inkrafttreten am: 1. Juli 1997
GESTA: G091
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Das Ghettorentengesetz ist ein deutsches Gesetz zur Anerkennung von freiwilliger Arbeit während des Aufenthaltes in einem Ghetto während der Zeit des Nationalsozialismus.

Das Gesetz wurde im Jahr 2002 vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Er folgte damit einem Grundsatzurteil des Bundessozialgerichts[1] zum Ghetto Łódź, in dem festgestellt wurde, das solche Tätigkeiten „Merkmale eines ordentlichen Arbeitsverhältnisses aufweisen“. Daraus ergeben sich Rentenansprüche für Betroffene als auch Hinterbliebene von jüdischen Ghettobewohnern in den ehemals von Deutschland besetzten Gebieten.

Anspruchsberechtigt ist, wer im oder außerhalb des Ghettos gearbeitet hat. Die Antragsfrist für einen fixen Rentenbeginn 1. Juli 1997 endete im Juni 2003. Es können jedoch weiterhin Anträge gestellt werden, die Rente beginnt dann jedoch spätestens mit Beginn des Antragsmonats. Die entsprechende Zeit darf nicht bereits durch einen Rentenleistungsträger des Wohnsitzstaates abgegolten sein.Gehaltsempfänger betreut die Deutsche Rentenversicherung Bund, Lohnempfänger die verschiedenen Regionalträger der Deutschen Rentenversicherungen je nach Wohnsitz.

Die Ghettorente stellt eine Wiedergutmachungs- oder Entschädigungsleistung dar; die Antragstellung ist für die in aller Regel hoch betagten, im Ausland lebenden Betroffenen aufwendig.[2] Die Ablehnungsquote war mit 90 Prozent anfangs sehr hoch[3] und Bewohner Osteuropas sind zumeist ausgeschlossen, da Sozialversicherungsverträge mit den jeweiligen Regierungen Direktzahlungen aus Deutschland ausschließen.

Das Bundessozialgericht hat im Juni 2009 die Auslegung des Gesetzes in einigen Punkten entscheidend verändert.[4] Der Wandel geht auf die veränderte Spruchpraxis des Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (Essen), 12. Senat, zurück. [5] Nach neuerer Rechtsprechung ist die bisher restriktive Handhabe, wonach "Rente nur für freiwillige Arbeit gezahlt wird, die Ghettoarbeit sei aber Zwangsarbeit und die ist bereits von der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" entschädigt" nicht mehr zulässig. Unter internationaler Zuhilfenahme von Historikern gelang es schließlich zu beweisen, dass die Menschen im Ghetto - im Unterschied zum KZ - sich um eine Arbeit selbst bemühen mussten. Ihre Arbeit gilt damit juristisch als "freiwillig". Alle Rentenanträge werden nun neu entschieden. Das Bundessozialgericht hat im Juni 2009 die neue Auslegung des Gesetzes bestätigt.

Der Richter, der ab 2006 die restriktive Handhabe beendete (etwa 60 Prozent[6] der Anträge wurden danach anerkannt), wurde im Frühjahr 2010 versetzt. Im November 2011 wurde bekannt, dass der damalige zuständige Richter Vorwürfe gegen seine Behörde (Landessozialgericht NRW, Essen) erhob. Es soll zu Absprachen „zwischen der Gerichtsverwaltung, der Versicherungsaufsicht und der beklagten Rentenbehörde“ gekommen sein. Das Landessozialgericht solle wieder nur nach Aktenlage entscheiden, während er und ein weiterer Richter seinerzeit mehrmals mit den hochbetagten Antragstellern in Israel und in ihrer eigenen Sprache persönlich sprachen, und die Rentenbehörde verschicke unverständliche Formulare und so komme es wieder zu mehreren tausend abschlägigen Anträgen auf Grund von „fehlender Mitwirkung“ durch die Antragsteller. Ebenfalls wurde auf Wunsch der Rentenbehörde richterliche Kosten-Beschlüsse zu Lasten der Rentenbehörde und zu Gunsten des Landes NRW in Höhe von etwa einer halbe Million Euro aufgehoben.[7][8]

Literatur

  • Jürgen Zarusky (Hrsg.): Ghettorenten. Entschädigungspolitik, Rechtsprechung und historische Forschung. München 2010. ISBN 978-3-486-58941-2.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bundessozialgericht, Urteil von 18. Juni 1997, 5 RJ 66/95, NJW 1998, S. 2309.
  2. "Es fehlt noch eine Lebensbescheinigung" Ehemalige Ghetto-Arbeiter warten in Israel auf Rente aus Deutschland http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hintergrundpolitik/1426843/
  3. Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte: Überleben.... Nr. 9, September 2005
  4. Bundessozialgericht erleichtert Zugang zu "Ghetto-Renten" http://www.kostenlose-urteile.de/BSG_B-13-R-8108-RB-13-R-8508-RB-13-R-13908-R_Bundessozialgericht-erleichtert-Zugang-zu-Ghetto-Renten.news7940.htm
  5. Der bittere Geschmack des Sieges. Ein Richter und sein Kampf für Ghetto-Überlebende http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/ausderjuedischenwelt/1369503/
  6. wa.de: Bitterer Sieg für Richter von Renesse, 31, Januar 2011
  7. dradio: Der bittere Geschmack des Sieges. Ein Richter und sein Kampf für Ghetto-Überlebende ()
  8. soester-anzeiger.de: Holocaust-Überlebende Opfer von Kungeleien?
Rechtshinweis Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!

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