Goldschmidtvilla (Radebeul)

Goldschmidtvilla (Radebeul)
Goldschmidtvilla, Blick von Osten

Die Goldschmidtvilla, auch Villa Mon Repos beziehungsweise Haus der Kunst, war eine herrschaftliche Villa Auf den Bergen 9 im Stadtteil Niederlößnitz der sächsischen Stadt Radebeul. Das unter Denkmalschutz[1] stehende Anwesen leitet seinen Namen von dem Besitzer Dr. Joseph Goldschmidt her, einem Berliner Bankier jüdischen Glaubens. Zu dem Besitz gehörte auch das nebenstehende Bauernhaus Auf den Bergen 11 sowie das Haus des Gärtners (Dr.-Rudolf-Friedrichs-Straße 25).

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Goldschmidtvilla, Blick von Westen

Das Hauptgebäude, die ehemalige herrschaftliche Villa, stellt sich heute als schmuckloses, dreigeschossiges Gebäude mit einem flachen Walmdach dar, geprägt durch starke, spätere Umbauten.

Der Putz wird durch Lisenen gegliedert. Der Zugang erfolgt über eine kleine Freitreppe durch zwei nebeneinander liegende Türen mit Verdachung. Auf der Rückseite steht ein polygonal hervortretender Standerker. Lediglich das säulengestützte Treppenhaus im Inneren ist noch weitgehend im Ursprungszustand erhalten.

Das weitläufige Parkgrundstück wird von einer Bruchsteinmauer eingefriedet.

Geschichte

Mitte des 19. Jahrhunderts gehörte das ausgedehnte Weinbergsgrundstück mit einigen älteren Gebäuden, ebenso wie das nahegelegene Paradies, den Grafen von Hohenthal-Dölkau.

Seit Ende des 19. Jahrhunderts als Sommersitz im Besitz der Familie des Berliner Bankiers Joseph Goldschmidt, beantragte dieser 1892 über den Architekten und Baumeister Adolf Naumann den Bau eines Gewächshauses. 1893 folgte der Bau des Gärtnerhauses. 1894 entstand dort durch den Bauunternehmer Carl Georg Semper anstelle eines Winzerhauses eine repräsentative Villa im Schweizerstil nach dem Entwurf von Adolf Neumann sowie ein parkartiger Garten.

Mit der Region ihres Sommersitzes verbunden, stiftete die Familie 1908 eines der vier Buntglasfenster für das Treppenhaus in der Niederlößnitzer Volksschule. 1936 wurde bei diesem Fenster der Stiftername entfernt.

Der in Berlin lebende Curt Goldschmidt (geboren 1878 in Berlin, Sohn von Joseph Goldschmidt und Mitinhaber des Bankhauses Joseph Goldschmidt und Co.) erbte das Haus. Auch die Familie Goldschmidt wurde nach der Machtergreifung von den Nationalsozialisten verfolgt. Goldschmidt schaffte es, mit seiner Familie Mitte der 1930er Jahre nach Frankreich zu emigrieren. Die Villa kam 1938 im Rahmen einer Arisierungsmaßnahme[2] an die Charlottenburger Wasser- und Industriewerke, genannt Charlotte-Wasser. Das Bankhaus Goldschmidt & Co war bis 1931 größter Einzelaktionär der Charlottenburger Wasser- und Industriewerke gewesen und Curt Goldschmidt jahrelang Aufsichtsratsvorsitzender dieses bis dahin privaten Berliner Wasserversorgungsbetriebs.[3] Das Bankhaus war 1931 zahlungsunfähig geworden, und Charlotte-Wasser hatte dessen Aktien aufgekauft. Charlotte-Wasser verkaufte das Anwesen 1939 an die Langemarckstiftung des Reichsstudentenwerks. Dieses beantragte im Dezember 1939 den Bau eines separat stehenden Schlafhauses, das durch den Dresdner Architekten Wilhelm Jost gebaut wurde. Später erfolgte eine Nutzung durch den Reichsluftschutzbund.

Das Anwesen fiel mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs an das Grundstücksamt der Stadt Radebeul. Bereits im Juli 1945 fand in dem in Haus der Kunst umbenannten Gebäude eine Ausstellung mit Grafiken, Gemälden und Plastiken von 22 Künstlern aus der Lößnitz statt. Der Leiter der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und Kunsthistoriker Wolfgang Balzer nutzte die Villa ab 1946 als Interimsquartier der Kunstsammlungen Dresden und veranstaltete dort in den Folgejahren eine Reihe hochkarätiger Ausstellungen aus dem Bestand der Gemäldegalerie Alte Meister sowie zum Dresdner Impressionismus. Im Park wie im Haus fanden Theateraufführungen, Konzerte und Vortragsabende statt, im Haus standen Arbeits- und Probenräume zur Verfügung.

Ende 1946 mietete der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) einen Teil der Räume an, 1950 übernahm er das gesamte Anwesen und machte es zum „Eigentum des Volkes“. Die dort eingerichtete Gewerkschaftsschule erhielt 1951 den Namen „M. Andersen Nexö“. 1955 erfolgte ein Umbau und die Erweiterung des Hauptgebäudes durch die Bauverwaltung des FDGB. 1990 erfolgte die Übernahme des Anwesens durch den Deutschen Gewerkschaftsbund als Bildungszentrum.

Inzwischen wieder in Privatbesitz, wurden die Gebäude bis 2005 zu Wohnungen umgebaut.

Literatur

  • Frank Andert (Redaktion); Große Kreisstadt Radebeul. Stadtarchiv Radebeul (Hrsg.): Stadtlexikon Radebeul. Historisches Handbuch für die Lößnitz. 2. Auflage. Stadtarchiv, Radebeul 2006, ISBN 3-938460-05-9. 
  • Volker Helas (Bearb.); Landesamt für Denkmalpflege Sachsen und Stadt Radebeul (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen: Stadt Radebeul. SAX-Verlag, Beucha 2007, ISBN 978-3-86729-004-3. 
  • Ingrid Lewek; Wolfgang Tarnowski: Juden in Radebeul 1933–1945. Erweiterte und überarbeitete Ausgabe. Große Kreisstadt Radebeul/ Stadtarchiv, Radebeul 2008. ISBN 978-3-938460-09-2

Einzelnachweise

  1. Denkmalliste Radebeul
  2. Ingrid Lewek; Wolfgang Tarnowski: Juden in Radebeul 1933–1945. Erweiterte und überarbeitete Ausgabe. Große Kreisstadt Radebeul/ Stadtarchiv, Radebeul 2008. ISBN 978-3-938460-09-2, Seite 33
  3. Dieter Ziegler, Die Dresdner Bank und die deutschen Juden: Unter Mitarb. von Maren Janetzko ... München 2006, Die Dresdner Bank im Dritten Reich ; Bd. 2 ISBN: 978-3-486-57781-5, S. 222f.
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