Martin Andersen Nexø

Martin Andersen Nexø
Martin Andersen Nexø in den 1950er Jahren
Martin Andersen Nexø

Martin Andersen Nexø, auch Andersen Nexö; eigentlich Martin Andersen (* 26. Juni 1869 in Christianshavn, Kopenhagen; † 1. Juni 1954 in Dresden) war ein dänischer Schriftsteller.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Andersen stammte aus ärmlichen Verhältnissen, wurde in einem der ärmsten Stadtteile Kopenhagens geboren und fühlte sich zeitlebens der besitzlosen Klasse verbunden. Er war der erste große Vertreter der ab Beginn des 20. Jahrhunderts an Bedeutung gewinnenden Arbeiterliteratur in Dänemark. Seine Familie zog 1877 nach Neksø auf der Insel Bornholm. Dort begann er 1884 eine Lehre als Schuhmacher.

Andersen bildete sich ab 1889 an einer Volkshochschule weiter und begann um diese Zeit, erste Zeitungsartikel zu verfassen. Ende 1893 erkrankte er an Tuberkulose. Zur Heilung reiste er nach Italien und Spanien. Diese und weitere Reisen flossen später in sein Buch Sonnentage ein. Wegen eines politisch begründeten Einreiseverbotes nach Italien machte Nexö am Bodensee Station und traf dort Fritz Mauthner.

Nach einem Studium an der Askov Volkshochschule absolvierte Andersen-Nexö 1897 das Lehrerexamen und fand eine Anstellung in Odense. 1898, im Jahr seiner Heirat mit Margrethe Thomsen, entstand sein erster Zyklus von Erzählungen.

Sein vermutlich bekanntestes und meistübersetztes Werk ist Pelle der Eroberer (1910), in dem Andersen auch seine eigene Kindheit aufarbeitet und einfühlsam das harte Leben der Bauern, Fischer und Arbeiter seiner Zeit auf der Insel Bornholm beschreibt. Dieser Teil des Romans wurde 1987 vom dänischen Regisseur Bille August verfilmt und 1988 mit der Goldenen Palme von Cannes und einem Oscar als Bester fremdsprachiger Film ausgezeichnet. Der mehrbändige Roman umfasst aber auch das Leben des erwachsenen Pelle, der zum Führer der Sozialdemokraten wird.

1919 war Andersen Nexø gemeinsam mit Marie Nielsen aus der Socialistisk Arbejderparti zur Venstresocialistisk Parti übergetreten, die sich 1920 der Danmarks Kommunistiske Parti (DKP) anschloss. Mitte der 1920er Jahre heiratete er zum dritten Mal; Johanna geb. May (1902–1977) gebar ihm drei seiner insgesamt zehn Kinder und wurde auch bis an sein Lebensende seine berufliche Mitarbeiterin.[1]

Als Mitglied der DKP wurde Andersen 1941 während der Besetzung Dänemarks durch Deutschland verhaftet. 1943 floh er aus dem Gefängnis über Schweden in die Sowjetunion.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte Andersen zunächst nach Dänemark zurück. Nach mehreren Reisen in die DDR siedelte er 1951 auf Einladung des seinerzeitigen Ministerpräsidenten Max Seydewitz nach Radebeul über und ließ sich 1952 schließlich in Dresden-Weißer Hirsch nieder. Dort starb er am 1. Juni 1954 im Alter von 84 Jahren. Er wurde auf dem Assistens Friedhof in Kopenhagen beigesetzt.

Ehrungen

Im Jahr 1949 erhielt Andersen Nexø die Ehrendoktorwürde der Universität Greifswald und 1953 wurde er zum Ehrenbürger der Stadt Dresden ernannt.

In Dresden wurden nach seinem Tode das Martin-Andersen-Nexö-Gymnasium, das Jugendheim „Martin Andersen Nexö“ und der Martin-Andersen-Nexö-Kunstpreis nach ihm benannt. Er ist ebenfalls Ehrenbürger der Universitäts- und Hansestadt Greifswald, in der eine Schule und ein Platz seinen Namen tragen. Greifswald ehrte den Dichter darüber hinaus mit einem unter einer riesigen Pappel platzierten Findling, auf dem eine Metallplakette mit seinem Profil angebracht ist. In Rüdersdorf bei Berlin trägt das monumentale, denkmalgeschützte Kulturhaus den Namen des Schriftstellers. Auch in Zschopau, Marienberg, Zwickau und Briesen (Mark) wurden Schulen nach ihm benannt. In Ilsenburg trug ein Kurheim (heute leerstehend) am Eingang zum Ilsetal seinen Namen, außerdem wurde schon 1950 der Jugendwerkhof Bräunsdorf bei Freiberg nach ihm benannt.

Werke

In dänischer Originalsprache

  • Det bødes der for, 1899 (dt.: Sühne, 1902)
  • En Moder, 1900 (dt.: Eine Mutter, 1923)
  • Familien Frank, 1901 (dt.: Die Familie Frank, 1920)
  • Dryss, 1902 (dt.: Überfluss, 1914)
  • Pelle erobreren, 1906–10 (dt.: Pelle der Eroberer, ab 1912)
  • Ditte menneskebarn, 1917–21 (dt.: Ditte Menschenkind, ab 1920)
  • Midt i en Jærntid, 1929 (dt.: Im Gottesland, 1929)
  • Morten hin Røde, 1945 (dt.: Morten der Rote, 1949)
  • Den fortabte Generation, 1948 (dt.: Die verlorene Generation, 1950)
  • Jeanette, 1957 (dt.: Jeanette, 1958; unvollendet)

In deutscher Übersetzung

  • Überfluß. Übers. Hermann Kiy, Langen-Müller, München 1914
  • Ditte Menschenkind. Übers. Hermann Kiy, Dietz Verlag Berlin, 1948. Aufbau-Taschenbuch-Verlag, Berlin 2001. ISBN 3-7466-5123-9
  • Pelle der Eroberer.
  • Morten der Rote. Erinnerungsroman. Dietz, Berlin 4. Aufl. 1959
  • Die Familie Frank. 1920
  • Sühne. Der Bücherkreis, Berlin 1925
  • Überfluss. Rowohlt, Reinbek ISBN 3-499-40025-1
  • Sonnentage. Reisebilder aus Andalusien. (Reiseberichte aus Italien u. Spanien; Aufbau-Ausgabe, Berlin 2000 mit UT ...aus dem Süden.) Georg Merseburger, Leipzig 1909, häufige Neuaufl.
    • Auszug: Die Zigeuner. Übers. Emilie Stein. In Adalbert Keil Hg.: Das Volk der Nacht. Zigeunergeschichten. Reihe: Goldmanns Gelbe TB #1614. München 1964. (Anthologie) S. 12 - 24
  • Bornholmer Novellen. Aufbau-Verlag Berlin u.Weimar 3. Aufl. 1991. ISBN 3-351-00560-1

Verfilmungen

  • 1946: Ditte - ein Menschenkind (Ditte menneskebarn) – Regie: Bjarne Henning-Jensen
  • 1958: Der Lotterieschwede – Regie: Joachim Kunert
  • 1985: Pelle der Eroberer (TV) – Regie: Christian Steinke
  • 1987: Pelle, der Eroberer (Pelle erobreren) – Regie: Bille August

Literatur

  • K. K. Nicolaisen: Martin Andersen Nexö, Eine literarische Skizze. Oskar Wöhrle Verlag, Konstanz 1923
  • Svend Erichsen: Martin Andersen Nexø. H. Hirschsprungs Forlag, Kopenhagen 1938
  • Walter Berendsohn: Martin Andersen Nexös Weg in die Weltliteratur. Dietz Verlag, Berlin 1949
  • Max Zimmering: Martin Andersen Nexö. Verlag Neues Leben, Berlin 1952
  • Martin Andersen Nexö, Hilfsmaterial für Fach- und Oberschulen. Volk und Wissen, Berlin 1954
  • Børge Houmann: Martin Andersen Nexø, bibliografi – med indledning og biografiske noter pa dansk og tysk. Forlaget Sirius, Arhus 1961
  • Franz Hammer: Martin Andersen Nexö. Sein Leben in Bildern. Verlag Enzyklopädie Leipzig
  • Max Zimmering: Martin Andersen Nexö, Ein Lebensbild. Dietz Verlag, Berlin 1963
  • Jacqueline Le Bras-Barret: Martin Andersen Nexø, écrivain du prolétariat. Lettres Modernes Minard, Paris 1969
  • Walter Berendsohn: Martin Andersen Nexö als Dichter und Mensch. 1966
  • Martin Andersen Nexö, Leben und Werk. Martin-Andersen-Nexö-Gedenkstätte, Dresden o.J.
  • Martin Andersen Nexö, Zum 110. Geburtstag und 25. Todestag. Stadt- und Bezirksbibliothek, Dresden 1979
  • Børge Houmann: Martin Andersen Nexø og hans samtid 1869–1919, ~ 1919–1933, ~ 1933–1945 (Martin Andersen Nexö und seine Zeit, umfassende Biographie mit 1500 Seiten) Gyldendal, Kopenhagen 1981
  • Faith und Niels Ingwersen: Quest for a Promised Land: The Works of Martin Andersen Nexø. Greenwood Press, Westport/London 1984
  • Henrik Yde: Das Grundtvigsche Element im Leben Martin Andersen Nexös. (Dissertation) Windrose, Kopenhagen 1991
  • Aldo Keel: Der trotzige Däne Martin Andersen Nexø. Eine Biographie. Aufbau Verlag, Berlin 2004
  • Josef Rattner, Gerhard Danzer: Martin Andersen Nexö oder Christus kam nicht zu den Arbeitern und Kleinbauern. In: Josef Rattner, Gerhard Danzer: Dänemark und Norwegen in Europa: geistesgeschichtliche und literarische Essays. Königshausen & Neumann, 2004, S. 297–318.

Weblinks

 Commons: Martin Andersen Nexø – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Kathrin Wallrabe (Hrsg.): Johanna Andersen Nexö, geb. May. Ehefrau und Mitarbeiterin von Martin Andersen Nexö. In: Frauenzimmer - Frauen im Zimmer? Textsammlung. Stadt Radebeul, Radebeul 2005, S. 24.

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