Gotländische Bildsteine

Gotländische Bildsteine
Freilichtmuseum von Bunge Stein Hammars I. (8. Jahrhundert), 300 cm hoch
Bildstein von Ardre VIII

Gotländische Bildsteine sind eine Form der wikingerzeitlichen Bildkunst auf der schwedischen Ostseeinsel Gotland, die vereinzelt auch an den benachbarten Küsten und auf Öland vorkommt. Bildsteine werden auf schwedisch Bildsten (oder Billedsten) genannt. Die Schauseite der aufrecht stehenden, großen Steine ist mit Figuren und Ornamenten geschmückt. Insgesamt wurden 442 Steine entdeckt, die sich teils noch an ihren ursprünglichen Standorten fanden und teils als Baumaterial für oder in mittelalterlichen Kirchen verwendet wurden.

Inhaltsverzeichnis

Datierung

Die Datierung der ältesten Bildsteine ins 5. Jahrhundert wurde 1979 durch die Archäologin Karin Äijä gesichert, die auf dem Friedhof von Uddvide (Barshaldershed) im Kirchspiel Grötlingbo ein Grab entdeckte, in dessen Begrenzung ein bei der Bearbeitung zerbrochener Stein eingebaut war. Dieser muss mindestens so alt wie die Grabanlage und die enthaltenen Gegenstände sein. Das Grab enthielt Fibeln aus dem 5. Jahrhundert.

Typen

Die Typen
  • Typ 1, 400–600 n. Chr.: hoch mit leicht konvexer Oberkante und schwach nach innen gebogenen Seiten, oben (axtförmig) verbreitert, ornamental verziert. Motive sind häufig ein von Tieren umgebenes Wirbelrad oder Mehrfach-Spiralen.
  • Typ 2, 500–700 n. Chr.: niedrig und axtförmig mit ersten Bildszenen. Die so genannten Zwergsteine zeigen neben Tiermotiven (Bildstein von Priediens) auch Segelschiffe.
  • Typ 3, 700–1100 n. Chr.: hoch und reich verziert im Runensteinstil. Charakterisiert durch einen rundlichen Kopf und einen trapezförmigen Rumpf. Die einzelnen Motive sind als Reliefs ausgeführt. Segelschiffe und Männer auf Pferden, die von Frauen mit Trinkhörnen empfangen werden. Andere Motive sind der Götter- oder Heldenüberlieferung zuzurechnen.

Genese

Schiffsdarstellung, entstanden zwischen 800 und 1000, auf dem Teppich von Överhogdal

Der Ausgangspunkt der Bildsteine ist nicht zu klären. Die einheimische Grabsteintradition und Impulse aus Kontinentaleuropa könnten eine Rolle gespielt haben, allerdings spricht auch nichts gegen eine völlig eigenständige Entwicklung, die auf Gotland bereits bei den Schiffssetzungen erfolgt ist. Unter den römischen Grabsteinen finden sich Parallelen in Spanien. Solche zeigen auch einzelne Bildritzungen im Mälargebiet, vor allem der Stein von Häggeby, in Uppland, mit der Darstellung eines Ruderschiffes und einer Hengsthatz. In Mitteleuropa gibt es eine einzige Parallele zur figuralen Darstellung der Bildsteine. Der Reiterstein von Hornhausen in Thüringen, der durch sein Tierornament dem frühen 7. Jahrhundert zugewiesen werden kann, ist mit einer vermutlich gleichzeitigen uppländischen Darstellung zu vergleichen. Beide erinnern an entsprechende Motive auf Gotland. Selbst zeitnahe piktische Bildsteine aus Schottland weisen Reiterbilder auf, die entfernt an gotländische Darstellungen erinnern. Spätgotländische Bildsteine haben Ähnlichkeit mit den figurenreichen festländischen Runenritzungen und die jüngsten Exemplare sind selbst Runendenkmäler in Form von Bildsteinen. Dass die Kunst auf Gotlands Bildsteinen nicht einzig dastand, sondern auch auf Textil blühte, zeigen die Wandteppiche von Överhogdal, in Härjedalen (Schweden) mit zahlreichen figürlichen Darstellungen und in gewisser Weise auch der von Oseberg, (Norwegen).

Andere Steine mit Bildmotiven in Europa

In Europa gibt es noch eine weitere Gruppe von Bildsteinen, deren Bildanteil primär Symbole zeigt, sich mitunter aber auch aus dem Bereich des Symbolhaften heraushebt, wie sie etwa schottische Kreuz- oder irische Pillarsteine zeigen. Ferner sind es die Piktensteine in Schottland.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

 Commons: Bildsteine auf der Insel Gotland – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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