Gottfried Achenwall

Gottfried Achenwall

Gottfried Achenwall (* 20. Oktober 1719 in Elbing; † 1. Mai 1772 in Göttingen) war ein deutscher Historiker und Jurist in der Zeit der Aufklärung. Er gilt als Vertreter naturrechtlicher Vorstellungen und als deutscher Begründer der "Statistik", welche er zu einer eigenen Wissenschaft erhob.

Inhaltsverzeichnis

Sein Leben

Gottfried Achenwall wurde in Elbing, Westpreußen[1], (heute Elbląg, Polen), als Sohn eines Kaufmannes geboren. Er studierte seit 1738 in Jena, dann Halle (wo er Johann Stephan Pütter kennenlernte), dann wieder in Jena und schließlich in Leipzig und absolvierte sein staatswissenschaftliches Studium. 1743 bis 1746 arbeitete er in Dresden als Hofmeister, bis er 1746 die Magisterwürde der philosophischen Fakultät zu Leipzig erhielt. Dann las Achenwall in Marburg als Privatdozent Geschichte, Statistik, Naturrecht und Völkerrecht, bis er 1748 nach Göttingen zog, wo er dank Pütters Hilfe zunächst als besoldeter Dozent und dann als außerordentlicher Professor der philosophischen Fakultät arbeitete. Ab 1751 war er außerordentliches Mitglied der „Societät der Wissenschaften“, bis er 1762 zurücktrat. In 1753 wurde er außerordentlicher Professor der juristischen und ordentlicher Professor der philosophischen Fakultät.

1761 wurde Achenwall ordentlicher Professor des Naturrechts und der Politik und 1762 Doktor beider Rechte (Schröder, S. 348). Während seiner akademischen Laufbahn lehrte er Naturrecht, öffentliches Recht, Völkerrecht, Geschichte, Statistik und Politik samt dem Finanz- und Cameralwesen. (Die manchmal vertretene Behauptung, Achenwall habe als erster Professor seine Vorlesungen auf Deutsch statt auf Latein gehalten, stimmt nicht).

Da Achenwall 1765 zum Hofrat der Großbritannischen und Kur-Braunschweig-Lüneburgischen Krone ernannt wurde, unternahm er mit königlicher Unterstützung Reisen in die Schweiz und nach Frankreich (1751) und nach Holland und England (1759) (Allgemeine Deutsche Biographie, Band 1, S. 30).

Er war (wie Pütter; s.o.) Mitglied der 1743 gegründeten Freimaurerloge „Zu den drey Löwen“ in Marburg.

Achenwall war dreimal verheiratet. Zunächst mit der Dichterin Sophie Eleonore Walther, die nach zweijähriger Ehe 1754 an Kindbettfieber starb. Nach ihrem Tod ehelichte er Luise Moser, Tochter des Staatsrechtlers Johann Jacob Moser, die 1762 verstarb. Achenwalls dritte Ehe schloß er mit Sophie, einer Tochter des Geheimen Kammerrats Jaeger aus Gotha. Er hatte aus allen drei Ehen insgesamt fünf Kinder. Achenwall starb 1772 an den Folgen einer Lungenentzündung.

Sein Werk

Achenwall mag nicht der Erfinder des Begriffes „Statistik“ gewesen sein (wie oft irrtümlicherweise behauptet), hat jedoch auf die Werke von Veit Ludwig von Seckendorff (1626–1692) und Hermann Conring (1606–1681) basierend (Schröder, S. 350) der Statistik einen wissenschaftlichen Charakter gegeben mit seinem Werk „Abriss der neuesten Staatswissenschaft der vornehmsten Europäischen Reiche und Republiken“ von 1749, welches in den folgenden Auflagen seit 1752 als „Staatsverfassung der Europäischen Reiche im Grundrisse“ erschien (Allgemeine Deutsche Biographie, Band 1, S. 30). Achenwall gilt als einer der Väter der Statistik, weil er sie zu einer eigenen Wissenschaft erhob. Unter Statistik verstand er freilich nicht, was man heute unter diesem Begriff versteht, sondern eine umfangreiche Beschreibung der gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Eigenschaften eines Staates (s. Columbia Electronic Encyclopedia), indem er unter bestimmte Rubriken mit „Zuverlässigkeit und Sicherheit im Herausgreifen des Wesentlichen“ das Wissenswerte über einen Staat angab, so dass sich Achenwalls statistische Werke „von bloßen Notizensammlungen zu wissenschaftlichen Werken erheben“ (Landsberg, S. 354).

Andere Werke von Achenwall sind die „Elementa iuris naturae“ von 1750, anfangs mit Pütter zusammen erarbeitet, sowie „Grundsätze der Europäischen Geschichte, zur politischen Kenntnis der heutigen vornehmsten Staaten“ von 1754 (die zweite Auflage von 1759 erschien unter dem Titel „Geschichte der heutigen vornehmsten Staaten im Grundrisse“), „Entwurf der allgemeineren Europäischen Staatshändel des 17. und 18. Jahrhunderts“ von 1756, „Staatsklugheit nach ihren ersten Grundsätzen“ von 1761 und sein nicht mehr vollendetes in 1775 erschienenes „Juris gentium Europaei practici primae lineae“. Die „Elementa iuris naturae“ erlangten an den protestantischen Universitäten in Deutschland weite Verbreitung.

Ehrungen und Andenken

In Göttingen befindet sich seit 1874 eine Göttinger Gedenktafel, die an seinem Göttinger Wohnhaus in der Goetheallee 13, in welchem er von 1755 bis 1764 mit Püttner gemeinsam wohnte, angebracht ist.[2]

Einzelnachweise

  1. Elbing, Westpreußen, Erdbeschreibung der Preussischen Monarchie, Friedr. Gottlob Leonhardi 1791
  2. Walter Nissen: Göttinger Gedenktafeln. Göttingen 1962, S. 17.

Literatur

  • Emil Steffenhagen: Achenwall, Gottfried. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 1, Duncker & Humblot, Leipzig 1875, S. 30.
  • Friedrich Zahn †, Ernst Meier: Achenwall, Gottfried. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, S. 32 f. (Onlinefassung).
  • Columbia Electronic Encyclopedia: „Achenwall, Gottfried”, Columbia University Press, 6. Auflage, 2005, auch unter <http://columbia.thefreedictionary.com/Achenwall,+Gottfried>.
  • Hruschka, Joachim: „Das deontologische Sechseck bei Gottfried Achenwall im Jahre 1767”, Vandenhoeck und Ruprecht, Hamburg 1986, ISBN 3-525-86222-9.
  • Landsberg, Ernst: „Geschichte der Deutschen Rechtswissenschaft“ (Dritte Abtheilung), Verlag von R. Oldenburg, München und Leipzig, 1898; unveränderter Nachdruck des Scientia Verlag, Aalen, 1957.
  • Schröder, Jan: „Gottfried Achenwall, Johann Stephan Pütter und die »Elementa Iuris Naturae«“, in: Gottfried Achenwall und Johann Stephan Pütter, „Anfangsgründe des Naturrechts (Elementa Iuris Naturae)“ (herausgegeben und übersetzt von Jan Schröder), Insel Verlag, Frankfurt a.M. und Leipzig, 1995.
  • Paul Streidl: „Naturrecht, Staatswissenschaften und Politisierung bei Gottfried Achenwall (1719–1772)”, Herbert Utz Verlag, München 2003, ISBN 3-8316-0216-6.

Weblinks

 Wikisource: Gottfried Achenwall – Quellen und Volltexte

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