Gregori Sinowjew

Gregori Sinowjew
Grigori Jewsejewitsch Sinowjew

Grigori Jewsejewitsch Sinowjew (russisch Григорий Евсеевич Зиновьев, wiss. Transliteration Grigorij Evseevič Zinov'ev; eigentlich: Owsej-Gerschen Aronowitsch Radomyslski-Apfelbaum; * 11. Septemberjul./ 23. September 1883greg. in Nowomirgorod im Gouvernement Cherson; † 25. August 1936 in Moskau) war ein sowjetischer Politiker. Er war von 1921 bis 1926 Mitglied des Politbüros des Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Russlands (dem Vorgänger der KPdSU). Ursprünglich ein enger Weggefährte von Josef Stalin, wurde er im Zuge der stalinistischen Säuberungen hingerichtet.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sinowjew als Redner

Seine Eltern übersiedelten bereits in seiner frühesten Kindheit nach Jelisawetgrad, heute Kirowohrad, Ukraine. Sinowjew, jüdischer Abstammung, mit ursprünglichem Familiennamen Radomyslski (russisch Радомысльский - der Name Apfelbaum wird von einigen Quellen generell bestritten), war enger Vertrauter Lenins, mit dem er eine lange Zeit zusammen im Exil verbracht hatte und mit dem er auch zum Beginn der Oktoberrevolution nach Russland zurückkehrt war. Trotz seines gemeinsam mit Kamenew offen geäußerten Widerspruchs zu einigen Ansichten Lenins behielt er dessen Vertrauen und blieb sein engster Mitarbeiter und Sprecher. Als Vorsitzender des Leningrader Sowjets und Chef der Komintern erlangte er großen Einfluss.

Als letzterer übte er auch im Deutschen Oktober in der Weimarer Republik des Jahres 1923 großen Einfluss auf die deutschen Kommunisten aus.

Nach Lenins Erkrankung und Tod bildete er zusammen mit Stalin und Kamenew zunächst das sogenannte Triumvirat, den engsten Machtzirkel der Kommunistischen Partei, um den gemeinsamen innerparteilichen Kontrahenten Leo Trotzki, den militärischen Führer der Revolution und Volkskommissar für Armee und Flotte, von der Macht fernzuhalten.

Im Rechenschaftsbericht des ZK der KPR(B) von 1923 vermerkte Sinowjew: „Wir sind gezwungen, die Weisungen Lenins durch kollektive Arbeit zu ersetzen.“ Wohlweislich verschwieg er allerdings, dass Lenin bereits Ende 1922 einen Brief an den Parteitag verfasst hatte, in dem er den derzeitigen Mitgliedern des Politbüros die Eignung als seine Nachfolger abgesprochen hatte. Erst 1924, nach Lenins Tod, verlas Sinowjew diesen Brief, aber um Widerstand zu ersticken, nur jeder Delegation einzeln. Gleichzeitig betrieb Sinowjew jedoch, von der zunehmenden Machtfülle Stalins beunruhigt, im Geheimen dessen Sturz. 1923 traf er sich mit anderen führenden Funktionären zu einer geheimen Beratung im Kaukasus, um geeignete Maßnahmen sowohl gegen Stalin als auch gegen Trotzki zu besprechen. Der Plan scheiterte am Widerstand einiger Stalin-Anhänger und wurde dem Generalsekretär zugetragen.

Im Bestreben, sich zu rehabilitieren, forderten Sinowjew und Kamenew den Parteiausschluss Trotzkis, der weiter gegen das Triumvirat opponierte. Sinowjew über Trotzki vor dem ZK: „Warum duldet ihr diesen Hundekadaver im Politbüro?“ Stalin sah somit seine Chance gekommen, sich aller Widersacher zu entledigen, indem er sie gegeneinander ausspielte. Auf einem Plenum 1925 distanzierte er sich offiziell von Sinowjew, Kamenew und deren Forderung, entzog aber gleichzeitig Trotzki seinen Posten als Armeechef. Sinowjew sah seinen Fehler zu spät ein. Ein Zweckbündnis mit Kamenew und Trotzki ab 1926, um dem "Diktator" Einhalt zu gebieten, wurde von anderen Funktionären vereitelt.

Sinowjew verlor seine Funktionen als Vorsitzender der Komintern und als Leningrader Parteichef, wurde als angeblicher Drahtzieher einer Verschwörung aus dem Politbüro, 1927 aus der Partei ausgeschlossen, später unter Reuebezeugungen wieder aufgenommen, erneut ausgeschlossen und nach Sibirien verbannt. Unter erzwungener öffentlich bekennender Abkehr von jeglicher Opposition durfte er 1933 in die Partei zurückkehren und wurde Anfang 1934 zum Rektor der Universität in Swerdlowsk (Ural) ernannt, während Stalin schon dessen definitive Vernichtung plante.

Hierfür konstruierte Stalin die Verschwörungstheorie, es gäbe einen trotzkistisch-sinowjewschen Block, die er später - mit Blick auf die Abstammung der Beklagten - noch durch antisemitische Ausfälle erweiterte.

1936 wurde Sinowjew entgegen Stalins Zusagen unter absurden, unter Folter erpressten „Geständnissen“ (er musste sich u. a. selbst als Faschisten bezeichnen) zusammen mit anderen in einem ersten inszenierten Schauprozess zum Tode verurteilt und in der Moskauer Lubjanka erschossen. Die Urteile waren, wie Nikita Chruschtschow später berichtete, schon vor dem Prozess von Stalin persönlich abgesegnet worden. Die Familienangehörigen Sinowjews und der anderen Ermordeten wurden in Arbeitslager deportiert oder ebenfalls umgebracht.

Die Kugeln, mit denen Kamenew und Sinowjew getötet wurden, wurden in ein kleines Glaskästchen mit dem darauf geschriebenen Namen des Opfers gesteckt und vom Geheimdienstchef Genrich Jagoda privat behalten. Als Jagoda exekutiert worden war, übernahm sein Nachfolger Nikolai Jeschow die Kugeln, die nach dessen Exekution in den Besitz seines Nachfolgers, Lawrenti Beria, übergingen.

Werke

  • Die Rolle der Kommunistischen Partei in der proletarischen Revolution. Hg. vom Westeuropäischen Sekretariat der Kommunistischen Internationale. Berlin 1920
  • Geschichte der Kommunistischen Partei Russlands, 1923
  • Probleme der deutschen Revolution, 1923
  • Gesammelte Schriften (16 Bde., 1923-1924, russisch)
  • Die Weltpartei des Leninismus. Hamburg, Hoym 1924
  • Der Krieg und die Krise des Sozialismus, 1924
  • Sinowjew, Kamenew, Lenin, Trotzki, Stalin, Bucharin u.a. (Originaltexte) in:Die Linke Opposition in der Sowjetunion 1923-1928, herausgegeben und eingeleitet von Ulf Wolter, 5 Bände, Verlag Olle & Wolter, Berlin 1975-1978, ISBN 3-921241-08-1

Literatur

  • "Unpersonen". Wer waren sie wirklich? Bucharin, Rykow, Trotzki, Sinowjew, Kamenew. Dietz Verlag, Berlin 1990

Weblinks


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