- Gunter Schmidt
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Gunter Schmidt (* 22. November 1938 in Hamburg) ist ein deutscher Sexualforscher, Psychotherapeut, Sozialpsychologe und Hochschullehrer.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2003 lehrte Gunter Schmidt an der Abteilung für Sexualforschung im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, die er zwischenzeitlich leitete. Er führte zahlreiche Forschungsprojekte zum sozialen Wandel von Sexualität und Beziehungsbiographien durch, darunter große Survey-Erhebungen an Jugendlichen und Studierenden.
Gunter Schmidt war Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung (DGfS) und Präsident der International Academy of Sex Research (IASR). Gegenwärtig ist er Mitglied des Bundesvorstandes der pro familia und leitet dort das Forschungsprojekt „Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch bei minderjährigen Frauen“. Zu seinen bekanntesten Publikationen zählen die Bücher „Das große Der Die Das“ (1986), „Das Verschwinden der Sexualmoral“ (1996) und „Das neue Der Die Das“ (2004). Zusammen mit Martin Dannecker und Volkmar Sigusch ist er Herausgeber der Buchreihe Beiträge zur Sexualforschung, die im Psychosozial-Verlag erscheint (bisher 87 Bände). Er ist außerdem Mitherausgeber der Zeitschrift für Sexualforschung im Georg Thieme Verlag.
Schmidt gilt als Mitbegründer einer konstruktivistischen Sexualwissenschaft. Zu seinen wichtigsten theoretischen Überlegungen gehört die Annahme, angesichts sexueller Liberalisierungs- und Selbstbestimmungsdiskurse werde die überkommene Sexualmoral (die über konkretes sexuelles Verhalten urteilte) durch eine spätmoderne Verhandlungsmoral abgelöst (die lediglich beurteilt, ob sexuelles Verhalten zwischen zwei gleichberechtigten Partnern angemessen ausgehandelt wurde). Kritisch setzt sich Schmidt mit dem gesellschaftlichen Gebot der Monosexualität auseinander, also mit der verbreiteten Annahme, bei der sexuellen Orientierung handele es sich um tief in der Persönlichkeit verwurzelte und lebenslang wirksame, einander ausschließende Schicksale. In seinem mehrfach überarbeiteten Aufsatz „Gibt es Heterosexualität?“ vertritt er die Auffassung, dass die meisten Menschen das Ausmaß ihrer Hetero- bzw. Homosexualität beträchtlich überschätzten.
Im Zusammenhang mit dem Suizid von David Reimer, der als Kind einer Geschlechtsumwandlung unterzogen wurde und dann als Paradebeispiel für die Thesen mehrerer Sexualwissenschaftler diente, geriet auch Schmidt in die öffentliche Diskussion.[1]
Literatur
- 1968: Studenten-Sexualität. (Mit Hans Giese)
- 1971: Arbeiter-Sexualität. (Mit Volkmar Sigusch)
- 1973 mit Volkmar Sigusch: Jugendsexualität. Sozialer Wandel, Gruppenunterschiede, Konfliktfelder. Enke, Stuttgart, ISBN 3-432-25841-0
- 1986: Das große "Der, Die, Das". Über das Sexuelle März, Herbstein; mehrere Neuaufl.;
- 1997 erw. und überarb. bei Rowohlt, Reinbek; davon letzte Aufl. zus. mit Günter Amendt, "Sexfront", bei Area, Erftstadt 2004 ISBN 3899960297 (zuerst Vorlesungen an der Universität Hamburg für HörerInnen aller Fak.)
- 1996: Das Verschwinden der Sexualmoral. Klein, Hamburg, ISBN 3-89521-033-1 (Aufsätze)
- 1998: Sexuelle Verhältnisse. Über das Verschwinden der Sexualmoral. Rowohlt, Reinbek, ISBN 3-499-60234-2 (Überarb. & erw. Neuausgabe von „Das Verschwinden der Sexualmoral“)
- 2004: Das neue "Der, Die, Das". Über die Modernisierung des Sexuellen. Psychosozial, Gießen, ISBN 3-89806-311-9
- 2006 mit Silja Matthiesen, Arne Dekker, Kurt Starke: Spätmoderne Beziehungswelten. Report über Partnerschaft und Sexualität in drei Generationen. VS Verlag Wiesbaden, ISBN 3-531-14285-2
Als Herausgeber
- 2000: Die Kinder der sexuellen Revolution. Psychosozial, Gießen, ISBN 3-89806-027-6.
- 2002: Sexualität und Spätmoderne. ebd. ISBN 3-89806-212-0.
Einzelnachweise
- ↑ Bettina Röhl: Der Sündenfall der Alice Schwarzer? Das schreckliche Schicksal der Zwillingsbrüder Reimer, Cicero, 31. März 2005
Weblinks
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