- Günther Messner
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Günther Messner (* 11. Dezember 1946 in Brixen, Südtirol; † 29. Juni 1970 am Nanga Parbat, Pakistan) war Bergsteiger und ein jüngerer Bruder von Reinhold Messner. Er starb während einer Expedition unter Leitung von Karl Herrligkoffer zum Achttausender Nanga Parbat.
Inhaltsverzeichnis
Alpinismus
Günther Messner zählte Ende der 1960er Jahre zu den besten Bergsteigern. Er war über Jahre hinweg der Seilpartner seines Bruders Reinhold und kletterte mit ihm schwierigste Routen im Alpenraum. Trotz seiner dreistelligen Zahl an extremen Touren in den Alpen war Günther Messner zunächst nicht als Teilnehmer für die Nanga-Parbat-Expedition 1970 vorgesehen; erst kurz vor Expeditionsbeginn gelangte er aufgrund der Absage anderer noch in die Mannschaft.
Tod am Nanga Parbat
Günther Messner folgte nach einigen Stunden überraschend seinem Bruder Reinhold, der am 27. Juni 1970 mitten in der Nacht vom letzten Lager zu einem Alleingang aufgebrochen war, und holte diesen ein. Die Aufstiegsroute erfolgte über die Rupalwand, die damals noch undurchstiegene höchste Steilwand der Welt. Bei Günther Messner zeigten sich aufgrund des enorm hohen Aufstiegstempos nach den Angaben seines Bruders bald Anzeichen von Höhenkrankheit und Erschöpfung. Sie erreichten jedoch am späten Nachmittag gemeinsam den Gipfel.
Version Reinhold Messners
Was sich von da an ereignete, ist zwischen Reinhold Messner und den anderen Teilnehmern bis heute umstritten. Nach Reinhold Messners Angaben waren die beiden Brüder zu einem Notbiwak in der sogenannten Merkl-Scharte unweit des Gipfels gezwungen, da ein nächtlicher Abstieg über die Rupalwand aufgrund Günthers Erschöpfung und Höhenkrankheit ausgeschlossen schien. Obwohl am nächsten Tag Rufkontakt zu den ebenfalls über die Rupalwand zum Gipfel aufsteigenden Felix Kuen und Peter Scholz bestand, gelang es Reinhold Messner nicht, Hilfe zu erhalten und über die Aufstiegsroute abzusteigen. Reinhold Messner, der im Vergleich zu seinem Bruder noch verhältnismäßig kräftig war, entschied sich – erst jetzt, wie er betont – für einen Abstieg über die etwas leichtere Diamirwand, um Günther so schnell wie möglich in die rettenden tieferen Lagen zu bringen. Bei diesem mehrtägigen Abstieg, der beide Bergsteiger an die Grenze ihrer physischen wie psychischen Kraft brachte und zur zweiten Überschreitung eines Achttausenders überhaupt geriet, sei nun Günther – so versicherte Reinhold Messner immer – gegen Ende des Abstiegs am 29. Juni 1970 plötzlich verschwunden gewesen und vermutlich von einer Lawine verschüttet worden. Reinhold Messner schaffte nach weiteren leidensreichen Tagen der Trauer und Erschöpfung den Weg zurück in die Zivilisation.
Andere Darstellungen
Die Expeditionsteilnehmer Max von Kienlin und Hans Saler hingegen behaupteten später nach einem Streit, bei dem Reinhold Messner den Kameraden von einst unterlassene Hilfeleistung im Zusammenhang mit dem Tod Günther Messners unterstellte, Reinhold Messner habe sich von seinem Bruder möglicherweise in Gipfelnähe getrennt oder ihn zu der Seilschaft, welche sich ebenfalls bereits auf dem Weg zum Gipfel befand, zurückgeschickt. Daraufhin sei er allein über die Diamir-Seite abgestiegen, während Günther Messner allein den Rückweg zur Rupal-Seite antrat und dabei ums Leben kam. Auch habe Reinhold Messner eine Überschreitung des Berges im Alleingang von Anfang an geplant. Die von Reinhold Messner vorgetragene Erklärung, dass die Idee auf der Diamir-Seite abzusteigen von Günther Messner gekommen sei und er, Reinhold, sich dem nicht habe widersetzen können, ist ebenfalls umstritten. In der folgenden gerichtlichen Auseinandersetzung konnte Saler die in seinem Buch aufgestellten Behauptungen nicht beweisen, worauf sein Verlag eine geänderte Neuauflage veröffentlichte.
Weitere Zweifel an Reinhold Messners Darstellung des Geschehens entstanden dadurch, dass Reinhold dem sich nach ihm auf dem Weg zum Gipfel befindlichen Kameraden Felix Kuen zugerufen hatte, es sei alles in Ordnung, obwohl zu diesem Zeitpunkt Günther Messner bereits Anzeichen der Höhenkrankheit aufgewiesen haben soll. Reinhold Messner meinte hierzu, dass es die anderen Teilnehmer nur gefährdet hätte, wenn sie ihm und seinem Bruder zu Hilfe gekommen wären. Deshalb habe er gerufen, dass alles in Ordnung sei. Ein anderer Erklärungsversuch interpretiert das „alles in Ordnung!“ Messners als eine Art beschwichtigende, rhetorische Floskel, mit der dieser eigentlich sagen wollte „wir haben zwar das Problem mit Günther, dem es nicht gut geht, aber ansonsten ist alles in Ordnung“. Aus der Sicht Felix Kuens nehmen sich die Ereignisse etwas anders aus: „Es war kein Wort nach Hilfe erklungen, kein Wort nach einem Seil, kein Wort, daß Günther krank wäre! Wir mußten annehmen, bei den Messners wäre wirklich alles in Ordnung. […] Wir hätten geholfen, wären links um die Südspitze aufgestiegen und von dort zu Reinhold und Günther gegangen. Peter [Scholz] und mir diese Handlung auch nur in Gedanken nicht zuzumuten, wäre einfach ungeheuerlich. Wir hätten vielleicht fünf Stunden gebraucht, aber wir wären mit kompletter Ausrüstung dort gewesen. […] Wir hätten nicht nur helfen können! – Wir hätten geholfen! Aber Reinhold zeigte gegen die Diamir-Seite, rief ein Grußwort, bückte sich, als wollte er etwas aufheben, und verschwand hinter dem Grat!“[1]
Funde
Im Juli 2000 fand der Bergsteiger Hanspeter Eisendle am Fuß der Diamir-Wand am Nanga Parbat auf ca. 4.400 m Höhe einen Knochen (rechtes Wadenbein). Aufgrund der Zersetzung der DNA konnte ursprünglich nicht sicher bestimmt werden, ob es sich um einen Knochen von Günther Messner handelte. Es wurde nicht ausgeschlossen, dass der Knochen vom 1962 am Nanga Parbat verunglückten Bergsteiger Siegi Löw stammen könnte. Indizien hierfür waren die in der Nähe des Knochens gefundene grüne Hose Siegi Löws und das alte Kletterseil. Eine spätere Analyse an der Universität Innsbruck legte jedoch die Identität Günther Messners mit großer Wahrscheinlichkeit nahe.
Am 17. August 2005 wurden weitere sterbliche Überreste eines Bergsteigers auf der Diamirseite gefunden. Reinhold Messner erkannte nach eigenen Angaben Schuhe und Jacke seines Bruders Günther Messner wieder. Am 8. September 2005 wurden die Überreste am Fuße des Nanga Parbat auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Es war eine Beerdigung nach tibetischer Tradition. Die Teilnehmer sangen „Lak yelo, die Götter waren gnädig“, und warfen Reis in die Luft. Am 21. Oktober 2005 bestätigten Wissenschaftler in Innsbruck nach einer DNA-Analyse von Gewebeproben des Toten, dass es sich bei der im August am Nanga Parbat entdeckten Gletscherleiche wahrscheinlich um die sterblichen Überreste von Günther Messner handelte. Somit sprechen die derzeit bekannten Umstände dafür, dass Günther Messner auf der Westseite des Berges den Tod fand und nicht auf dem Abstieg durch die Rupal-Wand.
Literatur (Auswahl)
- Ralf-Peter Märtin: Nanga Parbat. Wahrheit und Wahn des Alpinismus. Berlin-Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-8270-0425-X.
- Max von Kienlin: Die Überschreitung. Günther Messners Tod am Nanga Parbat Herbig, München 2003, ISBN 3-776-62345-4.
- Reinhold Messner u. a.: Diamir. König der Berge. Schicksalsberg Nanga Parbat. Frederking & Thaler, München 2008, ISBN 978-3-89405-708-4.
- Reinhold Messner: Der nackte Berg. Nanga Parbat – Bruder, Tod und Einsamkeit. Piper, München u. a. 2003, ISBN 3-492-23921-8.
- Reinhold Messner: Die weiße Einsamkeit, Piper, München u. a. 2004, ISBN 3-492-24186-7.
- Hans Saler: Zwischen Licht und Schatten. Die Messner-Tragödie am Nanga Parbat. A 1 Verlagsgesellschaft, München 2003, ISBN 3-927-74365-8.
- Jochen Hemmleb: "Nanga Parbat. Das Drama 1970 und die Kontroverse", Tyrolia, Innsbruck 2010, ISBN 978-3-7022-3064-7
Film
- Tod am Nanga Parbat – Die Messner-Tragödie. Fernseh-Dokumentation von Ludwig Ott (44 Min., 2004)
- Nanga Parbat. Regie: Joseph Vilsmaier in Zusammenarbeit mit Reinhold Messner. Kinostart: 14. Januar 2010. Länge: 104 Minuten. Der Film zeichnet die tragischen Ereignisse von 1970 nach.[2]
Weblinks
- Literatur von und über Günther Messner im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Tobias Gohlis: Nur der Gipfel war Zeuge Artikel in der Zeit 28/2003
Einzelnachweise
- ↑ Karl Ruef: Felix Kuen – Auf den Gipfeln der Welt. Graz 1972, S. 167f.
- ↑ Inhaltsangabe und Kritik zum Film Nanga Parbat beim Bayerischen Rundfunk
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