Halsman

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Philippe Halsman (* 2. Mai 1906 in Riga, Lettland als Philipp Halsmann oder Filips Halsmans; † 25. Juni 1979 in New York) war ein für seine Portraits berühmter Fotograf. Über Jahrzehnte arbeitete er für die Zeitschrift Life und seine Werke wurden über 100 mal als Titelbild veröffentlicht.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Philipp Halsmann, der sich seit seiner Emigration 1931 nach Paris Philippe Halsman nannte, wurde in Lettland als Sohn des Zahnarztes Morduch Max Halsmann und der Lehrerin Ita Halsmann geb. Grintuch geboren. Nach dem Abitur in Riga nahm Philippe ein Studium der Elektrotechnik in Dresden auf und arbeitete nebenbei bereits freiberuflich für den Ullstein Verlag als Fotograf.

Am 10. September 1928 kam der Vater bei einer gemeinsam mit Philippe unternommenen Bergwanderung in Österreich unter bis heute nicht geklärten Umständen ums Leben. Es gab keine Zeugen und die Indizien sprachen für einen gewaltsamen Tod. Philippe wurde sofort arretiert, obgleich offensichtlich keine Motive bei ihm vorlagen. Der Mordprozess erregte in ganz Europa Aufsehen. Trotz seiner Unschuldsbeteuerungen wurde Philippe von einem Innsbrucker Geschworenengericht zu zehn Jahren Kerkerhaft verurteilt. Im Umfeld des Prozesses kam es zu diversen antisemitischen Äußerungen. In einem Berufungsverfahren wurde er schließlich zu vier Jahren Kerkerhaft verurteilt. Albert Einstein, Thomas Mann, Erich Fromm und Sigmund Freud setzten sich für einen Freispruch bzw. später für eine Begnadigung Halsmans ein. Besonders Heinrich Eduard Jacob, damals Chef des mitteleuropäischen Büros des Berliner Tageblatts in Wien – neben Emil Kläger (Neue Freie Presse, Wien) sowie Rudolf Olden federführender Berichterstatter – setzte sich journalistisch für Halsman ein, indem er mehrere glänzend recherchierte, justizkritische Beiträge veröffentlichte. Damals entbrannte ein heftiger Kampf zwischen der Psychiatrie und der relativ jungen Psychologie. Freuds Theorie vom Ödipus-Komplex wurde erörtert und von Freud und Fromm in Zeitungsbeiträgen expressis verbis für diesen Fall ausgeschlossen. Unter den vielen Gnadengesuchen ist die Initiative von Geschworenen des zweiten Prozesses bemerkenswert. Zehn von zwölf Geschworenen unterzeichneten die Petition, in der sie zwar ausdrücklich auf dem Wahrspruch bestehen, aber anführten, dass Halsmans Familie schwergeprüft sei und das Urteil lediglich auf Indizien beruhe. Halsman wurde am 30. September 1930 vom österreichischen Bundespräsidenten Wilhelm Miklas begnadigt und gleichzeitig des Landes verwiesen.

Nach einem kurzen Erholungsaufenthalt in Südtirol zog er zu seiner Schwester nach Paris. Er machte aus seinem Jugendhobby, der Fotografie, nun endgültig seinen Beruf und eröffnete 1931 in Paris ein Fotostudio und nannte sich fortan Philippe Halsman. Bald wurde er bekannt für seine Portraits und Modefotos. Nebenbei studierte er an der Sorbonne. Nach der Besetzung Frankreichs durch Deutschland 1940 wurde ihm die angestrebte Auswanderung in die USA verwehrt. Erst durch die Fürsprache von Albert Einstein erhielt er das Visum in die Neue Welt.

In den USA war Halsman sofort als Presse- und Modefotograf tätig, und das offenbar so erfolgreich, dass er schon im Jahr darauf bei der Zeitschrift Life, dem Nonplusultra der damaligen Fotoreportage, eine feste Anstellung bekam. 1945 wurde Halsman zum Präsidenten der "American Society of Magazine Photographers" ernannt. Unübertroffen und weithin auch heute noch bekannt ist Halsmans Portrait von Albert Einstein aus dem Jahre 1947. Die außergewöhnliche Qualität seiner Bilder zeigt sich auch darin, dass Halsman über 20 Jahre lang so gute Bilder ablieferte, dass insgesamt 103 seiner Fotos als Cover für die wöchentlich erscheinende Life dienten, mehr als von jedem anderen Fotografen.

Als Spezialität galten seine „Jump Pictures” von Politikern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die er 1959 realisierte: Die Porträtierten sollten für das Portrait vom Boden abspringen, im Moment des Sprunges wurden sie festgehalten – auf dem Bild scheinen sie zu schweben. Besonders bekannt wurden diese eigenwilligen Ganzkörper-Portraits von US-Präsident Nixon, dem Künstler Salvador Dalí, dem Filmkomiker Fernandel oder dem Herzogspaar von Windsor. Als „Jump Book” wurden diese Bilder im gleichen Jahr veröffentlicht.

1960, zur Zeit des kalten Krieges, fotografierte er bei einem längeren Aufenthalt in Russland Porträts der sowjetischen Elite für Life. 1963 wurde Halsman zum Mitglied der „Famous Photographers School” ernannt.

Mit Salvador Dalí blieb der Fotograf lebenslang freundschaftlich verbunden und arbeitete über 30 Jahre mit dem Künstler zusammen, wobei der surrealistische Einschlag in den Fotografien von Philippe Halsman unverkennbar ist.

Nachwirkung

Die National Portrait Gallery der Smithsonian Institution in Washington D.C. widmete Halsman vom 6. November 1998 bis 7. Februar 1999 eine Retrospektive.

Zwischen Mai und Juli 2006 wurden u. a. in Kremsmünster und Linz Teile des Films „Jump!“ über das Leben von Philippe Halsman gedreht (Premiere: Frühjahr 2008). Dieser wurde in der Hauptrolle von Ben Silverstone verkörpert. In weiteren Rollen fanden sich Heinz Hoenig und Patrick Swayze. Für Regie und Drehbuch zeichnete Joshua Sinclair verantwortlich.

Werke

  • Philippe Halsman's Jump Book. New York: Verlag Simon and Schuster, 1959. Neuausgabe als Paperback: New York: Verlag Harry N. Abrams, 1986. ISBN 978-0-8109-2338-6.

Literatur

  • Jane Halsman Bello & Steve Bello (Hg.): Philippe Halsman. Eine Retrospektive. Fotografien aus der Halsman Family Collection (Einleitung: Mary Panzer). Zürich & New York: Edition Stemmle, 1998; ISBN 3-908161-56-8. (Die amerikanische Originalausgabe erschien bei Bulfinch Press / Little Brown and Company (Inc.), Boston/MA.)
  • "(...) man spricht nicht gerne von dem Prozeß, es sind noch zu viele Fremde da." Die Halsmann-Affäre in Innsbruck 1928-31, in: Michael Gehler und Hubert Sickinger (Hrsg.), Politische Skandale und Affären in Österreich. Von Mayerling bis Waldheim, Wien-Thaur-München 1995, S.148-187 (ausführliche historisch-kritische Analyse; freier download unter http://www.altneuland.at/Halsmann_Skandal.pdf)
  • Martin Pollack: Anklage Vatermord. Der Fall Philipp Halsmann. Wien: Paul Zsolnay Verlag, 2002; ISBN 3-552-05206-2.
  • Henryk M. Broder: Tod im Zillertal. Ein vermeintlicher Vatermord in Tirol wird neu aufgerollt. Die Recherche ist ein literarisches Meisterstück. Doch der Fall bleibt ungelöst; in: Der Tagesspiegel Nr. 17913, Berlin, 14. Oktober 2002; S. 27.

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