Hans-Jürgen Scharfenberg

Hans-Jürgen Scharfenberg

Hans-Jürgen Scharfenberg (* 9. April 1954 in Annaberg-Buchholz) ist ein deutscher Politiker (SED, PDS, Die Linke). Bis 1985 war er inoffizieller Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit. Seit 2004 ist er Abgeordneter im Landtag Brandenburg.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Beruf

Nach dem Abitur und dem Grundwehrdienst bei der NVA absolvierte er von 1974 bis 1978 ein staatswissenschaftliches Hochschulstudium an der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaften in Potsdam-Babelsberg. Von 1978 bis 1985 war er wissenschaftlicher Assistent, später Oberassistent am Lehrstuhl Staatsrecht kapitalistischer Staaten und promovierte 1982 erfolgreich. Im September 1985 erhielt Scharfenberg nach Aussagen seines Führungsoffiziers die Verdienstmedaille der DDR als Anerkennung für seine Tätigkeit als inoffizieller Mitarbeiter der Staatssicherheit.[1] Scharfenberg selbst behauptet, er habe die Medaille für besondere Verdienste im Ehrenamt erhalten.[2]

Er war von 1986 bis Mitte 1989 stellvertretender Parteisekretär an der Akademie. Von 1991 bis 2004 war er Mitarbeiter der PDS-Landtagsfraktion im Landtag Brandenburg, insbesondere mit der Zuständigkeit für den Bereich Innen- und Rechtspolitik.

Hans-Jürgen Scharfenberg ist verheiratet und Vater von drei Kindern.

Politik

Seit 1990 ist er Mitglied der Stadtverordnetenversammlung Potsdam und wurde 1995 Vorsitzender der dortigen PDS-Fraktion. 2002 kandidierte er erfolglos für das Amt des Oberbürgermeisters von Potsdam. Er unterlag in der Stichwahl knapp Jann Jakobs (SPD).

Bei der Landtagswahl 2004 zog er über die Landesliste in den Landtag Brandenburg ein. Er ist Vorsitzender des Ausschusses für Inneres und innenpolitischer Sprecher der Fraktion.

Im Januar 2008 wurde bekannt, dass eine Mitarbeiterin seines Wahlkreisbüros verdeckt recherchierenden Journalisten des ZDF Ratschläge gab, wie man als Empfänger von Arbeitslosengeld II anrechnungspflichtige Einkünfte versteckt und Sozialleistungen erschleicht.[3]

Scharfenberg kandidierte bei der Brandenburgischen Landtagswahl 2009 erfolgreich für das Direktmandat im Landtagswahlkreis Potsdam II (Wahlkreis 22).

Bei der Oberbürgermeisterwahl in Potsdam 2010 kandidierte er erneut. Im ersten Wahlgang vom 19. September 2010 erreichte er mit 33,1 Prozent den zweiten Platz hinter Amtsinhaber Jann Jakobs (SPD). Bei der Stichwahl am 3. Oktober unterlag er seinem Konkurrenten mit einem Ergebnis von 39,2 zu 60,8 Prozent.

Mitarbeiter der Staatssicherheit

Seit 1978 war Scharfenberg als IM-Vorlauf „Johnson“ für das Ministeriums für Staatssicherheit tätig. Eine Verpflichtungserklärung als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) „Hans-Jürgen“ unterschrieb er 1980. Er berichtete regelmäßig über Kollegen, Vorgesetzte und Nachbarn. Er wurde als ehrlich und aufrichtig dem MfS gegenüber eingeschätzt und forderte, dass die ausreisewilligen politischen Gegner mit „geeigneten Mitteln“ bekämpft werden müssen.[4] Zudem soll er über „homosexuelle Neigungen“ von Arbeitskollegen und „Exzessen mit Frauen“ im Umfeld der Akademie für Staat und Recht berichtet haben.[5] Vom Dienst entbunden wurde Scharfenberg 1985, weil er zu diesem Zeitpunkt hauptamtlich im Apparat der SED tätig wurde. 1992 hatte er versucht, seine Enttarnung zu verhindern, indem er eine Stasi-Überprüfung verweigerte.[6] Scharfenberg legte seine MfS-Tätigkeit 1995 offen[7], als er Fraktionsvorsitzender in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung wurde, ohne jedoch Details zu seiner Zusammenarbeit zu nennen. Im Zuge seiner Kandidatur zum Oberbürgermeisteramt in Potsdam forderte die Partei Die Linke einen Nachweis von Scharfenberg, dass dieser seine Stasi-Tätigkeit tatsächlich gemäß eines Parteitagsbeschlusses der PDS von 1991 offengelegt habe.[5]

Mit Hinblick auf seine 300 Seiten[8] umfassende Stasi-Akte riet ihm die Brandenburger Diktatur-Beauftragte Ulrike Poppe von einer Kandidatur zur Oberbürgermeisterwahl ab, da „Jemand, der so eine Vergangenheit hat, [...] sich fragen [sollte], welches Signal das für die politische Kultur bedeutet“.[9] Die Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS) warnte unter dem Motto „Potsdamer, lasst Euch nicht linken!“ vor einer Wahl Scharfenbergs.[10]

Sonstiges

Scharfenberg ist ehrenamtlicher Vorsitzender der Abteilung Volleyball beim SC Potsdam.

Einzelnachweise

  1. Ein Orden für „Stalin“DDR-Verdienstmedaille Focus, 27. September 2010
  2. OB-Kandidat bestreitet Medaille für Stasi-Tätigkeit PNN, 27. September 2010]
  3. Martin Klesmann: "Politikerin der Linken bedauert Empfehlung zum Rechtsbruch" - Berliner Zeitung vom 21. Januar 2008
  4. Hubertus Knabe: Honeckers Erben. Die Wahrheit über Die Linke. Propyläen, Berlin 2009, ISBN 978-3-549-07329-2
  5. a b Vgl. Märkische Allgemeine: Scharfenberg gerät weiter unter Druck - Linken-Vorstand will Nachweis der Offenlegung der IM-Zeit entsprechend Parteibeschluss von 1991.
  6. Vgl. Tagesspiegel: Stasi-Enttarnung jahrelang verhindert.
  7. Vgl. Berliner Zeitung: PDS-Fraktionschef outet sich.
  8. Die Welt vom 18. September 2010: Kandidat Scharfenberg: Stasi-Spitzel will Potsdams Bürgermeister werden, eingesehen am 2. Oktober 2010.
  9. Märkische Allgemeine vom 5. Mai 2010: Poppe rät Scharfenberg ab: Stasi-Beauftragte über das Signal einer OB-Kandidatur des Linken-Politikers, eingesehen am 2. Oktober 2010.
  10. Pressemitteilung des Bundesvorstandes der Vereinigung der Opfer des Stalinismus e.V. vom 17. September 2010 (PDF, 86 KB).

Weblinks


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