Hans Deutsch

Hans Deutsch

Hans Deutsch (* 17. April 1906 in Wien, Österreich; † 13. Mai 2002 in Lausanne, Schweiz) war ein jüdischer Rechtsanwalt und Verleger.

Inhaltsverzeichnis

Leben

1938 floh Deutsch aus seiner Heimatstadt nach Palästina und kehrte 1953 nach Wien zurück. In Deutschland vertrat er als erfolgreicher Wiedergutmachungsanwalt die Interessen von Opfern der NS-Diktatur und forderte unter anderem die Rückgabe von geraubten Kunstgegenständen ein. Er betrieb den Hans-Deutsch-Verlag, in dem er Bücher zum Themenkomplex veröffentlichte. Laut Spiegel galt er als „der engagierteste und erfolgreichste Vorkämpfer von Hoffnung, Anspruch und Forderung an der Front der Entschädigung für Opfer nationalsozialistischer Verfolgung“.

1964 wurde er wegen angeblich gefälschten Beweismaterials über die ungarische Sammlung Hatvany (Budapest) in Haft genommen und sein Haus in Lausanne von deutschen Beamten durchsucht. Die Bilder seien nicht, wie Deutsch beweisen wollte, von der SS, sondern von den sowjetischen Truppen geraubt worden. Als Gegenspieler traten der ehemalige SS-Untersturmführer und spätere Präsident des Bundeskriminalamtes (1965-1971) Paul Dickopf, Ernst Féaux de la Croix vom Bundesfinanzministerium (vor 1945 Reichsjustizministerium) sowie der Bundesminister der Finanzen Rolf Dahlgrün, früher NSDAP, auf. Die Zeugen gegen Deutsch stammten aus Nazi- und SS-Kreisen, die von vorhandenem ungarischen Beutegut profitiert hätten. Nach 18 Monaten Untersuchungshaft und 9 Jahren Rechtsstreit endete das Verfahren mit einem Freispruch. Dieser wurde in zweiter Instanz eingeschränkt und er erhielt keine Haftentschädigung, da er durch sein Verhalten selber zur Haft beigetragen habe. Allerdings war in den Gerichtsverhandlungen festgestellt worden, dass die Angaben der Erben Hatvany, die Deutsch bei Gericht vorgetragen hatte, die Gemäldesammlung sei von den Deutschen geraubt worden, falsch gewesen seien. Die dafür bestellten Zeugen der Hatvanys hatten Meineide geschworen. [1]

Danach war Deutsch ein gebrochener Mann und stritt bis zu seinem Lebensende um seine Rehabilitation. 1995 wurden einige Bilder der Sammlung Hatvany in der Beutekunstausstellung im Moskauer Puschkinmuseum ausgestellt. 2003 tauchte der „Berg Sinai“ von El Greco in New York wieder auf. Dieses Bild war nachweislich nie in Russland und wurde mit falschen Expertisen versehen bei Sotheby’s nach Griechenland verkauft. Somit war dieses Bild von deutschen und nicht von sowjetischen Truppen geraubt worden. Es löste eine erneute Diskussion darüber aus, ob Deutsch von ehemaligen SS-Angehörigen und ihren Erben, die im Besitz der geraubten Bilder sind, gezielt denunziert worden sei. Der Sohn von Hans Deutsch, Joram Deutsch, strengte in den USA eine Klage gegen den deutschen Staat an. 2005 wurde der Fall Gegenstand eines Dokumentarfilms. Das deutsche Bundesfinanzministerium verweigerte im Jahr 2004 nachfragenden Journalisten die Auskunft in dieser Sache.

Von einschlägig motivierter Seite (der ehemalige NS-Geheimdienstagent Juan Maler alias Reinhard Kopps) werden die Zusammenhänge und Fakten in anderer Weise dargestellt; diese Ausführungen sind auf einer privaten Homepage nachzulesen[2].

Hans Deutsch sammelte in der Nachkriegszeit Kunst. 1964 gründete er mit seinem Sohn Joram die Kunststiftung "Fondation Deutsch" und baute an seinem Wohnsitz in Belmont-sur-Lausanne ein Privatmuseum "Musée Fondation Deutsch", das 1989 eingeweiht wurde. Dort werden sowohl Teile des privaten Kunstbesitzes wie auch Wechselausstellungen renommierter internationaler Künstler gezeigt.

Literatur

  • Kurt Emmenegger, Hans Deutsch: Der Fall Deutsch: Tatsachen zu einem Justizskandal, 1789 Editions, 1970

Film-Dokumentation

Weblinks

Einzelnachweise

  1. s.Gunnar Schnabel, Monika Tatzkow: Nazi Looted Art. Handbuch. Kunstrestitution weltweit, Berlin 2007, ISBN 978-3-00-019368-2, S. 408f.
  2. Lübeck kunterbunt

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Deutsch (Familienname) — Deutsch ist ein Familienname. Bekannte Namensträger Inhaltsverzeichnis A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z …   Deutsch Wikipedia

  • Hans-Jürgen Krumm — (* 19. Juli 1942 in Wuppertal) ist ein deutsch österreichischer Germanist und Sprachlehr und Sprachlernforscher. Inhaltsverzeichnis 1 Beruflicher Werdegang 1.1 Mitgliedschaft und Vorsitz in Fachbeiräten und Gutachtergruppen …   Deutsch Wikipedia

  • Hans Werner Henze — (1960) Hans Werner Henze (* 1. Juli 1926 in Gütersloh) ist ein deutscher Komponist. Der im italienischen Marino (Provinz Rom) lebende Henze gehört zu den bedeutendsten deut …   Deutsch Wikipedia

  • Hans Cloos — (* 8. November 1885 in Magdeburg; † 26. September 1951 in Bonn) war Geologie Professor in Breslau und Bonn. Europaweit bekannt wurde er als Autor eines Lehrbuchs (1936) und der „Gespräche mit der Erde“ (1947), durch deren klare Sprache und… …   Deutsch Wikipedia

  • Hans Ruesch — (* 17. Mai 1913 in Neapel, Italien; † 27. August 2007 in Massagno bei Lugano, Schweiz) war ein Schweizer Rennfahrer, Publizist und Schriftsteller. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1.1 Rennfahrer …   Deutsch Wikipedia

  • Hans Manfred Bock — (* 13. Mai 1940 in Kassel) ist ein deutscher Politikwissenschaftler und Komparatist, der seit 1970 als Professor an der Sorbonne sowie an den Universitäten Kassel und Paris III lehrt und forscht. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Publikationen …   Deutsch Wikipedia

  • Hans Bollinger (Pädagoge) — Hans Bollinger Hans Bollinger (* 26. Oktober 1949 in Wörschweiler) ist ein deutscher Pädagoge und Musiker. Inhaltsverzeichnis 1 …   Deutsch Wikipedia

  • Hans-Joachim Schoeps — (* 30. Januar 1909 in Berlin; † 8. Juli 1980 in Erlangen) war ein deutsch jüdischer Religionshistoriker und Religionsphilosoph. Er war ordentlicher Professor und Inhaber des Lehrstuhls für Religions und Geistesgeschichte der Universität Erlangen… …   Deutsch Wikipedia

  • Hans Stercken — (* 2. September 1923 in Aachen; † 26. Juni 1999 in Bonn) war ein deutscher Journalist und Politiker (CDU). Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Beruf 2 Partei 3 …   Deutsch Wikipedia

  • Hans Weresch — (* 26. November 1902 in Deutschbentschek, Banat, Rumänien; † 16. Juli 1986 in Freiburg im Breisgau) war rumäniendeutscher Lehrer, Forscher und Kulturpolitiker. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Kritik …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”