- Harald Poelchau
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Harald Poelchau (* 5. Oktober 1903 in Potsdam; † 29. April 1972 in Berlin) war in der Zeit des Nationalsozialismus religiöser Sozialist und Gefängnispfarrer.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Poelchau verbrachte seine Kindheit in Brauchitschdorf bei Liegnitz, einem schlesischen Dorf, in dem sein Vater Pastor war. Er studierte in Bethel, Tübingen und Marburg evangelische Theologie. Paul Tillich war sein Lehrer und lebenslanger Freund.
Poelchau war Werkstudent bei Robert Bosch in Stuttgart, Geschäftsführer der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfe und Assistent von Paul Tillich in Frankfurt/Main, bei dem er 1931 mit Die sozialphilosophischen Anschauungen der deutschen Wohlfahrtsgesetzgebung (1932 veröffentlicht als: „Das Menschenbild des Fürsorgerechts: Eine ethisch-soziologische Untersuchung“) promovierte.
Kurz vor der „Machtergreifung“ der NSDAP bewarb er sich um eine Stelle als Gefängnispfarrer im Strafgefängnis Tegel und wurde im April 1933 angestellt. Mit seiner Frau Dorothee half er bis 1945 vielen Menschen innerhalb und außerhalb der Gefängnismauern. Er wurde zum Seelsorger für unzählige inhaftierte Regimegegner, unter anderem eine Reihe von Pfarrern der Bekennenden Kirche, bei der er wie im Kreisauer Kreis selbst Mitglied war, und für bekannte Vertreter der Widerstandsorganisation Rote Kapelle wie Arvid Harnack und Harro Schulze-Boysen.
Seine Grabstätte befindet sich auf dem Friedhof Zehlendorf. Es ist ein Ehrengrab des Landes Berlin.
Ehrungen
- 1971 wurden Poelchau und seine Frau Dorothee von der Gedenkstätte Yad Vashem als Gerechte unter den Völkern geehrt.
- Es wurde der Asteroid 10348 Poelchau nach ihm benannt.
- Im Ortsteil Berlin-Charlottenburg-Nord ist die Poelchau-Oberschule nach ihm benannt.
- 1988 erhielt das Haus Afrikanische Straße 140b in Berlin-Wedding, in dem er 1933 bis 1945 wohnte, eine Berliner Gedenktafel.
- In Berlin-Marzahn wurde 1992 die Poelchaustraße (ehemals Karl-Maron-Straße) nach ihm benannt.
Werke
- Die letzten Stunden: Erinnerungen eines Gefängnispfarrers. 3. Auflage. Verlag Volk und Welt, 1987, ISBN 3-353-00096-8 (Erstdruck 1949).
- Die Ordnung der Bedrängten: Autobiographisches und Zeitgeschichtliches seit den zwanziger Jahren. Hentrich und Hentrich, 1963, ISBN 3-933471-50-8 (Neuauflage).
Literatur
- Klaus Harpprecht: Harald Poelchau: ein Leben im Widerstand. Rowohlt, Reinbek 2004, ISBN 3-498-02969-X.
- Ludwig Mehlhorn (Hrsg.): Ohr der Kirche, Mund der Stummen. Harald Poelchau: eine Tagung zu seinem 100. Geburtstag. Wichern, Berlin 2004, ISBN 3-88981-166-3.
- Henriette Schuppener: „Nichts war umsonst“ – Harald Poelchau und der deutsche Widerstand. LIT, Berlin 2006, ISBN 3-8258-9315-4.
- Freundeskreis der evangelischen Akademie Berlin (West) (Hrsg.): Kommunität 1988: Grenzgänger – Wegbegleiter – Fürsprecher. 1988.
- Siegfried Mielke unter Mitarbeit von Marion Goers, Stefan Heinz, Matthias Oden, Sebastian Bödecker (Hrsg.): Einzigartig – Dozenten, Studierende und Repräsentanten der Deutschen Hochschule für Politik (1920–1933) im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Berlin 2008, ISBN 978-3-86732-032-0, S. 302–309.
Weblinks
- Literatur von und über Harald Poelchau im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Harald Poelchau. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL).
- Kurzer Lebenslauf mit Bild bei Ev. Kirchengemeinde Charlottenburg-Nord
- Klaus Harpprecht: Ein stiller Kämpfer, Die Zeit Nr. 41, 2. Oktober 2003
- Henriette Schuppener: Nichts war umsonst, Digitalisat, hier Erinnerung Poelchaus an Arvid Harnack
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