Hardtbergbahn

Hardtbergbahn
Lage der geplanten Strecke in Bonn

Die Hardtbergbahn ist ein Nahverkehrsprojekt in Bonn zur Anbindung der westlichen Stadtteile und des Stadtbezirks Hardtberg an das Stadtzentrum, das sich seit den 1970er Jahren in Planung befindet. Der Abschnitt durch die Weststadt ist umstritten und wurde mindestens drei Mal vollständig umgeplant.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Die Orte Poppelsdorf und Endenich, die 1904 nach Bonn eingemeindet worden waren, wurden im Laufe des Jahres 1907 durch zwei Straßenbahnlinien mit der Innenstadt verbunden: Die Linie 4, eröffnet am 1. März 1907, führte von der Quantiusstraße auf der Rückseite des Hauptbahnhofs über die Meckenheimer Allee nach Poppelsdorf und endete am Clemens-August-Platz. Die Linie 5 begann seit dem 4. Oktober 1907 ebenfalls an der Quantiusstraße und führte über die Endenicher Allee, Frongasse und Endenicher Straße zur Pastoratsgasse in Endenich. Mit der Eröffnung der Südunterführung am Hauptbahnhof am 1. Mai 1936 wird die Strecke nach Endenich Teil der Linie 3.

Als Bonn 1949 zur Bundeshauptstadt wird, steigen die Fahrgastzahlen enorm an. Der Fuhrpark ist zu diesem Zeitpunkt überaltert und dem Verkehrsbetrieb fehlen die Mittel für neue Fahrzeuge. Um dem dadurch bedingten Fahrzeugmangel zu begegnen, wird die Strecke nach Poppelsdorf im November 1953 und die nach Endenich im April 1955 auf Busse umgestellt.[1]

Westlich von Endenich und Poppelsdorf entstanden in folgenden Jahren mehrere Bundesministerien als Arbeitsplatzschwerpunkte und später mehrere Großsiedlungen. Diese Gebiete wurden 1969 nach Bonn eingemeindet und als Stadtbezirk Hardtberg zusammengefasst.

Planungsgeschichte

Stadtbahn-Zielnetz 1972

Mit steuerlichen Änderungen 1966 und später dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz erhielt die Stadt Bonn die Möglichkeit, ihr Schienennetz zu modernisieren.[2] Nach dem Baubeginn des ersten Tunnelabschnitts wurde ein Gesamtkonzept „Stadtverkehr Bundeshauptstadt Bonn“ entwickelt, das der Stadtrat am 15. Juni 1972 verabschiedete. Für die Stadtbahn war neben der Nord-Süd-Achse A eine Ost-West-Achse B vorgesehen, die im Osten die Siegburger Bahn (B1) und den Abschnitt der Siebengebirgsbahn bis Ramersdorf (B2) umfasste. Im Westen war eine Stadtbahnstrecke an den westlichen Rand von Endenich vorgesehen. Dort spaltete sich die Achse in eine Strecke nach Duisdorf (B3), die als Ersatz für die stilllegungsbedrohte Voreifelbahn vorgesehen war und eine Strecke zu Hardtberg (B4), die den Brüser Berg und das Verteidigungsministerium erschließen sollte. Der Bau der westlichen Strecken der B-Achse sollte zeitnah nach Fertigstellung der A-Strecken beginnen. Beim Bau des U-Bahnhofs Hauptbahnhof wurde des Zielkonzept bereits berücksichtigt und ein Tunnelstutzen angelegt. Der Tunnelstutzen befindet sich unter dem heutigen Busbahnhof und weist auf die Fußgängerunterführung zwischen Kaiserplatz und Poppelsdorfer Allee. Dieser Tunnelstutzen bildet den Ausgangspunkt für fast alle Planungen der Hardtbergbahn und wird derzeit als Abstellort des letzten Bonner Achtachsers genutzt, dieser ist daher nicht für die Öffentlichkeit zugänglich.

Erste Stadtbahnplanung

Streckenverlauf durch die Weststadt nach erster Planung

Der ursprüngliche Plan sah vor, den Tunnel der Hardtbergbahn der Poppelsdorfer Allee folgen zu lassen und an deren Ende unter die Meckenheimer Allee zu verschwenken. Am Poppelsdorfer Schloss war eine Haltestelle vorgesehen, westlich sollte die Strecke in einem weiten Bogen an die Reuterstraße/A 565 schwenken. Auf der Westseite der Poppelsdorfer Mensa sollte eine weitere Haltestelle liegen, bevor die Strecke die Autobahn, dem Wiesenweg folgend, überquert hätte. Endenich wäre in gerader Linie durchquert worden.

Da die Tunnel damals ausschließlich in offener Bauweise gebaut wurden, wäre es unvermeidlich gewesen, die Prachtstraße für die Hardtbergbahn nahezu komplett abzuholzen, was erbitterte Proteste provozierte. Schließlich gibt der Stadtrat 1980 die Pläne auf.[3]

Zweite Stadtbahnplanung

Streckenverlauf durch die Weststadt nach zweiter Planung

Im Jahre 1986 beauftragte der Stadtrat die Verwaltung, eine neue Planung für die Hardtbergbahn auszuarbeiten, die zwei Jahre später vorgelegt wird.[3] Nach dem neuen Plan soll der Tunnel vom Kaiserplatz in einem Bogen unter die Quantiusstraße führen und dann durch Colmantstraße und Endenicher Allee geführt werden. In Höhe Kaufmannstraße war eine Haltestelle vorgesehen. Vor der Poppelsdorfer Mensa sollte die Strecke nach Norden auf die zu überdeckelnde A 565 schwenken und am „Endenicher Ei“ auf die B 56 treffen. Entlang der mittlerweile als Umgehungsstraße ausgebauten B 56 sollte die Strecke zwischen Endenich und Neu-Endenich hindurch geführt werden.

Für die Straßenbahnstrecke nach Dottendorf war ein Anschluss der bestehenden Wendeanlage parallel zur Kaiserstraße an die oberirdische Strecke in den Königstraße vorgesehen.

Auch diese Streckenführung war umstritten. Dennoch erging 1993 ein Planfeststellungsbeschluss.

Straßenbahnplanung

Streckenverlauf durch die Weststadt nach dritter Planung

Die Kommunalwahl 1994 brachte einen Wechsel der Mehrheitsverhältnisse in Bonn. Die neue rot-grüne Ratsmehrheit ließ den Planfeststellungsbeschluss umgehend aufheben und beauftragte im folgenden Jahr eine neue Planung. Die neue Hardtbergbahn folgte im Wesentlichen der bisher vorgesehenen Streckenführung, verzichtete jedoch gänzlich auf Tunnel. Stattdessen sollte eine rein oberirdische Strecke gebaut werden, die auf die neuen Niederflurstraßenbahnen ausgelegt war. Die Fahrzeuge können engere Kurven befahren als die bislang vorgesehenen Stadtbahnwagen und benötigen keine Hochbahnsteige, um einen barrierefreien Einstieg zu ermöglichen. Dies ermöglichte es, in Hardtberg eine neue Streckenführung über den Schieffelingsweg zu planen, die die dortige Bebauung wesentlich besser erschlossen hätte als die vorherige Planung.

Kompromissplanung

Streckenverlauf durch die Weststadt nach aktueller Planung

Nach der Kommunalwahl 1999 hatte die CDU zunächst eine absolute Mehrheit im Stadtrat. Sie war im Wahlkampf dafür eingetreten, die Hardtbergbahn aufzugeben und stattdessen den Autoverkehr entlang der B 56 durch Bau einer Viktoriaunterführung[4] zu stärken. Im Frühjahr 2000 schließlich verständigten sich Vertreter von CDU und SPD, von diesen Plänen wieder abzurücken und eine erneute Planung zu starten, die unabhängig von wechselnden Ratsmehrheiten weiterverfolgt werden sollte.[5]

Die Hardtbergbahn wird weiterhin für Niederflur-Straßenbahnen geplant, jedoch soll sie am Hauptbahnhof an den vorhandenen Tunnelstutzen angeschlossen und von dort unterirdisch bis zur Autobahn geführt werden. Der Tunnel soll unterhalb der Poppelsdorfer Allee zur Baumschulallee geführt werden, wo sich die Strecke nach Dottendorf und die Hardtbergbahn verzweigen. Die Strecke nach Dottendorf erreicht auf einer Rampe vor dem Petruskrankenhaus die Oberfläche und vereinigt sich an der Kreuzung Bonner Talweg/Königstraße mit der bisherigen Strecke. Die Hardtbergbahn wird unter der Baumschulallee und der Endenicher Allee mit zwei Zwischenhaltestellen bis zur Poppelsdorfer Mensa geführt. Der weitere Streckenverlauf entspricht der Straßenbahnplanung, wobei ab der Provinizialstraße eine alternative Streckenführung entlang der Autobahn anstatt über den Schieffelingsweg geprüft wird, die das Gebiet schlechter erschließt, aber schneller wäre.

Im Oktober 2006 führte die Bezirksregierung Köln einen Erörterungstermin zur aktuellen Planung durch, bei dem der Stadt Bonn umfangreiche Auflagen gemacht wurden. Verfahrensunterlagen und Gutachten wurden als überarbeitungswürdig eingestuft. Zudem wurde festgestellt, dass für die Abdeckelung der Autobahn voraussichtlich keine Fördermittel zu erwarten seien.[6]

Aktuelle Planung

Ziele und Nutzen

Der öffentliche Nahverkehr im Bonner Westen hat mit dem Wachstum nicht Schritt gehalten. Der Stadtbezirk ist mit acht Buslinien im 20-Minuten-Takt und mehreren Ergänzungslinien erschlossen, die großteils über die stauanfällige B 56 verkehren. Zusätzlich befindet sich in Duisdorf der Bahnhaltepunkt Bonn-Duisdorf an der Voreifelbahn, der sich allerdings in Randlage befindet und zum Beispiel vom Wohngebiet Brüser Berg über zwei Kilometer und 80 Höhenmeter entfernt liegt. Entsprechend sehen die Verkehrsprognosen auch keinerlei Fahrgastrückgang für die Voreifelbahn durch die Hardtbergbahn.[7]

Kritik

Kritiker der Hardtbergbahn verteilen sich im Wesentlichen auf zwei Lager: Die einen lehnen das Projekt aus grundsätzlichen Erwägungen ab, die anderen sind Gegner der gegenwärtig verfolgten Planungsvariante.

Die grundsätzlichen Kritiker der Hardtbergbahn bestreiten den Nutzen des Projekts. Der Stadtbezirk Hardtberg ist nach ihrer Meinung durch die bestehenden Buslinien und die Voreifelstrecke ausreichend mit öffentlichem Nahverkehr versorgt.

Kritiker der aktuellen Planung kritisieren insbesondere den langen Tunnelabschnitt und die mit dessen Bau verbundenen Kosten und Umweltgefahren. Ein Wegfall von Bäumen und Parkplätzen in der Weststadt wird befürchtet.

Quellen/Einzelnachweise

  1. Karl-Heinz Nauroth: Straßenbahnen in Bonn. Verlag Kenning, Nordhorn 1989, ISBN 3-9800952-8-2
  2. Hans Schmitt, Stadtbahn Rhein-Sieg im Raume Bonn, in: Der Stadtverkehr, Heft 1/1973
  3. a b Stadtrat setzt Hardtbergbahn auf die Schiene, General-Anzeiger vom 1. Februar 2002
  4. Rats-Drucksache 9901055
  5. Rats-Drucksache 0013027
  6. Umfangreiche "Hausaufgaben" für die Stadt Bonn im Planfeststellungsverfahren Hardtbergbahn Pressemitteilung der Bezirksregierung Köln
  7. Vorhabendossier (PDF) der Integrierten Gesamtverkehrsplanung NRW

Weblinks


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