Hauszelle

Hauszelle

Als Hauskreise werden kleine Gruppen von Christen bezeichnet, die sich zum gemeinsamen Beten, Bibelstudium, Gedankenaustausch und Singen regelmäßig in Privatwohnungen treffen. Neben Hauskreis sind auch die Bezeichnungen Kleingruppe, Hauszelle, Zellgruppe oder Hausgruppe gebräuchlich.

Inhaltsverzeichnis

Organisation

Hauskreise sind meistens als Untergruppen einer größeren Gemeinde organisiert und stellen ein zusätzliches Angebot neben dem wöchentlichen Gottesdienst dar. Dies heißt jedoch nicht zwingend, dass jeder auch Mitglied derselben Gemeinde ist. Es gibt z. B. auch Hauskreise, die von übergemeindlichen Organisationen wie den Studentengruppen der Hochschul-SMD angeboten werden. Hauskreise, die zu keiner Gemeinde oder einer übergemeindlichen Organisation gehören, werden auch als Hausgemeinde bezeichnet, insbesondere, wenn die Mitglieder keiner anderen Gemeinde angehören.

Ein Hauskreis umfasst in der Regel 5-12 Personen (so viele, wie in ein Wohnzimmer passen). Hauskreise werden wegen ihrer zwanglosen Atmosphäre und den intensiven, freundschaftlichen Beziehungen, die darin entstehen können, geschätzt. Im Gegensatz zum Gottesdienst bietet der Hauskreis jedem Teilnehmer die Möglichkeit, sich mit eigenen Beiträgen aktiv zu beteiligen, zu diskutieren und persönliche Fragen zu klären. In der Zusammenkunft von Brüdern und Schwestern im Geiste und dem strikten Bezug auf das Evangelium, kommt es in Gebet, Gesang und Leben zu intensiven Glaubenserfahrungen, die sich sowohl auf das persönliche Befinden der Mitglieder als auch auf das der Gemeinde positiv (belebend) auswirkt.

Hauskreise bieten die Möglichkeit, mehr über den christlichen Glauben kennenzulernen. Freunde und Bekannte werden eingeladen, um an Bibelarbeiten und Diskussionsrunden teilzunehmen. Auf diese Weise sollten die Hauskreise allmählich wachsen und sich teilen, sobald sie zu groß geworden sind. Dieser Prozess ähnelt ein wenig der biologischen Zellteilung, darum werden Hauskreise auch als Zellgruppen oder als Hauszelle bezeichnet. Doch diese Art der Verbreitung ist nicht die Hauptmotivation des Hauskreises, sondern es ist eine Möglichkeit, andere Menschen kennenzulernen und in einer kleinen Gruppe über biblische Inhalte zu diskutieren.

Meist finden sich Christen in annähernd gleichem Alter, gleichem Familienstand und mit gleichen Interessen und Vorlieben in einem Hauskreis zusammen. Er gibt Raum, um in kleinem Kreis selbstständig über die Bibel nachzudenken. Dadurch kann es vereinzelt zu sektiererischen Tendenzen in Hauskreisen kommen, und gerade deshalb stehen manche Pfarrer und Gemeindeleitungen Hauskreisen kritisch gegenüber. Bei den meisten Hauskreisen ist diese Sorge jedoch unbegründet. Es kann immerhin auch die Attraktivität einer Gemeinde erhöhen, wenn sie für Menschen mit unterschiedlichen Interessen jeweils passende Hauskreise zu bieten hat.

Hauskreise in speziellen Gemeinden

Hauskreise im Methodismus

Der Methodismus basierte in seiner anfänglichen Organisation unter John Wesley ebenfalls auf einer Art von Hauskreisen, die dort als Klassen bezeichnet wurden.

Vor allem dienten diese Klassen der Unterweisung und Förderung der Gemeinschaft. Das "Miteinander auf dem Weg sein" sollte der Umsetzung im täglichen Leben dienen, was der Glaube lehrt. Glaube sollte sich nicht nur in der Kirche, sondern im täglichen Leben wiederfinden, auch und gerade im Bekämpfen der Süchte und Anfechtungen. Sich gegenseitig haltend, tragend und stützend, wurde diese Bewegung von Hauskreisen eine grundlegende Säule für die rasante Ausbreitung der englischen Reformation in England, den englischen Kolonien und nach der Unabhängigkeit in Amerika.

Gerade diese frommen Klassen waren es, welche deutsche Auswanderer derart beeindruckten, das die Auswanderer diese Art der Frömmigkeit zurück nach Deutschland brachten und so der Methodismus in Deutschland erstarkte.

Hauskreise im Pietismus

Eine wesentliche Rolle spielten Hauskreise im Pietismus, wo sie als Konventikel bezeichnet wurden, um die praxis pietatis (Frömmigkeitspraxis) im Alltag einzuüben. Im Neupietismus, wurden sie oft als Bibelstunde bezeichnet, in Süddeutschland auch einfach als Stund (sprich: Schdund). Von daher entwickelte sich der Ausdruck Stundenleute für aktive Pietisten, der dann zum russischen Stundisten wurde. In Süddeutschland und in der Schweiz werden fromme Männer auch abschätzig als Stündeler bezeichnet.

Verwandte und alternative Formen

Abgrenzung zur Hausgemeinde

Das Grundkonzept des Hauskreises als integraler Bestandteil von Gemeinde- und Missionsarbeit muss unterschieden werden vom Konzept der Hausgemeinde. Während der klassische Hauskreis in der Regel ein Gemeinschaftsangebot einer lokalen Gemeinde ist, versteht sich die Hausgemeinde als selbständige Gemeinde.

Minigruppen

Bei dem von Neil Cole entwickelten Konzept der Minigruppen treffen sich zwei bis vier Personen wöchentlich in gleichgeschlechtlichen Gruppen. Wesentliche Elemente von Minigruppen sind das gegenseitige Bekennen von Schuld, oft anhand eines Fragenkatalogs, Gebet füreinander und für Freunde und das Lesen größerer Bibelabschnitte (ca. 25-30 Kapitel) im Laufe der Woche. Das Konzept ist auf Wachstum durch Zellteilung ausgelegt: Sobald eine Minigruppe 4 Mitglieder hat, teilt sie sich nach einiger Zeit in zwei Zweiergruppen. Einige Gemeinden kombinieren Minigruppen mit Hauskreisen, indem mehrere Minigruppen gemeinsam einen Hauskreis bilden, und sich abwechselnd als Minigruppen und Hauskreis treffen.[1].

Pastorates

Die Holy Trinity Brompton Church, eine anglikanische Gemeinde, in der auch der Alphakurs entstanden ist, hat ein Konzept namens Pastorates entwickelt. Mehrere Hauskreise bilden zusammen ein Pastorate, welches insgesamt ca. 20-35 Personen umfasst. Das Pastorate findet alle 14 Tage in einer Privatwohnung mit ausreichend Platz statt. In der Woche dazwischen treffen sich die einzelnen Hauskreise, aus denen das Pastorat besteht, an getrennten Orten.

Der Ablauf eines Pastorates orientiert sich an den Alphakurs-Abenden: Nach einem gemeinsamen Abendessen beginnt der thematische Teil mit einer kurzen Lobpreis-Zeit. Anschließend hält einer der Teilnehmer einen ca. 30-minütigen Vortrag. Zum Abschluss finden Austausch und Gebet in den einzelnen Hauskreisen statt. Da alle Programmpunkte von den Teilnehmern gestaltet werden, sind Pastorates für die Teilnehmer eine gute Möglichkeit, Geistesgaben zu entdecken und zu trainieren, und verschiedene Aufgaben in einem überschaubaren Rahmen auszuprobieren.

Die Pastorates stellen eine Zwischenform dar zwischen Hauskreisen und Sonntagsgottesdienst. Oft entstehen aus Pastorates auch Neugründungen von selbständigen Gemeinden. Das Konzept der Pastorates wird inzwischen auch von anderen Gemeinden, hauptsächlich innerhalb der Anglikanischen Kirche verwendet.[2]

G12

Bei dem von Cesar Castellanos, dem Pastor einer kolumbianischen Megagemeinde (sehr große Kirchengemeinde), entwickelten Konzept der G12-Gruppen begleitet der Leiter eine G12-Gruppe als Mentor (engl. discipling). Nach einiger Zeit bilden die 12 Mitglieder eigene G12-Gruppen, bleiben aber weiterhin Teil der ursprünglichen Gruppe. Dadurch entsteht eine pyramidale Struktur. Im deutschsprachigen Raum wird das G12-Konzept vor allem in den Gemeinden des ICF Movement verwendet.

Literatur

  • Michael Herbst: Und sie dreht sich doch!, ISBN 3-894-90361-9
  • Heino Masemann: Hauskreise - Baustein der Gemeindearbeit, ISBN 3-765-59060-6
  • Neil Cole:Klein und stark - Minigruppen: ein Weg zur ganzheitlichen Nachfolge. C & P Verlag, ISBN 3-928093-40-1

Siehe auch

  • Durch die Bibel (Material, das in zahlreichen Hauskreisen Verwendung findet)

Weblinks

  • G12 Vision (weiterführender englischsprachiger Wikipedia-Artikel über das G12-Konzept)
  • AMD Hauskreise (Hauskreisarbeit der Evangelischen Landeskirche)

Fußnoten

  1. Neil Cole:Klein und stark - Minigruppen: ein Weg zur ganzheitlichen Nachfolge. C & P Verlag, ISBN 3-928093-40-1
  2. http://www.htb.org.uk/pastorates/ Informationen auf der Website der Holy Trinity Brompton Church

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