Heimatfront

Heimatfront

Heimatfront bezeichnet die Einbeziehung der Zivilbevölkerung in Kriegshandlungen, auch wenn die eigentliche Front außerhalb der Lebensräume der Bevölkerung liegt. Diese Einbeziehung kann zum Beispiel durch kriegerische Handlungen hinter der Front (wie Bombenangriffe) oder durch Arbeit der Zivilbevölkerung in der Rüstungsindustrie oder militärischen Logistik geschehen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Bedeutung von ziviler Produktion und Unterstützungsdiensten in der Kapazität einen Krieg zu führen, wurde erstmals während der 25 Jahre dauernden französischen Revolution und in den Napoleonischen Kriegen sichtbar, als Großbritannien fähig war, die verschiedenen Koalitionen, die Frankreich gegenüberstanden, zu unterstützen und teilweise sogar zu bewaffnen. Obwohl Großbritannien eine weitaus kleinere Bevölkerung als Frankreich hatte, glichen Großbritanniens globaler maritimer Handel und seine frühe Industrialisierung, Frankreichs zahlenmäßige Überlegenheit, durch eine stärkere Wirtschaft aus.

Während des amerikanischen Bürgerkrieges, erwies sich die höhere individuelle Produktivität der nordamerikanischen Fabriken als ein signifikanter Faktor, den Krieg zu gewinnen, da die Generäle auf beiden Seiten ungefähr dieselben militärischen Fähigkeiten besaßen.

Im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 sowie im Ersten Weltkrieg 1914-1918 etabliert sich das Schlagwort auch in Deutschland.

Zweiter Weltkrieg

Rosie die Nieterin als Sinnbild der Mobilisierung der Zivilbevölkerung in den USA

Verbreitung fand der Begriff in Deutschland aber vor allem während des Zweiten Weltkriegs. Hier war die deutsche Zivilbevölkerung durch militärische Produktion und Logistik stark beansprucht, und wurde über Luftangriffe in Kampfhandlungen einbezogen, lange bevor die eigentliche Front ihre Wohngebiete erreicht hatte. Der Begriff wurde in dieser Zeit propagandistisch genutzt, um dem deutschen Volk zu suggerieren, dass die Kooperation auch von Zivilisten für den Kriegserfolg entscheidend wäre, und um die Anstrengungen der Bevölkerung als militärisch bedeutsam darzustellen. Durch die herausragende Verwendung durch die NS-Propaganda wird das Wort fälschlicherweise zur Sprache des Nationalsozialismus gezählt und ist daher negativ belegt, ist im Grunde aber nicht ns-genuin.

Die Mobilisierung im Deutschen Reich erfasste propagandistisch alle Lebensbereiche. Dies kommt in der von Joseph Goebbels geprägten Bezeichnung des „totalen Kriegs“ zum Ausdruck. Die Einbeziehung von Frauen in die Rüstung und deren Mobilmachung war aber, aufgrund ideologischer Vorbehalte sowie der Zwangsarbeit von KZ-Häftlingen und Kriegsgefangenen, in Deutschland und den besetzten Gebieten deutlich weniger umfangreich als etwa in Grossbritannien und den USA unter dem Stichwort Home Front. Dies trug nicht unwesentlich zum Sieg der Alliierten im Zweiten Weltkrieg bei (vgl. die sogenannte „Tiefenrüstung“).

Während der Invasion der Sowjetunion durch das Deutsche Reich bewegten sowjetische Soldaten und Zivilisten die Standorte ihrer Fabriken weg von der Front (manchmal wurden ganze Fabrikanlagen zerlegt und anderswo wiedererbaut) und begannen, systematisch mittelschwere T-34 Panzer und Schlachtflugzeuge des Typs Il-2 in großen Stückzahlen, zu produzieren.

Das norwegische Äquivalent, die Hjemmefront, gibt das durchweg positiv besetzte Bild eines norwegischen Widerstands gegen die Deutschen im Zweiten Weltkrieg wieder, der alle Lebensbereiche umfasste. [1]

Literatur

  • Alexander Seyferth: Die Heimatfront 1870/71. Wirtschaft und Gesellschaft im deutsch-französischen Krieg (= Krieg in der Geschichte, Band 35), Paderborn [u.a.]: Schöningh 2007.
  • Sven Oliver Müller: Deutsche Soldaten und ihre Feinde. Nationalismus an Front und Heimatfront im Zweiten Weltkrieg, Frankfurt am Main: Fischer 2007.

Belege

  1. Zur norwegischen Heimatfront Vgl. Terje Rollem

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