Heinrich Deterding

Heinrich Deterding
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Sir Henri Wilhelm August Deterding, KBE (* 19. April 1866 in Amsterdam; † 4. Februar 1939 in St. Moritz) war ein niederländischer Industrieller und Gründer und Hauptaktionär des Shell-Konzerns und war in seiner Zeit einer der reichsten Männer der Welt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Aufwachsen und erste Arbeitsstellen

August Wilhelm Heinrich Deterding, der sich gerne „Napoleon des Öls“ nennen ließ, entstammte einer holländischen Bürgerfamilie, die im 17. Jahrhundert ein Vermögen machte, indem sie das alte Familiengeheimnis zur Züchtung von Zwiebeln für blauen Tulpen an einen Prinzen aus dem Hause Oranien verkaufte.

Das Vermögen hielt sich allerdings nicht lange in der Familie. Heinrichs Vater war Kapitän eines holländischen Handelsschiffes. Nach seinem Ableben reichte seine bescheidene Hinterlassenschaft gerade dazu, die älteren Söhnen einen standesgemäßen Beruf erlernen zu lassen. Heinrich Deterding selbst wurde mit sechzehn Jahren, als Lehrling, in ein Amsterdamer Bankhaus gesteckt. Seine Leistungen dort waren mangelhaft. Nach Angaben des ausbildenden Buchhalters wiesen seine Berechnungen immer wieder Fehler auf, da Detering mit den Gedanken nicht bei der Sache gewesen sei. Da er aus diesem Grund schlechte Aussichten auf eine Anstellung in Europa hatte, bewarb er sich um Stellen im Ausland.

Arbeitsstellen in Medan - Koninklijke Maatschappij Tot Exploatatie van Petroleumbronnen in Neederländisch-Indie

Für die Filiale der niederländischen Handelsgesellschaft in Medan in Niederländisch-Indien wurden zwei junge Beamte gesucht. Er bekam eine der beiden Stellen, doch auch hier waren seine Leistungen mangelhaft. Die andere Stelle bekam ein Herr Waahat, der später Präsident der größten niederländischen Kolonialbank, der niederländischen Handelsgesellschaft wurde.

1922 heiratete er Lydia Pawlowna, die Tochter eines russischen Generals, von der er sich 1936 wieder scheiden ließ.

In Medan lernte Deterding August Keßler kennen. Keßler hatte ein Unternehmen mit Namen: "Koninklijke Maatschappij Tot Exploatatie van Petroleumbronnen in Neederländisch-Indie", ein mineralölförderndes Unternehmen also. Er bot Deterding eine Stelle als Verkaufsdirektor, Deterding sagte zu und bat um Entlassung bei der niederländischen Handelsgesellschaft. Keßler war, als er den mittlerweile dreißig Jahre alten Deterding kennenlernte nicht mehr bei bester Gesundheit, er verstarb nicht lange nach der Einstellung Deterdings.

Aufkauf durch Standard Oil verhindert

Da sein Sohn August junior noch nicht mündig war, übertrug Keßler bis zur Mündigkeit seines Sohnes die Verwaltung des Geschäftes an Deterding. Zu jener Zeit war man am Broadway 26, dem Zentralbüro der Standard Oil Company, dem seiner Zeit größten Mineralölkonzern der Welt auf Deterdings Geschäft aufmerksam geworden und es wurde veranlasst, es aufzukaufen. Als Deterding also nach Holland kam, um seinen Aktionären Bericht über den Stand der Dinge vorzulegen, waren fast alle sehr geneigt zu verkaufen. Deterding nicht, und er konnte den Verkauf aufgrund des Testamentes Keßlers abwenden. Es war jedoch absehbar, das sich die Standard Oil Cie. nicht so einfach geschlagen geben würde. Zudem hatte man im Kampf um das große Öl in London den Anschluss verpasst. Aufgrund dieser Tatsache konnte Deterdings Firma hier nicht durch ein anderes Unternehmen geschluckt werden. Andererseits konnte es sich der Unterstützung der Britischen Regierung gewiss sein.

Die Shell

Der Muschelhandel von Marcus Samuel - die Muschel im späteren Wappen - Ölmarkt in China und in den USA

Er lernte einen Mann namens Marcus Samuel (später 1. Viscount Bearsted) kennen, ein englischer Jude, welcher das von seinem Vater begründete Unternehmen The Shell Transport and Trading Company hatte und das Wohlwollen der Rothschilds als internationales Bankenhaus genoss. Mit ihm tat sich Deterding zusammen. China war seit zwanzig Jahren eine Domäne Rockefellers gewesen. Deterding konnte hiermit eine logistische Überlegenheit in der Region erlangen und aufgrund dieser Tatsache die Preise der Standard Oil unterbieten. Nach langem Preiskampf teilten sich Shell und Standard Oil schließlich ab 1911 den chinesischen Markt.

Deterding kaufte nun alles an Ölquellen auf dem US-Amerikanischen Boden, was er bekommen konnte. Da die Standard Oil Company bis dahin auf den Erwerb der Quellen keinen Wert legte, gab es dort viel zu erwerben.

Die Zweifel an den Ölquellen in den USA - Fund neuer Ölquellen in den USA

Die Shell-Cie. förderte danach bis zu vierzig Prozent ihres Öls aus dem Boden der USA. Es war Politik Deterdings Quellen auf anderen Kontinenten zu schonen und zuerst die der Vereinigten Staaten von Amerika zu leeren. Später sagte der englische Erdölbankier Edward Mackay folgende Worte:

"Gerade als die Amerikaner sich daran gewöhnt hatten, zwanzig mal mehr Erdöl pro Kopf zu verwenden, als in Großbritannien verwendet wird; gerade als die Erfindungen die Nachfrage nach Erdöl für die Industrie in unabsehbare Maße gesteigert haben; gerade als der Satz 'Erdöl ist König!' genau so allgemein und war wurde wie vor zwanzig Jahren der Satz 'Stahl ist König!'; gerade zu diesem Zeitpunkt, da das Erdöl das Geld bestimmt, statt das Geld das Erdöl, sehen die Vereinigten Staaten, dass die Hauptquellen in ihrem eigenen Land zu versiegen beginnen, und daß eine Zeit kommt in der sie, statt den Erdölmarkt der Welt zu beherrschen, mit anderen Ländern um ihren Anteil am Rohprodukt sich bewerben müssen. Die Britische Stellung ist unbezwingbar. Alle bekannten Ölfelder, alle möglichen oder wahrscheinlichen Ölfelder außerhalb der Vereinigten Staaten selbst, sind in britischen Händen, oder unter britischer Leitung, oder Kontrolle, oder wenigstens durch britisches Geld finanziert."

Die Aussage war korrekt in Bezug darauf, dass man sagen konnte, dass die wichtigsten Quellen in den USA in absehbarer Zeit versiegen würden. Allerdings weitaus weniger korrekt in fast allen anderen Punkten, da man von vielen weiteren, heute bekannten Erdölquellen damals noch nicht ein mal etwas ahnte.

Deterding und die Nazis

Deterding-Biograph Glyn Roberts schreibt in „The most powerful man in the world“, dass Deterding schon 1921 von Hitler beeindruckt gewesen sei und ihm schon in jenen frühen Tagen durch den Agenten Georg Bell vier Millionen Gulden gespendet habe. Diese Spende wurde 1923 nach dem misslungenen Putschversuch Hitlers aber beschlagnahmt.

Er unterstützte finanziell die deutschen Freikorps, die im Osten kämpften, und bewaffnete Aufstände in der Sowjetunion. Schon früh finanzierte er Alfred Rosenberg, der ihn 1931 und im Mai 1933 in seinem Landhaus in Buckhorst Park in Ascot besuchte.

1922 gründete er die Internationale Gruppe der Ölgesellschaften in Russland. Im Jahre 1922 engagierte er den Leiter des englischen Militärspionagedienstes George MacDonogh als politischen Berater. Sein Verbindungsmann zur SA war der internationale Spion Georg Bell.

1926 und 1927 fanden in London unter der Ägide von Deterding Konferenzen statt, auf denen die Pläne des Industriellen Arnold Rechberg und des Generals Max Hoffmann, einen antisowjetischen Feldzug zu führen, beraten wurden. 1937 spendete er 10 Millionen holländischer Gulden an Adolf Hitler.

Außerdem gehörten ihm zunächst 60 Prozent der kaukasischen Erdölvorkommen, von denen er im Zuge der Oktoberrevolution von 1917 enteignet wurde. Mit ungeheuren Summen entfesselte er eine Kampagne gegen den Kauf des „stolen oil“.

1936 erwarb Deterding das Rittergut Dobbin bei Krakow am See in Mecklenburg[1]. Sein persönlicher Freund, der Direktor der Deutschen Bank Emil Georg von Stauß, hatte sein Gut in unmittelbarer Nachbarschaft.

Deterding soll (gemäß Roberts) Hitlers NSDAP bis zu 55 Millionen Pfund gespendet haben, mit dem Gedanken, dass ihm dies zu einer besseren Position auf dem deutschen Ölmarkt verhelfen würde. Dokumente sind jedoch (gemäß Sutton) unauffindbar.

1937 spendete Deterding dem deutschen Winterhilfswerk 40 Millionen Reichsmark. Joseph Goebbels notierte dazu am 12. Januar 1937 in seinem Tagebuch:

"Hilgenfeld berichtet W.H.W. Deterding hat 40 Millionen gestiftet."[2]

Nach seinem Tod am 4. Februar 1939 versammelte sich bei seiner Beerdigung die Naziprominenz Mecklenburgs. Adolf Hitler schickte einen Prunkkranz, die Grabrede hielt Emil Georg von Stauß, in der er ihn "als einer der ersten Vorkämpfer gegen den Weltbolschewismus"[3] lobte. Deterding wurde auf seinem Gut beigesetzt, jedoch erfolgte 1968 auf Veranlassung seiner Familie die Umbettung nach Liechtenstein. Der aus einem Findling bestehende Grabstein ist bis heute vorhanden[4].

Zitate

  • „Wenn ich Diktator der Welt wäre, so würde ich alle Faulen erschiessen, sobald ich ihrer ansichtig werde.“
  • „Es ist unmöglich, die Zukunft vorherzusagen, aber gefährlich es nicht zu tun.“

Literatur

  • Paul Hendrix: Sir Henri Deterding and Royal Dutch–Shell: Changing Control of World Oil, 1900–1940. Bristol Academic Press 2002, ISBN 0-9513762-8-4
  • Glyn Roberts: The most powerful man in the world. The Life of Sir Henry Deterding (mit Angabe der Verbindungen zu Hitler und zur NSDAP) ISBN 0-883-55301-5 , EAN 978-0-883-55301-5
  • Paul Hendrix (2002). Sir Henri Deterding and Royal Dutch–Shell: Changing Control of World Oil, 1900–1940. Bristol Academic Press. ISBN 0-9513762-8-4.
  • Antony C. Sutton: Wall Street and the Rise of Hitler (mit Angabe der Verbindungen zu hiter und zur NSDAP) ISBN 0-945001-53-3, auch in Onlineversion (Kapitel 7)
  • Albert Norden: Fälscher, Berlin 1959

Quellen

  1. Angelika Schmiegelow-Powell, „Güstrow im Umbruch“, Edition Temmen 2003 ISBN 3-86108-392-2
  2. Elke Fröhlich: Die Tagebücher von Joseph Goebbels, Sämtliche Fragmente, München, New York, London, Paris 1987, Teil 1, Band 3, S. 8
  3. Mecklenburgische Monatshefte (Schwerin), 1939, S. 196 ff. Zitiert nach: Albert Norden: Fälscher, Berlin 1959, S. 60
  4. Angelika Schmiegelow-Powell, "Güstrow im Umbruch", Edition Temmen 2003 ISBN 3-86108-392-2



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