Heinrich Fichtenau

Heinrich Fichtenau

Heinrich Fichtenau (* 10. Dezember 1912 in Linz; † 15. Juni 2000 in Wien) war ein österreichischer Historiker und Diplomatiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Fichtenau war das einzige Kind des Beamten Heinrich von Fichtenau und der Maria, geb. Schachermeyr, der Schwester des Althistorikers Fritz Schachermeyr. Seit 1931 studierte Heinrich Fichtenau Geschichte in Wien und schloss 1935 seine Ausbildung am Institut für Österreichische Geschichtsforschung ab. 1936 wurde er Assistent von Hans Hirsch bei der Edition der Diplome Konrads III. für die Monumenta Germaniae Historica. Er promovierte mit einer Dissertation über die Landeshoheit in der Dauphiné und in Savoyen. 1940 zur Wehrmacht eingezogen, gelang es Fichtenau, unter widrigsten Verhältnissen 1942 seine Habilitation abzuschließen. Nach zwei weiteren Kriegsjahren in der Ukraine wurde er 1944 unabkömmlich gestellt und erlebte den Zusammenbruch 1945 in Wien mit.

Auf Betreiben Leo Santifallers wurde Fichtenau 1950 zum außerordentlichen Professor für mittelalterliche Geschichte in Wien ernannt. Von 1962 bis zu seiner Emeritierung 1983 war er Ordinarius für mittelalterliche Geschichte und historische Hilfswissenschaften und zugleich Vorstand des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Unter seinen Ehrungen sei das ihm 1989 verliehene Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst hervorgehoben.

Fichtenau war Verfasser zahlreicher grundlegender Monographien und Aufsätze sowohl zur Geschichte als auch zu den historischen Hilfswissenschaften. Mehrere seiner Bücher wurden ins Englische übersetzt, so dass Fichtenau zu dem im anglophonen Bereich bestrezipierten österreichischen Mediävisten seiner Zeit wurde. Kennzeichnend für Fichtenau war es, Geschichte an Anekdoten zu exemplifizieren und immer auch als historische Anthropologie zu verstehen, die viel über menschliche Denk- und Verhaltensweisen aussagt.

Auszeichnungen

Schriften

Monographien

  • Mensch und Schrift im Mittelalter. Universum, Wien 1946 (Veröffentlichungen des Instituts für österr. Geschichtsforschung 5).
  • Grundzüge der Geschichte des Mittelalters. Universum, Wien 1947 (Universum-Bibliothek des Wissens 23).
  • Das karolingische Imperium. Soziale und geistige Problematik eines Großreiches. Fretz & Wasmuth, Zürich und Geitner, Wien 1949. (Englisch unter dem Titel The Carolingian Empire: The Age of Charlemagne. Übersetzt von Peter Munz. Toronto, London 1957.)
  • mit Erich Zöllner: Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich. Teil 1 und 2. Holzhausen, Wien 1950 und 1955.
  • Arenga. Spätantike und Mittelalter im Spiegel von Urkundenformeln. Böhlau, Graz, Köln 1957 (Mitteilungen des Institutes für österreichische Geschichtsforschung (MIÖG) Ergänzungsband 18).
  • Das Urkundenwesen in Österreich vom 8. bis zum frühen 13. Jahrhundert. Böhlau, Wien, Köln, Graz 1971 (MIÖG Ergänzungsband 23).
  • Lebensordnungen des 10. Jahrhunderts. Studien über Denkart und Existenz im einstigen Karolingerreich. Hiersemann, Stuttgart 1984. (Englisch unter dem Titel Living in the Tenth Century: Mentalities and Social Orders. Übersetzt von Patrick J. Geary. Chicago, London 1991.)
  • Ketzer und Professoren. Häresie und Vernunftglaube im Hochmittelalter. München 1992. (Englisch unter dem Titel Heretics and Scholars in the High Middle Ages, 1000–1200. Übersetzt von Denise A. Kaiser. Philadelphia 1998.)

Kleine Schriften

  • Sammlung der bis 1975/77/86 erschienen kleinen Schriften in: Beiträge zur Mediävistik. Band 1: Allgemeine Geschichte. Stuttgart 1975. Band 2: Urkundenforschung. Stuttgart 1977. Band 3: Lebensordnungen – Urkundenforschung – Mittellatein. Stuttgart 1986.
  • Forschungen über Urkundenformeln. Ein Bericht. In: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. (MIÖG) 94, 1986, S. 285–339.
  • „Dei gratia“ und Königssalbung. In: Geschichte und ihre Quellen. Festschrift für Friedrich Hausmann. Graz 1987, S. 25–35.
  • Zur Erforschung der Häresien des 11. und 12. Jahrhunderts. In: Römische Historische Mitteilungen. 31, 1989, S. 75–91.
  • Urkundliche Quellen. In: Österreich im Hochmittelalter (907–1246). (Veröffentlichungen der Kommission für die Geschichte Österreichs 17, Wien 1991), S. 33–48.
  • Diplomatiker und Urkundenforscher. In: MIÖG. 100, 1992, S. 9–49.
  • „Stadtplanung“ im frühen Mittelalter. In: K. Brunner und B. Merta (Hrsg.): Ethnogenese und Überlieferung. (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 31.) Wien, München 1994, S. 232–249.

Literatur

  • Winfried Stelzer: Heinrich Fichtenau †. In: MIÖG. 109, 2001, S. 272–284.

Weblinks


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