Heinrich Freiherr von Herzogenberg

Heinrich Freiherr von Herzogenberg
Elisabeth und Heinrich von Herzogenberg

Heinrich Peter Freiherr von Herzogenberg (Picot de Peccaduc) (* 10. Juni 1843 in Graz; † 9. Oktober 1900 in Wiesbaden) war ein österreichischer Komponist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Herzogenberg entstammt einem französischen Adelsgeschlecht, das in der Zeit der Französischen Revolution nach Österreich ausgewandert war. Seit 1811 hatte die Familie den ursprünglichen Titel ‚Picot de Peccaduc’ eingedeutscht. Herzogenberg studierte nach einer Schulzeit in seiner Geburtsstadt in an der Universität von Wien Jura und am Konservatorium bei Felix Otto Dessoff Musik.

Über seinen Lehrer kam er in Kontakt mit Johannes Brahms. In der Wiener Gesellschaft lernte er seine spätere Frau ‚Elisabeth von Stockhausen’ kennen, die eine Tochter des hannoverschen Gesandten am Hof war.

Nach erster künstlerischer Tätigkeit in seiner Heimatstadt Graz übersiedelte er 1872 nach Leipzig und gründete dort 1874 gemeinsam mit Franz von Holstein, Philipp Spitta und Alfred Volkland den Leipziger Bach-Verein, den er ab 1875 auch selbst leitete.

Unter seiner Anregung wurde das Bachsche Kantatenwerk erstmals einem größeren Publikum zugänglich. Die Beschäftigung mit dem Werk Bachs beeinflusste auch den eigenen Kompositionsstil nachhaltig. Die Bekanntschaft mit Brahms vertiefte sich, ein reger Briefwechsel, auch zu aktuellen Kompositionsfragen, ebnete den Weg für Besuche Brahms in Leipzig.

Seit 1885 unterrichtete er als Professor für Komposition an der Berliner Hochschule für Musik, die Berufung dorthin hatte Spitta vorbereit. Zwischen den beiden Familien entwickelte sich eine lebenslange Freundschaft, mehrfach verbrachten sie ihre Urlaube gemeinsam im Appenzeller Land. 1891 begann Herzogenberg den Bau eines Sommerhauses in Heiden mit Blick auf den nahe gelegenen Bodensee. Vor der Fertigstellung des Hauses verstarb Elisabeth von Herzogenberg 44-jährig an einem langjährigen Herzleiden.

1893 befreundete sich Herzogenberg auch mit dem jüngeren Bruder des Musikwissenschaftlers Spitta, dem Theologen Friedrich Spitta, der in Straßburg lehrte. Unter dem Eindruck des plötzlichen Todes von Philipp Spitta und der erstarkenden Freundschaft zu dessen Bruder wandte sich Herzogenberg der Komposition von Kirchenmusik zu, nachdem zuvor sein Schaffensschwerpunkt auf der Kammermusik, Chor- und Sololiedern und zwei Sinfonien gelegen hatte. In den folgenden Sommern entstanden in Heiden die Liturgischen Gesänge, das Oratorium Die Geburt Christi, die Choralkantate Gott ist gegenwärtig und schließlich als ein über zweistündiges Werk Die Erntefeier.

Eine sich verstärkenden Rheumaerkrankung zwang Herzogenberg immer wieder zur Unterbrechung seiner Berliner Lehrtätigkeit und er siedelte nach einigen Kuraufenthalten in Wiesbaden endgültig in diese Stadt um, wo er im Jahr 1900 verstarb. Seine letzte Ruhestätte fand Herzogenberg auf dem Nordfriedhof in Wiesbaden.

Seine Frau Elisabeth von Herzogenberg (geb. von Stockhausen, * 13. April 1847 in Paris; † 7. Januar 1892 in San Remo) war eine hochbegabte Pianistin, die u.a. für Johannes Brahms als oft erste Rezensentin seiner Werke eine große Bedeutung hatte.

Werke

Herzogenberg komponierte zwei Sinfonien, die sinfonische Dichtung Odysseus, Kammermusik und Chorwerke, Klavierstücke und Lieder. Seine Werke zeigen deutlich den Einfluss seines Freundes Johannes Brahms, der seinerseits Elisabeth von Herzogenberg zwei Rhapsodien (Op. 79, Agitato h-moll und Molto passonato g-moll) widmete.

Kammermusik

  • Duo für Violoncello und Klavier op. 12 (1872)
  • Klavierquintett C-Dur op. 17 (1876)
  • Streichquartett d-Moll op. 18 (1876)
  • Klaviertrio c-Moll op. 24 (1877)
  • Zwei Streichtrios A-Dur, F-Dur op. 27 (1879)
  • Sonate für Violine und Klavier op. 32 (1882)
  • Klaviertrio d-Moll op. 36 (1884)
  • Drei Streichquartette g-Moll, d-Moll, g-Moll op. 42 (1884)
  • Quintett für Klavier, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott Es-Dur op. 43 (1884)
  • Sonate für Violoncello und Klavier a-Moll op. 52 (1886)
  • Sonate für Violine und Klavier Es-Dur op. 54 (1887)
  • Trio für Klavier, Oboe und Horn op. 61 (1889)
  • Legenden für Viola (oder Violoncello) und Klavier op. 62 (1890)
  • Streichquartett f-Moll op. 63 (1890)
  • Sonate für Violoncello und Klavier D-Dur op. 64 (1890)
  • Klavierquartett e-Moll op. 75 (1892)
  • Streichquintett c-Moll op. 77 (1892)
  • Sonate für Violine und Klavier d-Moll op. 78 (1892)
  • Sonate für Violoncello und Klavier Es-Dur op. 94 (1897)
  • Klavierquartett B-Dur op. 95 (1897)

CD-Einspielungen

  • Die Geburt Christi“ op. 90: 1990 erschien im Hänssler Verlag eine CD mit dem Kammerchor der Hochschule der Künste Berlin und dem Ensemble Oriol, Leitung: Christian Grube, sowie mit bekannten Berliner Sängern der damaligen Zeit (Regina Schudel, Sopran; Peter Maus, Tenor). 2006 folgte beim Plattenlabel cpo eine Einspielung mit dem Ökumenischen Hochschulchor Würzburg unter der Leitung von Matthias Beckert.
  • „Die Passion“ op. 93 mit dem Ex Tempore Chor & Orchester unter der Leitung von Florian Heyerick

Verschiedenes

  • „Deutsches Liederspiel“ für Soli, Chor und Klavier zu vier Händen
  • „Stern des Liedes“ für Chor und Orchester
  • „Die Weihe der Nacht“ für Alt, Chor und Orchester
  • Nannas Klage“ für Soli, Chor und Orchester
  • Psalm 116 für vierstimmigen Chor a cappella
  • Psalm 94 für Soli, Doppelchor und Orchester
  • „Königspsalm“ für Chor und Orchester
  • Requiem für Chor und Orchester
  • „Totenfeier“
  • Messe für Soli, Chor und Orchester
  • Die Geburt Christi“ op. 90 (1894), Kirchenoratorium für Soli, Gemeindegesang und Orchester
  • „Die Passion“, op. 93 (1896), Kirchenoratorium für Soli, Gemeindegesang und Orchester
  • „Erntefeier“, op. 104 (1899), Kirchenoratorium für Soli, Gemeindegesang und Orchester

Schüler

Literatur

Weblinks


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