- Heinrich Friedjung
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Heinrich Friedjung (* 18. Januar 1851 in Roschtin, Mähren; † 14. Juli 1920 in Wien) war ein österreichischer, deutschnationaler Historiker, Publizist und Journalist.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Friedjung entstammte einer jüdischen Kaufmannsfamilie aus Mähren, war aber kein Anhänger des mosaischen Bekenntnisses. Er besuchte in Wien das Gymnasium und studierte Geschichte an den Universitäten in Prag und Berlin, unter anderem bei Theodor Mommsen und Leopold von Ranke. Von 1873 bis 1879 unterrichtete er Geschichte und Deutsch an der Wiener Handelsakademie, wurde dort aber aus politischen Gründen entlassen. Friedjung hatte nämlich 1877 unter dem Titel: Der Ausgleich mit Ungarn eine Studie veröffentlicht, die innerhalb eines Jahres drei Auflagen erlebte und somit die öffentliche Diskussion über die 1867 getroffenen politischen Vereinbarungen mit Ungarn stark prägte. Diese waren alle zehn Jahre neu zu beschließen, sodass Friedjungs Schrift gerade 1877 besonders aktuell war. Er griff darin das 1867 mit Ungarn geschlossene Abkommen heftig an, weil es seiner Meinung nach die cisleithanische Reichshälfte noch stärker schädigte als die verlorene Schlacht bei Königgrätz:
„Im Jahre 1866 waren wir von unseren eigenen Landsleuten besiegt worden; was der eine Theil Deutschlands verlor, gewann der andere. Dagegen haben wir uns 1867 einem an Bildung und wirtschaftlichem Sinn tief unter uns stehendem Volke gefügt, dem wir die Hegemonie im politischen Sinne und das Verfügungsrecht über unser Militärbudget zugestanden, sodaß faktisch eine Tributpflicht an den ungarischen Staat stattfindet.[1]“
Diese mit großer Medienreichweite verbreitete Polemik gegen die eigene Regierung führte zu seiner Entlassung als Lehrer an der Handelsakademie.
Ab 1880 war Friedjung politisch aktiv. Zusammen mit Victor Adler und Georg von Schönerer war er 1882 einer der Mitverfasser des Linzer Programms. 1883 bis 1886 war er Herausgeber der Deutschen Wochenschrift und 1886 bis 1887 Chefredakteur der Deutschen Zeitung, dem offiziellen Parteiorgan der Deutschnationalen Partei. Aber schon kurze Zeit später verließ Friedjung, wegen der antiösterreichischen Politik und der zunehmend antisemitischen Tendenzen, die Deutschnationale Bewegung und wurde 1891 bis 1895 Mitglied des Wiener Gemeinderats. Er vertrat weiterhin eine liberal-zentralistische deutschbetonte Politik, die sich auch in seinen Werken widerspiegelte.
1909 kam es zu einem vielbeachteten Prozess, in dem Friedjung beschuldigt und öffentlich bloßgestellt wurde, gutgläubig gefälschte Dokumente und Quellen verwendet zu haben, die ihm durch den Außenminister Graf Aehrenthal übergeben worden waren.
Auf deren Grundlage begründete Friedjung im Auftrag des Ministers im Leitartikel[2] der Morgenausgabe der Neuen Freien Presse am 25. März 1909 den Einmarsch Österreich-Ungarns in Serbien, der aber nicht erfolgt war. Ein veritabler internationaler Skandal war das Ergebnis dieser Aktion des Außenministers, Friedjungs wissenschaftlicher Ruf war ruiniert.
Während des Ersten Weltkrieges zählte Friedjung neben Richard von Kralik, Rudolf von Scala, Hans Uebersberger, Eugen von Philippovich und Michael Hainisch zu den prominentesten Fürsprechern eines großdeutschen Mitteleuropa (Denkschrift aus Deutschösterreich); nach 1918 befürwortete er eine "Anschluss-Lösung". Heinrich Friedjung starb, 69jährig, am 14. Juli 1920 in Wien. Er war Korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Ehrendoktor an der Universität Heidelberg.
Schriften
- Kaiser Karl IV. u. sein Antheil am geistigen Leben seiner Zeit ,Wien 1876
- Der Ausgleich mit Ungarn. Politische Studie über das Verhältnis Österreichs zu Ungarn und Deutschland, 3 Auflagen, Leipzig 1876/77
- Ein Stück Zeitungsgeschichte, Wien 1887
- Der Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland 1859 bis 1866 , zehn Auflagen, Stuttgart-Berlin 1897-1917
- Benedeks nachgelassene Papiere, Hrsg., Leipzig 1901
- Der Krimkrieg und die österreichische Politik, Stuttgart-Berlin 1911
- Österreich von 1848 bis 1860 , Berlin 1908
- Denkschrift aus Deutschösterreich, Wien 1915
- Das Zeitalter des Imperialismus 1884 bis 1914 ,3 Bände, Berlin 1919-1923
- Historische Aufsätze , zwei Auflagen, Stuttgart- Berlin,1917-1919
Einzelnachweise
- ↑ Heinrich Friedjung: Der Ausgleich mit Ungarn. Wien 1877, S. 4.
- ↑ Artikel in: Neue Freie Presse, 25. März 1909, S. 2 (Online bei ANNO)
Literatur
- Friedjung Heinrich. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1957, S. 362 f. (Direktlinks auf S. 362, S. 363).
- Robert A. Kann: Friedjung, Heinrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 5, Duncker & Humblot, Berlin 1961, S. 451.
- Günther Ramhardter: Geschichtswissenschaft und Patriotismus. Österreichische Historiker im Weltkrieg 1914-1918. Verlag für Geschichte und Politik, Wien 1973.
- Karl Glaubauf: Bismarck und der Aufstieg des Deutschen Reiches in der Darstellung Heinrich Friedjungs, Eduard von Wertheimers und Ottokar Lorenz , Phil. Diss; Wien 1979.
Weblinks
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