Heinrich von Hesler

Heinrich von Hesler

Heinrich von Hesler entstammt vermutlich aus der Familie von Heßler auf Burgheßler bei Eckartsberga und lebte im 13. Jahrhundert. Im benachbarten Klosterhäseler stiftete die Familie eine Niederlassung der Zisterzienserinnen. Heinrich war Laie ("nôthafter rîter") und stand dem Franziskanerorden nahe, eine früher behauptete Zugehörigkeit zum Deutschen Orden ist auszuschließen. Er wirkte wohl in Thüringen. So berichtet er davon, dass seine Dichtung in Nebra scharf attackiert wurde. Die überlieferten Namensnennungen lauten Heinrich von Hasiliere (im "Erlösung"-Fragment) oder Heinrich heiz ich mins rechten namen, Hesler ist min hus genannt ("Apokalypse").

Inhaltsverzeichnis

Werke

Heinrich von Hesler werden drei Werke zugeschrieben:

  • eine gereimte "Apokalypse",
  • eine deutsche Bearbeitung des apokryphenEvangelium Nicodemi
  • ein weiteres Werk, das mit dem Verlegenheitstitel "Die Erlösung" bezeichnet wird. Da es nur in kurzen Fragmenten überliefert ist, kann sein eigentlicher Inhalt nicht bestimmt werden. Der Titel "Erlösung" wurde vergeben, weil der erhaltene Text sich mit Adam und Eva und dem Sündenfall beschäftigt. Der Bericht ist jedoch so knapp, dass eher von einem Exkurs in einer belehrenden Abhandlung ausgegangen werden muss, deren größeren Zusammenhang wir nicht kennen.

Überlieferung und Rezeption

Handschrift rps 44/IV der UB Toruń, ausgestellt im Schloß zu Marienburg

"Apokalypse" und "Evangelium Nicodemi" sind reich überliefert. Für die "Apokalypse" sind 5 vollständige und 14 fragmentarische Handschriften erhalten, davon gilt Bibl. der Poln. Akademie der Wissenschaften (BGPAN), Ms. 2415 als autornächste Überlieferung. Drei der vollständigen Handschriften (WLB Stuttgart, HB XIII 11 und die ehemals Königsberger Handschriften UB Toruń rps 44/IV und 64 /III) stammen aus dem Besitz des Deutschen Ordens, die beiden Thorner Handschriften wohl aus dem Obersten Marschallamt in Königsberg. Diese drei Handschriften sind illuminiert. Ob zwischen ihnen ein Werkstattzusammenhang besteht, ist umstritten. In der Stuttgarter Handschrift ist mit Sicherheit ein stärkerer Einfluss der französischen Buchmalerei zur Apokalypse spürbar als in den ehemals Königsberger Handschriften. Das Bildprogramm wurde auf den Deutschen Orden abgestimmt, so sieht man z.B. Ritter im Deutschordenshabit neben dem Endzeitkaiser in der Schlacht gegen Gog und Magog und einen Deutschordenspriester bei der endzeitlichen Taufe der Juden. Der Text dieser drei illuminierten Handschriften gehört zur zweiten Fassung der Dichtung; Toruń 64 /III enthielt ursprünglich einen der Danziger Handschrift nahestehenden Text, der jedoch durch Rasuren auf die neuere Fassung umgestellt wurde. Inhaltlich eignet sich die "Apokalypse" gut als Einführung in die Gedankenwelt Bonaventuras, der u.a. das Priestertum Christi betonte und die - auf ihre Orthodoxie geprüfte - Bildung für den Franziskanerorden propagierte. Heinrich von Hesler macht die Aufgaben des Predigers zum Gegenstand seines längsten Exkurses in der "Apokalypse". Es wird vermutet, dass die Aneignung durch den Deutschen Orden durch das Bildprogramm erreicht wurde. Hinweise auf das Werk finden sich auch in den Buchinventaren der preußischen Deutschordenshäuser aus dem späten 14. Jahrhundert. Heinrich wirkte auf eine ganze Reihe geistlicher Dichter des 14. Jahrhunderts, darunter Nikolaus von Jeroschin und Tilo von Kulm.

Editionen

  • Fragmente einer Dichtung des Heinrich von Hesler (sog. Erlösung). In: von Heinemann: Aus zerschnittenen Wolfenbütteler Handschriften, Nr. 18 u. 19 und Elias Steinemyer: Noch einmal Heinrich von Hesler. beide in: Zeitschrift für deutsches Altertum 32 (1888), S. 111-113 u. S. 446-449.
  • Heinrich von Hesler: Das Evangelium Nicodemi. hg. von Karl Helm. Tübingen : Lit. Verein 1902 (Bibliothek des Litterarischen Vereins in Stuttgart ; 224). -(Nachdruck: Hildesheim [u.a.]: Olms 1976)
  • Die Apokalypse Heinrichs von Hesler. Aus der Danziger Handschrift, hg. von Karl Helm Berlin : Weidmann 1907 (Deutsche Texte des Mittelalters 8).

Literatur

  • Karl Bartsch: Hesler, Heinrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 12, Duncker & Humblot, Leipzig 1880, S. 272 f.
  • Helm, Karl: Untersuchungen zu Heinrichs von Heslers 'Evangelium Nicodemi', in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur (PBB). 24 (1899), S. 85–187.
  • Masser, Achim: Heinrich von Hesler, in: Verfasserlexikon. Die deutsche Literatur des Mittelalters, 2. Auflage, 3 (1981), Sp. 749-755 + 11 (2004), Sp. 624f.
  • Mentzel-Reuters, Arno: Bibeldichtung und deutscher Orden: Studien zur Judith und zu Heinrichs von Hesler Apokalypse, in: Daphnis 26 (1997), S. 209-261.
  • Klein, Klaus: Zur Überlieferung der 'Apokalypse' Heinrichs von Hesler, in: Zeitschrift für deutsches Altertum 128 (1999), S. 66-72.
  • Honemann, Volker: Heinrich von Hesler, Die Apokalypse / Königsberger Apokalypse (Toruń, Bibliotheka Uniwersytu Mikołaja Kopernika, ms. Rps. 64 und ms. Rps. 44). Mikrofiche-Edition. Einführung zum Werk und Beschreibung (Codices illuminati medii aevi 27), München : Lengenfelder 2000.
  • Oppitz, Ulrich-Dieter und Klaus Klein: Ein Brandenburger Fragment aus der 'Apokalypse' Heinrichs von Hesler, in: Zeitschrift für deutsches Altertum 129 (2000), S. 409-413
  • Mentzel-Reuters, Arno: Arma spiritualia. Bibliotheken, Bücher und Bildung im Deutschen Orden, Wiesbaden: Harrassowitz 2003(Beiträge zum Buch- und Bibliothekswesen 47) ISBN 3447048387.
  • Jagodzinski, Sabine: 'Die illustrierte Apokalypse Heinrichs von Hesler im Deutschen Orden. Studien zu Bild, Text und Kontext', Stuttgart : ibidem 2009 (CISA - Cultural and Interdisciplinary Studies in Art 6) ISBN 9783898219846 .
  • Ehrich, Susanne: Die 'Apokalypse' Heinrichs von Hesler in Text und Bild. Traditionen und Themen volkssprachlicher Bibeldichtung und ihre Rezeption im Deutschen Orden, Berlin : ESV 2010 (Philologische Studien und Quellen) ISBN 3503122184

Weblinks


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