Heinz Auerswald

Heinz Auerswald

Heinz Auerswald, auch: Heinz Auerwald, (* 26. Juli 1908 in Berlin; † 5. Dezember 1970 in Düsseldorf ) war ein deutscher Jurist und während des Zweiten Weltkriegs deutscher Kommissar des Warschauer Ghettos.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Auerswald wurde als Sohn eines Berliner Werkmeisters geboren. Seine ersten Lebensjahre verbrachte er mit seiner Mutter oft auf dem Lande bei Verwandten. Er besuchte die Volksschule und die Oberrealschule in Berlin-Moabit, bevor er 1927 sein Abitur machte. Danach war er 3 ½ Jahre bei der Firma Knorr-Bremse AG in Berlin angestellt, bevor er mit dem Jurastudium begann, welches er mit der Promotion abschloss.

Er trat im Jahr 1937 in die NSDAP (Mitglied Nr. 4830479) ein. Am 7. Juni 1933 wurde er Mitglied der SS (Nr. 216399). Am 22. April 1934 stieg er zum SS-Staffel-Mann auf, am 10. September 1935 zum SS-Staffel-Sturmmann und seine SS-Karriere endete mit dem Erreichen des SS-Unterscharführers am 20. April 1937. 1935 legte er auch die große juristische Staatsprüfung ab und meldete sich 1937 als Freiwilliger für die Wehrmacht, wurde aber als SS-Angehöriger an die Schutzpolizei abgetreten. Seit 1938 war er dann auch zugelassener Anwalt am Berliner Kammergericht. Seinen Dienst bei der Schutzpolizei leistete er im September und Oktober 1938, sowie in der Zeit von August 1939 bis Februar 1940 im „Abschnitt Berlin-Tiergarten“. Hierbei erreichte er den Rang eines Polizeioberwachtmeisters der Reserve.

Einsatz in Polen

In dieser Zeit nahm er sowohl am Sudeteneinsatz sowie am Polenfeldzug teil. 1940 wurde Heinz Auerswald auf Antrag des Gouverneurs von Warschau (L. Fischer) aus der Schutzpolizei entlassen und an die Zivilverwaltung abgegeben. Ab dem 15. Februar 1940 übernahm er die Leitung der Kennkartenstelle bei der Stadthauptmannschaft Warschau unter Stadthauptmann Ludwig Leist.

Danach wurde er ab dem 1. Juni 1940 zum „Referenten für die deutsche Volksgruppe“ und zum „Leiter der Unterabteilung Bevölkerungswesen und Fürsorge“ in der „Abteilung innere Verwaltung“ im Amt des Chefs des Distrikts Warschau ernannt.

Am 24. Mai 1941 erschien in der Krakauer Zeitung eine Bekanntmachung des Warschauer Gouverneurs Ludwig Fischer mit folgendem Wortlaut:

Verwaltungsanordnung über den Kommissar für den jüdischen Wohnbezirk in Warschau vom 14. Mai 1941 - 1. Auf Grund des § 1 der Verordnung für den jüdischen Wohnbezirk in Warschau vom 19. April 1941 (VBIGG S. 21) setze ich als Kommissar für den jüdischen Wohnbezirk in Warschau Rechtsanwalt Auerswald ein. - .... - 3. Diese Anordnung tritt am 15. Mai 1941 in Kraft.

Diese Funktion übte Auerswald bis zum 1. Januar 1943 nach der Räumung des Warschauer Ghettos im Juli 1942 aus. Sein Vertreter im Amt war Dr. Franz Grassler.[1]

Er verschickte am gleichen Tag ein Rundschreiben mit dem Inhalt, es würden eine Menge Maßnahmen zukünftig durchgeführt, die den Jüdischen Wohnbezirk effektiver von der Außenwelt abschneiden und den Personen- und Warenverkehr deutlicher unterbinden würden.

Nicht urkundlich belegbar, aber durch Aussagen integrer Personen (Dr. Hilel Seidman, Historiker in New York; Marcel Reich-Ranicki, Literaturkritiker) bestätigt, habe Auerswald vom Judenrat (namentlich Ingenieur Adam Czerniaków) des „Warschauer Ghettos“ „Geschenke für Erleichterungen“ angenommen (goldene Uhren usw.).

Nach Aussage des polnischen Serologen Prof. Ludwik Hirszfeld war Auerswald im Umgang höflich, aber in der Handlungsweise brutal. Auf Bestreben von Auerswald soll eine Verordnung für das Warschauer Ghetto erlassen worden sein, die die Todesstrafe für das Verlassen des Ghettos für jüdische Bürger verhängte.

Am 17. November 1941 ließ Auerswald in Warschau einen von ihm unterzeichneten Aushang anschlagen, dass mit dem Urteil vom Sondergericht Warschau vom 12. November 1941 die Juden Motek Fiszbaum, Rywka Kligerman, Fagga Margules, Sala Pastejn, Dwojra Rosenberg, Josef Pajkus, Chana Zjadewach und Luba Gac zum Tode verurteilt und dieses am 17. November vollstreckt wurde, weil diese die Grenze des Ghettos durch ungerechtfertiges Verlassen überschritten hatten. Das Urteil über 2 Männer und 8 Frauen verbreitete in Warschau wegen seiner Brutalität einen großen Schrecken unter der Bevölkerung.

Nach Beginn der Räumung des Warschauer Ghettos im Juni 1942, noch vor dem Aufstand im Warschauer Ghetto 1943, wurde Auerswald Ende 1942 als Kreishauptmann in Ostrowo eingesetzt, wo er Karl Valentin[2] ersetzen musste, der wegen Korruption vor dem Sondergericht Warschau angeklagt wurde. Auerswald wurde bereits im Januar 1943 durch Martin Lenz abgelöst und zur Wehrmacht eingezogen.

Nach Kriegsende

Nach Kriegsende war Auerswald als Rechtsanwalt in Düsseldorf tätig. Das bei der Staatsanwaltschaft Dortmund eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen der Beteiligung an den NS-Verbrechen im besetzten Polen hat sich später „durch Tod erledigt“.

Notizen

Der Historiker und Chronist des Warschauer Ghettos, Dr. Emanuel Ringelblum, legt über Heinz Auerswald folgende Notizen an:

  • 22. November 1941: "Ein Gesetz, welches in Vorbereitung ist, das Juden das Überschreiten der Ghettogrenzen unter Todesstrafe verbietet, sei auf den Vorschlag Auerswalds zurückzuführen."
  • 01. – 10. November 1941: "Kommissar Auerswald möchte, dass ein Todesurteil an Juden nur von den Juden selbst vollstreckt wird."
  • Mai 1942: "Auerswald sprach Zigeuner grundsätzlich nur mit dem Ausdruck „Zigeuner-Jude“ an."

Literatur

  • Ernst Klee, Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt/Main 2003
  • Joseph Wulf, Das Dritte Reich und seine Vollstrecker, Frankfurt/Main 1984
  • Norbert Podewin, Braunbuch - Kriegs- und Naziverbrecher in der Bundesrepublik und in Berlin (West), Berlin 1968
  • Helge Grabitz, Wolfgang Scheffler, Letzte Spuren - Ghetto Warschau - SS-Arbeitslager Trawniki - Aktion Erntefest, Berlin 1993 ISBN 3-89468-058-X
  • Jüdisches Historisches Institut Warschau, Faschismus-Getto-Massenmord, Dokumentation über Ausrottung und Widerstand der Juden in Polen während des Zweiten Weltkrieges, Berlin 1961
  • Markus Roth: Herrenmenschen. Die deutschen Kreishauptleute im besetzten Polen - Karrierewege, Herrschaftspraxis und Nachgeschichte. Wallstein Verlag : Göttingen 2009. ISBN 9783835304772

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Franz Grassler überlebte den Weltkrieg. In Claude Lanzmanns Film Shoah ist ein Interview mit ihm zu sehen, das die Politik Auerswalds etwas beleuchtet.
  2. Kurzbiografie zu Karl Valentin bei Markus Roth: Herrenmenschen, Göttingen 2009, S. 507

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