Ludwig Fischer (Politiker)

Ludwig Fischer (Politiker)
Dr. Ludwig Fischer
Der Gouverneur von Warschau Dr. Ludwig Fischer während der Umbenennung des „Piłsudski Platzes“ in „Adolf Hitler Platz“ in Warschau am Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1940

Ludwig Fischer (* 16. April 1905 in Kaiserslautern; † 8. März 1947 in Warschau) war ein deutscher Politiker und SA-Führer zur Zeit des Nationalsozialismus sowie von 1939 bis 1945 Gouverneur des Distrikts Warschau im Generalgouvernement Polen.

Inhaltsverzeichnis

Frühes Leben

Ludwig Fischer kam 1905 in Kaiserslautern als Sohn streng katholischer Eltern zu Welt. Er besuchte die Volksschule 3 1/4 Jahre und die Oberrealschule in Kaiserslautern neun Jahre. Anschließend studierte er fünf Jahre Jura und Staatswissenschaften in Heidelberg, München, Würzburg und Erlangen.[1] Nach Abschluss des Staatsexamen wurde er 1929 an der Universität Erlangen zum Dr. jur. promoviert.[2] Der Titel seiner 1930 in München erschienenen Dissertation lautete: Die unterlassene Verbrechens-Anzeige.[3] Von 1928 bis 1932 sammelte er Gerichtspraxis in München und Kaiserslautern. Er sprach fließend Englisch und Französisch.

Schon früh zeigte sich Fischer von der nationalsozialistischen Bewegung angesprochen und trat am 20. Mai 1926 in die NSDAP (Mitglied Nr. 36.499) und im Februar 1929 in die SA in München, Ortsgruppe Braunes Haus, ein. Dort wohnte er in Obermenzing, Lindenallee 43, später Rathochstraße 87. Am 1. März 1931 kam er in das Reichsrechtsamt der NSDAP. Dort nahm er die Position als stellvertretender Leiter der Rechtsabteilung ein. Im gleichen Jahr wurde er zum SA-Standartenführer der Abteilung III beim Stabe der Obersten SA-Führung (OSAF) befördert.[1]

Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten wurde er 1933 zum Regierungsrat ernannt. Er trat der in München neu gegründeten „Akademie für Deutsches Recht“ unter Reichsminister Hans Frank bei und hatte dort eine Position als Hauptdienstleiter inne. Nachdem er bei der Reichstagswahl am 29. März 1936 erfolglos kandidiert hatte, wurde Fischer im November 1937 Mitglied des Reichstags (Wahlkreis 23 Düsseldorf West).[4]

Zum 1. Mai 1937 erfolgte die Beförderung zum SA-Oberführer. Fischer wurde 1938 Stabsleiter des Reichsrechtsamts der NSDAP und leistete bereits 1937 seinen Wehrdienst ab.[1]

Gouverneur von Warschau

Bekanntmachung: Todesstrafe für unbefugtes Verlassen der jüdischen Wohnbezirke. Warschau, am 10. November 1941

Als am 26. Oktober 1939 durch Erlass das Generalgouvernement für die besetzten polnischen Gebiete gegründet wurde, wurde Fischer am 24. Oktober 1939 zum Verwaltungschef des Distrikts Warschau ernannt und unterstand damit direkt dem Generalgouverneur, seinem ehemaligen Vorgesetzten in der „Akademie für Deutsches Recht“, Hans Frank. Fischer setzte den Rechtsanwalt Heinz Auerswald zum Kommissar des jüdischen Wohnbezirks ein. Im Dezember 1940 forderte er für Juden, die das Warschauer Ghetto unbefugt verlassen hatten, die Todesstrafe.[5]

Am 25. April 1941 wurde sein Titel in „Gouverneur“ umgewandelt. Auch in der SA stieg er weiter auf: Am 9. November 1939 erfolgte die Ernennung zum SA-Brigadeführer, am 26. Oktober 1940 (anlässlich des einjährigen Bestehens des Generalgouvernements) zum SA-Gruppenführer.[1] Vom 10. April 1943 bis Ende Mai 1943 war Fischer in Personalunion kommissarischer Gouverneur im Distrikt Lublin.[6]

Am 9. August 1944 wurde Fischer während des Warschauer Aufstandes verwundet und erhielt dafür am 22. August das Eiserne Kreuz II. Klasse und das K. V. K I mit Schwertern. Fischers Vizegouverneur, der vorherige Abteilungsleiter im Präsidialbüro des Gouverneurs des Distrikts Warschau, Herbert Hummel, kam bei dem Aufstand ums Leben.

Fischer floh am 17. Januar 1945 aus Warschau und setzte sich nach Bad Neustadt an der Saale ab, wo er am 10. Mai 1945 von Angehörigen der US-Armee verhaftet wurde. Am 30. März 1946 wurde er an die polnischen Behörden ausgeliefert und am 17. Dezember 1946 in Warschau angeklagt. Am 3. März 1947 wurde Fischer vom Obersten Volksgerichtshof (Najwyższy Trybunał Narodowy) in Warschau zum Tod durch Erhängen und zur Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit verurteilt, das Urteil wurde am 8. März im Warschauer Mokotow-Gefängnis vollstreckt.[2]

Privat

Fischer war mit Freda Coblitz verheiratet und hatte zwei Töchter. Mit dem Generalgouverneur Frank unterhielt er auch private Kontakte. Die Ehefrauen beider Männer unternahmen oft gemeinsame Raubzüge in die Ghettos, um den Opfern den letzten Schmuck, Pelze und andere Wertsachen abzunehmen.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d Joseph Wulf, Das Dritte Reich und seine Vollstrecker, Frankfurt/Main 1984, S. 311f
  2. a b Bogdan Musial: Deutsche Zivilverwaltung und Judenverfolgung im Generalgouvernement. Wiesbaden 1999, S. 384
  3. siehe Eintrag bei der DNB
  4. Ludwig Fischer in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten
  5. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, S. 154.
  6. Werner Präg / Wolfgang Jacobmeyer (Hrsg.): Das Diensttagebuch des deutschen Generalgouverneurs in Polen 1939–1945, Stuttgart 1975, S. 948

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Ludwig Fischer — ist der Name folgender Personen: Ludwig Fischer (Opernsänger) (1745–1825), deutscher Opernsänger (Bass) Ludwig Fischer (Botaniker) (1828–1907), Schweizer Botaniker Ludwig Fischer (ÖVP) (1888–1967), österreichischer Politiker (ÖVP), Wiener… …   Deutsch Wikipedia

  • Ludwig Seeger (Politiker) — Ludwig Seeger (Stich, 1864). Ludwig Wilhelm Friedrich Seeger (* 30. Oktober 1810 in Wildbad; † 22. März 1864 in Stuttgart) war ein deutscher Politiker und Dichter. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Ludwig Fischer (NSDAP) — Der Gouverneur von Warschau Dr. Ludwig Fischer während der Umbenennung des Piłsudski Platzes in Adolf Hitler Platz in Warschau am Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1940 Ludwig Fischer (* …   Deutsch Wikipedia

  • Ludwig Ruckdeschel (Politiker) — Ludwig Ruckdeschel Ludwig Ruckdeschel (* 15. März 1907 in Bayreuth; † 8. November 1968 in Wolfsburg) war ein deutscher Politiker (NSDAP). Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Kurt Fischer (Politiker) — Kurt Fischer (* 1. Juli 1900 in Halle (Saale); † 22. Juni 1950 in Bad Colberg) war ein deutscher Politiker der KPD und SED. Biographie Der aus einer Arbeiterfamilie stammende Fischer besuchte bis 1915 die Volksschule seiner Heimatstadt. Ab 1918… …   Deutsch Wikipedia

  • Fischer (Familienname) — Fischer ist ein deutscher Familienname. Herkunft und Bedeutung Der Name ist abgeleitet von der Berufsbezeichnung des Fischers. Der Name Fischer ist der vierthäufigste deutsche Familienname. (Siehe: Liste der häufigsten Familiennamen in… …   Deutsch Wikipedia

  • Fischer (Name) — Fischer ist ein deutscher Familienname. Herkunft und Bedeutung Der Name ist abgeleitet von der Berufsbezeichnung des Fischers. Der Name Fischer ist der vierthäufigste deutsche Familienname. (Siehe: Liste der häufigsten Familiennamen in… …   Deutsch Wikipedia

  • Robert Fischer (Politiker) — Julius Robert Fischer (* 19. Juli 1829 in Gera; † 4. Februar 1905 ebenda) war von 1877 bis 1881 Oberbürgermeister der Stadt Gera. Leben Julius Robert Fischer wurde als Sohn des Kunstmalers Heinrich Fischer in Gera geboren. Nach dem Besuch des… …   Deutsch Wikipedia

  • Ludwig Wilhelm Erhard — Ludwig Erhard 1957 mit seinem Buch Wohlstand für Alle Ludwig Wilhelm Erhard (* 4. Februar 1897 in Fürth; † 5. Mai 1977 in Bonn) war ein deutscher Politiker ( …   Deutsch Wikipedia

  • Ludwig Frank (SPD) — Ludwig Frank (* 23. Mai 1874 in Nonnenweier (Baden); † 3. September 1914 bei Baccarat in Lothringen) war Rechtsanwalt und Politiker der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Frank vertrat seine Partei unter anderem im Badischen Landtag… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”