Helmut Kindler

Helmut Kindler

Helmut Kindler (* 3. Dezember 1912 in Berlin; † 15. September 2008 in Küsnacht, Schweiz) war ein deutscher Verleger und Autor.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kindler, Sohn eines preußischen Kriminalbeamten, verließ im Alter von 16 Jahren das Gymnasium, um in Erwin Piscators Theater am Nollendorfplatz zu volontieren. Von 1929 bis 1933 war er an verschiedenen Berliner Bühnen Regieassistent und wurde mit Schriftstellern wie Bertolt Brecht, Alfred Döblin, Hermann Kesten, mit Schauspielern wie Hans Schweikart, Peter Lorre, Fritz Kortner und Journalisten wie Sebastian Haffner oder Theodor Wolff bekannt.

1935 lernte Kindler über seine Jugendfreundin Ilse Stöbe den Journalisten Rudolf Herrnstadt kennen. Dadurch wurde er nebenher für die Komintern tätig und zum Kurier für jene Untergrundorganisation, die später als „Rote Kapelle“ in die Geschichte einging.

1938 wurde er durch die Empfehlung Sebastian Haffners Redakteur und Hauptschriftleiter im Berliner Ullstein Verlag, bei dem er unter anderem eine Zeitschrift für „Front und Heimat“ herausgab. Als Kriegsberichterstatter und Redakteur einer Soldatenzeitung in Warschau unterhielt er mit hohem Risiko ein Waffenlager für eine polnische Widerstandsgruppe. Im Herbst 1943 wurde er von der Gestapo verhaftet, vor dem Volksgerichtshof wegen „Hochverrat, Feindbegünstigung und Wehrkraftzersetung“ angeklagt, aber nach anderthalb Jahren Haft wegen Mangels an Beweisen zu „Frontbewährung“ verurteilt. Kindler im Interview 1997: Die Arbeit als Redakteur war nur dadurch erträglich, daß ich im Widerstand war. Meine Verhaftung im Herbst 1943 in Warschau erfolgte auf Grund meiner Zugehörigkeit zur Widerstandsgruppe Europäische Union.[1] In einer ersten umfassenden Untersuchung konnte Simone Hannemann (nach Vorarbeiten des Robert-Havemann-Archivs) 2001 aus den Archivalien belegen, dass der Gruppe zeitweise auch Kindler angehörte.[2]

Nach dem Krieg war Kindler aktiv an der Gründung zweier Berliner Zeitungen, des „Tagesspiegels“ und der „Berliner Zeitung“, beteiligt. Eine bereits vereinbarte Neuherausgabe des Romans Mephisto wagte Kindler nach seinem Umzug von Berlin nach München nicht mehr, und Klaus Mann antwortete bitter: „Ich weiß nicht, was mich mehr frappiert, die Niedrigkeit Ihrer Gesinnung oder die Naivität, mit der Sie diese zugeben.“[3] Von 1949 an wirkte er als Illustrierten-Herausgeber der Illustrierten („Revue“) in München .

Im Frühjahr 1951 kamen in dem neu gegründeten „Kindler Verlag“ als erstes Buch die sog. Memoiren von Ferdinand Sauerbruch heraus, die mit 1,5 Millionen verkauften Exemplaren der erfolgreichste Titel des Verlags wurden.[4] Mit Biographien, Werken zum Zeitgeschehen und großen Enzyklopädien wurde das Unternehmen zu einem der bedeutendsten deutschen Traditionshäuser nach dem Zweiten Weltkrieg. Zu Kindlers Autoren gehörten Willy Brandt, Ludwig Marcuse, Fritz Kortner, Walter Jens, Robert Jungk, Albert Schweitzer, nicht zuletzt Eugen Kogon (mit „Der SS-Staat“) und Sebastian Haffner (mit „Anmerkungen zu Hitler“).

1956 gründete Kindler die heute noch herausgegebene Jugendzeitschrift „Bravo“.

Kindlers Lebensleistung wird von großen Reihenwerken, vielbändigen Lexika und Enzyklopädien gekrönt, die den wagemutigen Verleger jeweils bis zur Grenze seiner finanziellen Leistungsfähigkeit belasteten. Nicht zuletzt wegen solch risikoreicher Projekte musste Kindler 1977 seinen Verlag schließlich in die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck eingliedern.

Ehrungen

Schriften (Auswahl)

  • Zum Abschied ein Fest: die Autobiographie eines deutschen Verlegers. Kindler-Verlag: München 1991, ISBN 3-463-40131-2 (vollständige Taschenbuchausgabe: Droemer Knaur: München 1992, ISBN 3-426-75042-2)

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.hagalil.com/archiv/98/00/kindler.htm
  2. siehe Literatur beim Bezugsartikel sowie Rezension: [1]
  3. Brief vom 12. Mai 1949, zehn Tage vor dem Freitod Manns, zitiert nach: KLAUS MANN in: DER SPIEGEL 1/1957
  4. Der tatsächliche Autor ist der Freikorps- und SS-Mann Hans Rudolf Berndorff. Die Verlagsentscheidung, diese Figur als Ghostwriter für den schwerkranken Sauerbruch zu beauftragen, mutet angesichts von Kindlers Nähe zum Widerstand sehr merkwürdig an und bedarf weiterer Untersuchungen im Rahmen der westdeutschen Verlagspublizistik der 50er Jahre

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