Fritz Kortner

Fritz Kortner
Fritz Kortner (1959)

Fritz Kortner (* 12. Mai 1892 in Wien; † 22. Juli 1970 in München; eigentlich Fritz Nathan Kohn) war ein österreichischer Schauspieler, Film- und Theaterregisseur.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kortner besuchte zunächst 1908 die Schauspielakademie am Burgtheater in Wien. 1910 erhielt er sein erstes Engagement am Nationaltheater Mannheim, bis er bereits 1911 von Max Reinhardt nach Berlin ans Deutsche Theater engagiert wurde. Dort spielte er allerdings nur kleinere Rollen und stieg bald wieder aus. Es begannen die Wanderjahre von Bühne zu Bühne.

1914 wurde Kortner bei Kriegsausbruch zum Wehrdienst einberufen, jedoch bald frontuntauglich geschrieben. Während des Krieges hatte er erste Filmarbeiten in Wien: Frauenehre (1918), Der Sonnwendhof (1918) und Der Märtyrer seines Herzens (1918), wo seine expressionistische Darstellung erstmals voll zur Geltung kam. Sesshaft wurde er allerdings nicht, doch die Rollen an den Theatern wurden bedeutender.

1919 hatte er seinen Durchbruch in Berlin im Theater Die Tribüne mit dem Stück Die Wandlung von Ernst Toller. Leopold Jessner verpflichtete Kortner danach ans Staatstheater und machte ihn zu seinem Protagonisten. Am Staatlichen Schauspielhaus brillierte Kortner in den Dramen Schillers und Shakespeares, er gab den Mortimer in Maria Stuart, den Geßler in Wilhelm Tell, den Richard III. und den Othello unter der Regie Jessners. 1924 heiratete er die Schauspielerin Johanna Hofer, die ihn bis an sein Lebensende begleitete.

In den 1920er Jahren wuchs er zu einem der großen Theaterstars, die sich nach dem Ersten Weltkrieg einer neuen Theaterform verschrieben hatten: dem Expressionismus. Große Erfolge feierte er auch mit den Titelrollen von Hamlet und Macbeth sowie in Dantons Tod von Büchner und Herodes und Mariamne von Hebbel. Doch über allem stand der Shylock in Der Kaufmann von Venedig. Diese Rolle wurde für ihn zur Lebensrolle. Neben den Theaterarbeiten verstärkte er seine Aktivitäten beim Film. Auch hier entstanden expressionistische Werke, in denen Kortner mit seiner dämonisch-hintergründigen Darstellungskunst brillierte. Hervorzuheben ist der Film Schatten von 1923. 1925 spielte er die Rolle des Schurken im österreichischen Stummfilm-Horrorklassiker Orlacs Hände. Die 1920er Jahre waren seine erfolgreichste Zeit als Schauspieler.

Die unruhigen Zeiten zu Beginn der 1930er Jahre veranlassten Kortner, seinen Wohnsitz bereits im Frühjahr 1932 nach Ascona zu verlegen. Als Adolf Hitler an die Macht kam, befand er sich auf einer Tournee durch Skandinavien und Osteuropa. Aus der Ferne traf er die Entscheidung, nicht mehr nach Deutschland zurückzukehren. Schon zu Beginn der 1930er Jahre hatte Kortner sich den Angriffen der Nationalsozialisten ausgesetzt gesehen: In Goebbels Propagandablatt „Der Angriff“ z. B. wurde geschrieben: „Man hat sich für die Rolle in ‚Gott, Kaiser und Bauer‘ (1932) den Juden Kortner-Kohn engagiert, der im Berliner Theaterleben eigentlich längst ausgespielt haben sollte. Er ist so ziemlich der schmierigste und übelste Typ, der je auf einer deutschen Bühne gestanden hat.“ (29. Dezember 1932). Über die Tschechoslowakei, dann über Wien - wo er am Theater in der Josefstadt von Max Reinhardt auftrat - und Paris emigrierte die Familie Kortner nach Großbritannien, wo er Filmarbeiten bekam.

1937 ging Kortner nach New York, holte 1938 seine Familie nach, und es ging weiter nach Hollywood. Hier arbeitete er an Drehbüchern. Bis zu seiner Rückkehr nach Europa 1947 spielte er in neun Filmen mit, die künstlerisch allerdings nicht überzeugten.

Seit Dezember 1947[1][2] wieder zurück in Deutschland, wurde er in den 1950er Jahren zur Regie-Ikone des Theaters der Bundesrepublik Deutschland, obwohl Kortner nie Intendant eines Theaters war. Seine künstlerische Heimat wurden die Münchener Kammerspiele unter Intendant Hans Schweikart und das Berliner Schillertheater unter Intendant Boleslaw Barlog. An den Kammerspielen inszenierte er bis 1967 siebzehn Stücke.

In den 1960er Jahren inszenierte Kortner erstmals am Burgtheater in seiner Heimatstadt Wien. Am 29. April 1970 kam drei Monate vor seinem Tod am Wiener Theater in der Josefstadt Kortners letzte Regiearbeit heraus: Emilia Galotti (mit Klaus Maria Brandauer, Marianne Nentwich u.a.).

Der Kortner-Stil in Interpretation und Probenarbeit prägte eine neue Regie-Generation. Peter Stein und Jürgen Flimm sind als ehemalige Regie-Assistenten Kortners hier besonders hervorzuheben.

Am 22. Juli 1970 starb Fritz Kortner nach langer Krebserkrankung in München. Er wurde auf dem Waldfriedhof in München, Neuer Teil, im Grab Nr. 246-W-23 beigesetzt.

Fritz Kortner (Porträt von Günter Rittner, 1967)

Filmografie (Auswahl)

Wichtigste Inszenierungen an den Münchner Kammerspielen

Auszeichnungen

Autobiografie

  • Aller Tage Abend. Autobiographie. Droemer-Knaur, München 1996, ISBN 3-426-02336-9.
  • Aller Tage Abend. Autobiographie. Alexander Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-89581-098-3.
  • Aller Tage Abend. Auszüge, gelesen von Fritz Kortner. Alexander Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-89581-137-8.
  • Letzten Endes. Fragmente. (posthume Autobiografie, hrsg. von Johanna Kortner 1971)

Literatur

  • Peter Schütze: Fritz Kortner. (= Rowohlts Monographien.) Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1994, ISBN 3-499-50531-2.
  • Klaus Völker: Fritz Kortner. Schauspieler und Regisseur. (= Deutsche Vergangenheit, 27.) 2. Auflage, Edition Hentrich, Berlin 1993.
  • Claus Landsittel (Hrsg.): Kortner anekdotisch. Kindler, München 1967.
  • Klaus Völker: Fritz Kortner. Jude und Rebell gegen das Konventionelle, Hentrich & Hentrich Verlag Berlin 2007, ISBN 978-3-938485-31-6.

Dokumentation

  • Kortner - Doppel-DVD mit zwei Dokumentarfilmen von Hans-Jürgen Syberberg aus den 1960er Jahren beim Alexander Verlag Berlin

Weblinks

 Commons: Fritz Kortner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Klaus Völker: Fritz Kortner, Schauspieler und Regisseur. Edition Hentrich, Berlin 1987, ISBN 3-926175-05-2, S.170
  2. Der Spiegel Ausgabe 1/1948 auf Spiegel Online, abgerufen am 14. Januar 2011



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