Hermann Bahlburg

Hermann Bahlburg

Hermann Bahlburg (* 21. Juli 1892 in Jesteburg; † 19. Februar 1962 in Buchholz) war ein evangelischer Missionar der Hermannsburger Mission.

Leben

Bahlburg war nach einer theologischen Ausbildung im Missionsseminar in Hermannsburg (Kreis Celle), die durch seine Teilnahme am Ersten Weltkrieg unterbrochen wurde, seit 1921 Missionar der Missionsanstalt Hermannsburg. Nach dem Krieg war er zunächst als Volksmissionar in der Heimatmission, die er für die Hermannsburger Mission gründete, zusammen mit anderen Absolventen des Missionsseminars in Norddeutschland tätig. 1927 ging er mit einer Gruppe von Missionaren nach Äthiopien, um - gestützt auf eine Niederlassung in der Hauptstadt Addis Abeba - im Gebiet der Galla, eigentlich Oromo, im Westen des Landes eine Missionsarbeit aufzubauen. Ludwig Harms, der Begründer der Hermannsburger Mission, hatte 1853 und 1857 Missionare ausgesandt mit dem Auftrag, die Oromo zu missionieren. Sie erreichten aber ihr Ziel nicht. Als die Hermannsburger Mission 1927 endgültig ihr Missionsfeld in Indien verlor (Auswirkung des Versailler Vertrages), schlug Bahlburg vor, den Gedanken der Oromomission wieder aufzunehmen. Er wurde mit der Leitung des Unternehmens beauftragt.

In Addis Abeba angekommen, gelang es Bahlburg, Inlandspässe und später auch ein Grundstück in Aira, ca. 500 km westlich der Hauptstadt gelegen, zu bekommen, wo unter Missionar Dietrich Waßmann eine erste Inlands-Missionsstation aufgebaut wurde. Bahlburg blieb in der Hauptstadt, weil nur von hier aus die Arbeit im Inland gestützt werden konnte. Hier wurde auch eine deutsche ev.-luth. Kirchengemeinde, deren Nachfolgerin die heutige evangelisch-lutherische Kreuzkirchen-Gemeinde ist, gegründet und mit der Waisenbetreuung begonnen. Auch diese Arbeit wird durch das heutige staatliche Ketchene Children's Home fortgesetzt.

Seit dem italienisch-äthiopischen Krieg (1935-1936) und während der anschließenden Besetzung Äthiopiens als Kolonie Africa Orientale Italiana (A.O.I.) konnten die Missionare in der Hauptstadt Addis Abeba nur eingeschränkt und im Inland zeitweise gar nicht arbeiten - zumeist aufgrund der deutschen Devisenbeschränkungen und wegen der dortigen Kriegs- und Herrschaftsverhältnisse.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde 1941 nach der Besetzung Äthiopiens durch britische Truppen neben tausenden von Italienern auch die Gruppe der Deutschen (etwa 60) interniert. Die Männer wurden i.d.R. nach Ostafrika (Kenia, Uganda) gebracht und dort in Internierungslagern teilweise bis 1948 festgehalten, während die Familien 1943 nach Deutschland "heimgeschafft" wurden (Heimschaffungsaktion unter Leitung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz IKRK). Letzteres geschah im Austausch mit Angehörigen der deutschen Kriegsgegner, die während des Krieges im deutschen Machtbereich angetroffen wurden. 1948 kehrte Bahlburg aus der Internierung in Afrika zurück und arbeitete im Inland zunächst wieder für die Mission. Wegen eines Autoritätskonfliktes der Leitung der damaligen Hermannsburger Missionsanstalt mit ihm, die ohne Verfahren ein Predigtverbot erteilte, schied er aus der Mission aus. Ab 1950 lebte Bahlburg in Handeloh, Kreis Harburg, als niederdeutscher Sprachforscher und Schriftsteller.

Hermann Bahlburg wurde im Jahre 2007 posthum durch den Missionsausschuss des Evangelisch-lutherischen Missionswerks in Niedersachsen uneingeschränkt rehabilitiert. Anlässlich des 50-jährigen Gründungs-Jubiläums der Mekane-Yesus-Kirche in Äthiopien im Januar 2009 wurde seiner Familie eine Medaille für Hermann Bahlburgs "besonderen Einsatz bei der Rettung von Äthiopiern" nach dem Attentat auf den italienischen Vizekönig Rodolfo Graziani übergeben.

Literatur

  • Gustav Arén: Envoys of the Gospel in Ethiopia - In the Steps of the Evangelical Pioneers 1898 - 1936, Stockholm 1999,
  • Hermann Bahlburg: Aufbruch in der Heimat zum Gallaland, O. Jg. (Hermannsburg 1949),
  • Ernst Bauerochse: Die Arbeit in Äthiopien, in:Vision Gemeinde weltweit. 150 Jahre Hermannsburger Mission und Ev.-luth. Missionswerk in Niedersachsen, Hermannsburg 2000. S. 585-683. Englisch: A Vision Finds Fulfillment. 2008 im LIT-Verlag Wien und Berlin erschienen,
  • Ernst Bauerochse: Die Hermannsburger Mission im Zeitalter des Totalitarismus. In: Georg Gremels, Die Hermannsburger Mission und das 'Dritte Reich' . Münster 2005. S. 127-140, ISBN 978-3-8258-8972-2.
  • Ernst Bauerochse: Ihr Ziel war das Oromoland. Die Anfänge der Hermannsburger Mission in Äthiopien, Münster 2006.
  • Heinrich Kröger: Plattdüütsch in de Kark in drei Jahrhunderten, Bd.2, Hermannsburg 2001. S. 211-213.
  • Johannes Launhardt: Evangelicals in Addis Ababa (1919-1991), Münster 2004,
  • 75th Anniversary of the Hermannsburg Mission in Ethiopia (30. Dezember 2002) - Englische Festschrift.
  • Gunther Schendel: Die Missionsanstalt Hermannsburg und der Nationalsozialismus. LIT-Verlag, Münster 2009, S. 724 ff. ISBN 978-3-8258-0627-9.
  • Georg Gremels/ELM (Hg.): Der Weg einer heilsamen Erinnerung. Hermann Bahlburg 1892-1962. Zwischen Missionsdienst und Predigtverbot. Verlag Ludwig-Harms-Haus 2008, ISBN 978-3-937301-50-1

Weblinks


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