Hermann Zapf

Hermann Zapf

Hermann Zapf (* 8. November 1918 in Nürnberg) ist ein Typograf, Kalligraf, Autor und Lehrer. Seit 1951 ist er mit Gudrun Zapf-von Hesse verheiratet.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Briefmarke der Serie Helfer der Menschheit von 1953

Der Kindheitswunsch Zapfs, Elektroingenieur zu werden, wurde für den Sohn eines aktiven Gewerkschafters durch das NS-Regime in Deutschland unmöglich. Nach seiner Lehrzeit als Retuscheur, bei der er seine Leidenschaft für die Kalligrafie entdeckt hatte, zog Zapf 1938 nach Frankfurt am Main, wo er sich als selbständiger und autodidaktischer Schriftgrafiker und Kalligraf betätigte. Im selben Jahr entwarf er auch seine erste Type Gilgengart für seinen späteren Arbeitgeber, die Schriftgießerei D. Stempel AG.

Am 1. April 1939 wurde er zum Reichsarbeitsdienst eingezogen, um die Siegfriedlinie gegen Frankreich zu verstärken. Die harte Arbeit nicht gewohnt, bekam er bald Herzprobleme und wurde in den Innendienst versetzt, um dort Lagerprotokolle in Kurrentschrift zu schreiben. Anfang September 1939 wurde seine gesamte Arbeitsgruppe in die Wehrmacht eingezogen, Zapf jedoch wegen seiner Herzprobleme abgelehnt. Er wurde als Kartenzeichner nach Bordeaux geschickt, um dort geheime Karten von Spanien, speziell des Bahnnetzes, zu zeichnen. Gegen Kriegsende kam er in französische Kriegsgefangenschaft, wurde dort jedoch gut behandelt und wegen seiner angeschlagenen Gesundheit vier Wochen nach Kriegsende nach Hause nach Nürnberg geschickt.

Da ihm die D. Stempel AG eine Stellung angeboten hatte, ging Zapf wieder nach Frankfurt am Main und war dort von 1947 bis 1956 künstlerischer Leiter. Zwischen 1948 und 1950 war er auch nebenamtlich als Dozent für Typografie an der heutigen Hochschule für Gestaltung (HfG) in Offenbach am Main tätig. In dieser Zeit entwarf Zapf von 1951 bis 1954 auch 12 Briefmarken für die Deutsche Bundespost.

Während dieser Zeit war Hermann Zapf auch als Graphiker im Buchdesign für Verlagshäuser wie Suhrkamp, den Insel Verlag (auch Insel-Bücherei), die Büchergilde Gutenberg oder den Carl Hanser Verlag tätig. Aus Prinzip arbeitete er jedoch nie für Werbeagenturen. Eine weitere wichtige Betätigung war die des Schriftentwerfers; es entstanden die Palatino, Aldus und Optima (bereits 1952), die sich schnell etablierten und bis heute weit verbreitet sind.

Ab 1956 arbeitete er wieder als selbständiger Schriftgrafiker und Kalligraf in Frankfurt. Eine der Arbeiten als Kalligraf war beispielsweise 1960 die Ausfertigung der Präambel der Charta der Vereinten Nationen in vier Sprachen für die Pierpont Morgan Library in New York.

Seit den frühen 1960er Jahren beschäftigte er sich mit der Kombination von Typografie und Computerprogrammen und gehörte seit dieser Zeit als Mitglied dem International Center for the Typographic Arts (ICTA) an. In Deutschland wurden seine Ideen zum computergestützten Satz damals nicht ernstgenommen und sogar verlacht. Nach einer Vorlesung 1964 in den USA war die Universität von Texas in Austin sehr interessiert an Zapf und wollte sogar eine Professur extra für ihn einrichten. Er lehnte das Angebot jedoch ab, da seine Frau nicht in den USA leben wollte.

1972 ging er für einen Lehrauftrag für Typografie, den er bis 1981 ausübte, an die Technische Universität Darmstadt. 1976 wurde ihm vom Rochester Institute of Technology die Professur für computergestützte Typografie angeboten, die dort als weltweit erste aufgebaut wurde. Er nahm dieses Angebot an und unterrichtete im ständigen Wechsel zwischen Darmstadt und Rochester von 1977 bis 1987 auch am College of Graphic Arts and Photography.

1977 gründete er zusammen mit Aaron Burns und Herb Lubalin die Firma Design Processing International Inc. in New York. Das Ziel war die Entwicklung von Programmen für typographische Strukturen, die auch von Nichtspezialisten bedienbar sein sollten. Die Firma bestand bis 1986. Nach dem Tode Herb Lubalins entstand 1987 die Firma Zapf, Burns & Company. 1991 starb auch Burns, und zwei Angestellte stahlen die Ideen der Firma, um eine eigene zu gründen. Da es nicht praktikabel war, eine New Yorker Firma von Darmstadt aus zu führen, schloss auch diese Firma.

Seine Zusammenarbeit mit Donald Knuth begann 1971. Er arbeitete an der Entwicklung der Schriften für das von Knuth entwickelte Satzprogramm TeX mit. Das führte zur Entwicklung der Schriftenfamilie Euler für die American Mathematical Society. Zusammen mit Knuth gab Zapf 1989 eine Dokumentation dieser Schriftenfamilie heraus. Sie umfasst neben den lateinischen Buchstaben eine Griechisch-, eine Fraktur- und eine Schreibschrift. Diese Dokumentation erschien unter dem Titel AMS-Euler. A New Typeface for Mathematics.

Danach entwickelte Zapf in einer Kooperation mit der URW Software & Type GmbH in Hamburg das Computerprogramm „hz-Programm“. Dieses Programm enthält mikrotypografische Veränderungen zum besseren Zeilenausgleich. Diese Algorithmen wurden für das Programm InDesign lizenziert.

In den letzten Jahren erweiterte er seine Palatino-Schrift insbesondere um griechische und kyrillische Zeichen. Zudem arbeitete er die 1993 angefangene Schriftreihe Zapfino aus, die schließlich bei Linotype erschien.

Eine bedeutende Sammlung von Schriftentwürfen, Buchgestaltungen und Signeten Hermann Zapfs befindet sich in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel und kann dort partiell in einer Dauerausstellung besichtigt werden.

Schriften von Hermann Zapf

Beispiele für von Hermann Zapf entworfene Schriften

Bislang entwarf Hermann Zapf über 200 Schriften. Seine bekanntesten sind: Palatino, Aldus, Optima, Zapfino, Zapf Book, Zapf Dingbats und Zapf Chancery. Außerdem entwarf er auch einige gebrochene Schriften wie die Gilgengart (1938) und die Hallmark Textura (1969) sowie das pannigerianische Alphabet. Hier eine Liste seiner in der Linotype Library aufgeführten Schriften:

  • Aldus (1954)
  • Aldus nova (2005) zusammen mit Akira Kobayashi
  • AMS Euler (1981)
  • Aurelia (1983)
  • Edison (1978)
  • Kompakt (1954)
  • Marconi (1976)
  • Medici Script (1971)
  • Melior (1952)
  • Noris Script (1976)
  • Optima (1958)
  • Optima nova (2002) zusammen mit Akira Kobayashi
  • Orion (1974)
  • Palatino (1950)
  • Palatino Arabic (2005) zusammen mit Nadine Chahine
  • Palatino nova (2005) zusammen mit Akira Kobayashi
  • Palatino Sans (2007) zusammen mit Akira Kobayashi
  • Palatino Sans Arabic (2010) zusammen mit Nadine Chahine
  • Saphir (1953)
  • Sistina (1950)
  • Vario (1982)
  • Virtuosa Classic (2009) zusammen mit Akira Kobayashi
  • Venture (1969)
  • Linotype Zapf Essentials (2002)
  • Zapfino (1998)
  • Zapfino Extra (2003)
Zusammen mit Akira Kobayashi hat Hermann Zapf die Schrift Zapfino im Jahr 2003 überarbeitet und das Ergebnis ist die Zapfino Extra.
  • ITC Zapf Chancery (1979)
  • ITC Zapf International (1976)
  • ITC Zapf Book (1976)
  • Zapf Renaissance Antiqua (1984–1987)
  • ITC Zapf Dingbats (1978).

Ehrungen und Auszeichnungen

Werke

  • Alphabetgeschichten. Eine Chronik technischer Entwicklungen, Mergenthaler Edition/Linotype, Bad Homburg 2007, ISBN 3-9810319-5-4.

Weblinks

 Commons: Hermann Zapf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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