- Herzbestattung
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Unter einer Herzbestattung versteht man die Bestattung des Herzens getrennt vom Körper.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Seit der Antike galt das Herz als Sitz der Seele und des Charakters. Bereits im Frühmittelalter deuten einige Bestattungsrituale darauf hin, dass das Herz nach dem Tod aus dem Körper entfernt wurde, um getrennt von diesem beigesetzt zu werden.[1]
Als weiterer Grund für die Herzbestattung ist die gelegentlich lang dauernde Zeitspanne zu nennen, die zwischen Eintreten des Todes und der Beisetzung lag, wie beispielsweise bei Kaiser Lothar III.. Doch auch politische Interessen führten zur getrennten Beisetzung von Herz und Körper. So verfügte Kaiser Heinrich III., dass sein Herz nicht in der Familiengruft in Speyer, sondern in seinem Goslarer Stift „St. Simon und Judas“ seine letzte Ruhestätte finden sollte.
Vielen Herrschern des Mittelalters und der Neuzeit wurde nach dem Tod das Herz entnommen - teilweise auch die Eingeweide - und an einem getrennten Ort bestattet. Auch andere bekannte Personen pflegten diesen Brauch. So ruht das Herz des Begründers der modernen Olympischen Spiele, Pierre de Coubertin, in einer Säule vor dem antiken Stadion von Olympia.
Das Konzil von Vienne entschied 1311, dass die Seele im ganzen Körper des Menschen beheimatet wäre - nicht nur im Herzen. Trotzdem erreichte die Sitte der Herzbestattung erst im 17. Jahrhundert ihren Höhepunkt.
Auch die Habsburger pflegten, nachdem die Kaiserwürde dauerhaft an das Haus Habsburg übergegangen war, diesen Brauch. Die Körper der Verstorbenen wurden in der Kapuzinergruft bestattet, die Herzen wurden in sogenannte „Herzgrüftel“ in der Loretokapelle der Augustinergruft bestattet und die beim Einbalsamieren entfernten Eingeweide wurden in die Fürstengruft im Stephansdom gebracht. Bei den Wittelsbacher Herrschern war die Herzbestattung ebenfalls weit verbreitet.
Wegen dieses Begräbnisritus, der Adolf Hitler nicht bekannt war, ließ dieser 1940 zwar den Sarkophag mit dem Leichnam des Sohnes von Napoleon, Napoleon Franz Bonaparte, von Wien in den Invalidendom bringen, Herz und Eingeweide blieben jedoch in Wien.
Neben der Herzgruft wurden auch Herzurnen gefertigt.
Bekannte Persönlichkeiten, die eine Herzbestattung erhielten
- 973: ((Otto I. HRR)) (Herz in Memleben, Körper in Magdeburg))
- 1056: ((Heinrich III. HRR))(Herz in Goslar, Körper in Speyer)
- 1199: ((Friedrich I. HRR)) (Herz - Eingeweide) in Tarsos, Fleisch in Antiochia, Knochen in Tyros
- 1199: Richard Löwenherz(Herz in Rouen, Körper in Fontevrault)
- 1252: Blanka von Kastilien
- 1285: Philipp III. von Frankreich
- 1314: Philipp IV. von Frankreich
- 1321: Dante Alighieri
- 1322: Philipp V. von Frankreich
- 1328: Karl IV. von Frankreich
- 1350: Philipp VI. von Frankreich
- 1464: Nikolaus von Kues
- 1573: Anne de Montmorency
- 1679: Antonia von Württemberg
- 1715: Ludwig XIV.
- 1733: August der Starke
- 1780: Maria Theresia
- 1821: Napoléon Bonaparte
- 1825: Jacques-Louis David
- 1835: Andreas Miaoulis auf Hydra
- 1849: Frédéric Chopin
- 1861: Friedrich Wilhelm IV.
- 1886: Ludwig II. von Bayern(Herz in Altötting, Körper in München)
- 1871: Fürst Hermann von Pückler-Muskau
- 1935: Józef Piłsudski
- 1989: Zita von Bourbon-Parma
- 2011: Otto von Habsburg [2]
Literatur
- Charles Angell Bradford: Heart Burial. Allen & Unwin, London 1933.
- Marguerite Desfayes: Les tombeaux de coeurs et d’entrailles en france, au moyen-âge. In: Bulletin des musées de france. 12, 1947, ISSN 1144-1208, S. 18–20.
- Walter Michel: Herzbestattungen und der Herzkult des 17. Jahrhunderts. In: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte. 23, 1971, ISSN 0066-6432, S. 121–139.
- Armin Dietz: Ewige Herzen. Kleine Kulturgeschichte der Herzbestattungen. Medien- & Medizin-Verlag, München 1998, ISBN 3-8208-1339-X.
- Jean Nagle: La civilisation du cœur. Histoire du sentiment politique en france, du XIIe au XIXe siècle. Fayard, Paris 1998, ISBN 2-213-59928-9 (Nouvelles Études Historiques).
- Andreas Bräm: Von Herzen. Ein Beitrag zur systematischen Ikonographie. In: Micrologus. 11, 2003, ISSN 1123-2560, S. 159–192.
- Murielle Gaude-Ferragu: Le coeur „couronné“. Tombeaux et funérailles de coeur en france à la fin du Moyen age. In: Micrologus. 11, 2003, S. 241–265.
- Patrice Georges: L’exérèse du coeur dans l’embaumement médiéval occidental. In: Micrologus. 11, 2003, S. 279–286.
- Claire Mazel: Ils ont‚ préféré la croix au trône'. Les monuments funéraires des premiers bourbons. In: Thomas W. Gaehtgens, Nicole Hochner (Hrsg.): L'image du roi de François Ier à Louis XIV. Éd. de la Maison des sciences de l'homme, Paris 2006, ISBN 2-7351-1115-6, S. 169–190 (Passages 10).
- Semjon Aron Dreiling: Herzvereinung von König und Konnetabel. Das „monument du cœur“ des Anne de Montmorency in der Pariser Cölestinerkirche als monumentaler Loyalitätsbeweis. In: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft. 36, 2009, ISSN 0342-121X, S. 145–183.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Estella Weiss-Krejci: Heart burial in medieval and early post-medieval central Europe. In: Body Parts and Bodies Whole, S. 119-134. Hrsg. Katharina Rebay-Salisbury, Marie Louise Stig Sørensen und Jessica Hughes. Studies in Funerary Archaeology 5. Oxbow Books, Oxford 2010, pdf online@univie.ac.at, abgerufen am 6. Juli 2011
- ↑ Herzbestattung in Ungarn wienerzeitung.at, abgerufen am 6. Juli 2011
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