Himba

Himba
Himba-Mädchen bei Ruacana in Nordnamibia
Ein Himba-Kind

Als Himba (Pluralform in ihrer eigenen Sprache OvaHimba) bezeichnet man ein mit den Herero verwandtes Volk im Norden Namibias und im Süden Angolas. Die Himba gehören zur Sprachfamilie der Bantu. Etwa 16.000 Menschen soll dieses Hirtenvolk im Jahre 2002 noch umfasst haben. Sie gelten als letztes (halb)nomadisches Volk Namibias, während sie sich in Angola mit dieser Lebensweise in der Gesellschaft der Vakuval(e) und der Mundimba befinden.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Dorf der Himba
Berittene Hirten
Himba-Hirten im Kaokoveld

Himba wanderten als Teil der Vorfahren der heutigen Herero im 15./16.Jahrhundert aus dem Betschuanaland (dem heutigen Botswana) in das heutige Namibia. Sie lebten als nomadische Jäger und Sammler im Nordwesten Namibias, im Kaokoland am Kunene (zwischen Angola und den ehemaligen Homelands Owamboland und Damaraland).

Die von den übrigen Hererovölkern räumlich getrennten Siedlungsgebiete förderten eine getrennte Entwicklung, nicht zuletzt durch den Einfluss der Missionare auf die Herero und deren kriegerische Auseinandersetzungen mit den Nama. Die christianisierten Herero im Hereroland (im Umfeld von Okahandja, Windhoek und Otjimbingwe) unterschieden sich alsbald durch ihre Kleidung (die von der Ehefrau des Missionars Hahn „erfundene“, der viktorianischen Zeit entlehnte Hererotracht der Frauen hat hier ihren Ursprung) von ihren „heidnischen“ Brüdern und Schwestern im Kaokoveld und betrachteten diese bald als zweitklassige Herero, was die Trennung beschleunigte und vertiefte.

Im 19. Jahrhundert sahen sich die Himba Raubzügen aus dem Süden ausgesetzt und gerieten zudem in den Krieg der deutschen Kolonialherren mit den Herero (1904). Viele flohen nach Angola, schlossen sich der portugiesischen Kolonialmacht an und beteiligten sich an Plünderungen.

Nach 1920 wies ihnen Südafrika, das das Land über siebzig Jahre lang beherrschen sollte, ein Reservat zu. Sie durften aber weder Handel treiben noch ihr Vieh frei weiden lassen. So verarmten die einst wohlhabenden Viehzüchter noch mehr. Das so genannte Homeland Kaokoveld erhielt noch nicht einmal eine eigene Regierung.

Haus

Als in den achtziger Jahren Dürre und Krieg wüteten, stand die Kultur der Himba am Abgrund. Rund zwei Drittel ihres Viehbestandes (etwa 130.000 Tiere) verendeten. Viele Männer waren gezwungen, sich bei der südafrikanischen Armee anwerben zu lassen, und kämpften gegen die Guerrilleros, die für Namibias Unabhängigkeit kämpften. Gleichzeitig mit dem Ende des Aufstandes und der Unabhängigkeitserklärung Namibias kam auch der Regen zurück, und die Viehbestände der Himba wuchsen wieder an.

Mobile Schule, 2009

Doch nun bedroht das Projekt eines gewaltigen Stausees am Kunene und die vorgesehene Überschwemmung ihres Landes die Himbabevölkerung. Die Kultur der Himba kann darüber hinaus durch Tourismus und Verkehrserschließungen überfordert werden und sie in das Schicksal zahlreicher anderer indigenen Völker einreihen: der Lethargie, dem Alkohol und der sozialen Desintegration.

Heutige Situation

Ovahimba-Führer Kapuka Thom und sein Enkel

Himbanamibier (man schätzt das Volk auf ca. 7.000 Menschen) leben auch heute noch – vergleichsweise unberührt von der europäischen Zivilisation – in ihrer sich ständig anpassenden und verändernden Tradition als nomadisierende Viehzüchter, Jäger und Sammler vor allem im Kaokoveld, aber auch auf der angolanischen Seite des Kunene. Sie leben ohne Personalausweis und Urkunde in materiell extrem einfachen Verhältnissen. Wohlhabend im herkömmlichen Sinn war dieser Bantu-Stamm nie: Schon vor rund 100 Jahren wurden seine Mitglieder von kriegerischen Nama überfallen und ausgeraubt. Sie mussten bei den Nachbarn um Almosen bitten und wurden daher „Himba“ genannt, ein Wort, das sich von Ovahimba ableitet und Bettler bedeutet. Der Name geht auf den Stamm der Ngambwe in Angola zurück.

Kultur

Lebenszyklen

Unverheiratetes Himba-Mädchen
Himbamädchen
Himba-Frau

Kleidung und Schmuck

Ihre Bekleidung – sowohl die der Männer wie die der Frauen – beschränkt sich auf den ersten Blick auf knappe Lendenschurze aus Kalbsleder und Fell und gelegentlich selbst angefertigte Sandalen (aus Autoreifen). Viel größere Bedeutung haben bei ihnen Haartracht und Schmuck, für deren Komplexität lange nur Völkerkundler einen Blick hatten. Man kann z.B. an der Beintracht erkennen wie viele Kinder eine Himba-Frau hat!

Körperbemalung

Besonders auffällig ist die fettige Creme, mit der sich Männer wie Frauen einreiben. Sie verleiht ihnen nicht nur eine rote Hautfarbe, sondern schützt auch vor dem extrem heißen und trockenen Klima des Kaokovelds und vor Stechmücken. Sie besteht aus Butterfett und Ockerfarbe. Der färbende Bestandteil im natürlichen roten Ocker ist das Eisenoxid, dazu kommt das aromatische Harz des Omuzumba-Strauches.

Haartracht

Mädchen mit Haartracht, die das Gesicht weitgehend verdeckt

Die Frisuren bezeugen den sozialen Stand eines Gemeinschaftsmitglieds. Mädchen tragen ihr Haar vor der Pubertät in langen, mit Perlenschnüren verzierten und ins Gesicht fallenden Fransen. Zu zwei zur Stirn gerichteten Zöpfen hingegen heiratsfähige Männer. In überschulterlangen, gedrehten und mit Ocker eingeriebenen Flechten aus dem Gesicht gekämmt und mit Fellhaube geschmückt, präsentieren sich verheiratete Frauen. Trauernde tragen das Haar ungekämmt und offen. Verheiratete Männer tragen zumeist ein schwarzes Kopftuch, auf das sie nur bei großer Trauer verzichten.

Hausbau

Die Häuser der Himba sind kegelförmig angelegt, und sie werden mit Palmblättern, Lehm und Dung gefertigt. Da die Himba mit ihrem Vieh regelmäßig zwischen den Gehöften umherziehen sind einige Häuser nur während bestimmter Perioden bewohnt.

Erbrecht

Während das Vieh an die Kinder der Schwester vererbt wird, erhalten die eigenen Kinder das Vieh des Onkels mütterlicherseits. Nur die „heilige Herde“, die geweihten Feuerstäbe und die Verantwortung für das heilige Feuer werden an den Sohn vererbt. Das Feuer darf nie verlöschen, da es die Verbindung zwischen den Lebenden und den Toten aufrechterhält.

Subsistenzwirtschaft und Tourismus

Außer Viehzucht (Rinder, Ziegen und Fettschwanzschafe) und ein wenig Mais- und Kürbisanbau beschäftigen sich einige Himba-Männer mit der Fertigung einfacher Andenken und Werkzeuge, die sie direkt an Besucher verkaufen.

Insgesamt scheinen die Himba eine Wende eingeleitet zu haben: Hegegemeinschaften bestimmen über das Vieh und auch über den Tourismus. Es gibt mobile Schulen, in denen die Kinder Englisch lernen. Ihre Kultur hat viele Bedrohungen (Dürrekatastrophen und den SWAPO-Krieg) überstanden und sie wird sich an manchen Stellen verändern – aber sie hat wieder eine Überlebenschance. Anders ist die Situation der in der Umgebung von Opuwo verbliebenen Himba, der einzigen Stadt des Kaokovelds.

Foto-Galerie

Literatur

  • Gerhard Unterkofler: Namibia. Mit einem Abstecher zu den Viktoriafällen und ins Okavangodelta; [eine abenteuerliche Reise im Land der San und Himba] (Ausstellungskatalog); Gnas: Weishaupt, 2005; ISBN 3-7059-0225-3
  • Eberhard Rothfuss; Erwin Vogl; Ernst Struck; Klaus Rother: Ethnotourismus – Wahrnehmungen und Handlungsstrategien der pastoralnomadischen Himba (Namibia): Ein hermeneutischer, handlungstheoretischer und methodischer … Beitrag aus sozialgeographischer Perspektive; Universität Passau, Lehrstuhl für Anthropogeographie, 2004
  • Peter Pickford; Beverly Pickford; Margaret Jacobsohn: Himba – Die Nomaden Namibias; Edition Namibia, 3; Göttingen, Windhoek: Hess, 1998; ISBN 3-9804518-3-6 1998
  • Klaus G. Förg; Gerhard Burkl: Himba. Namibias ockerrotes Volk; Rosenheim: Rosenheimer Verlagshaus, 2004; ISBN 3-475-53572-6
  • Heidi und Eberhard von Koenen: Das alte Kaokoland. Klaus Hess Verlag, Göttingen, Windhoek 2004, ISBN 3-933117-24-0.
  • Henrica von der Behrens: Gartenbau der Himba: ackerbauliche Bodennutzung einer pastoralnomadischen Gruppe im Nordwesten Namibias; Köln: Institut für Völkerkunde, 2003
  • Kuno F. R. Budack; Irenäus Eibl-Eibesfeldt: Die Himba; in: Wulf Schiefenhövel, Johanna Uher, Robert Krell (Hrsg.): Im Spiegel der anderen. Aus dem Lebenswerk des Verhaltensforschers Irenäus Eibl-Eibesfeldt; München: Realis 2003; ISBN 3-930048-03-5; S. 46–55
  • Carol Ezzell: Die Himba und der große Damm; Spektrum der Wissenschaft, 2002, 74–83
  • Michael Bollig: Risk Management in a Hazardous Environment: A Comparative Study of Two Pastoral Societies; Pokot NW Kenya and Himba NW Namibia), Habilitation in Ethnologie an der Philosophischen Fakultät der Universität Köln, 1999

Weblinks

 Commons: Himba – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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