Hinrich Möller

Hinrich Möller

Hinrich Möller (* 20. April 1906 in Grevenkop; † 13. Oktober 1974 in Neumünster), zum Schluss SS Brigadeführer und Generalmajor der Polizei, war seit 1934 Leiter der SS-Standarte 50 in Flensburg und Polizeiführer dort. 1941 wurde er in Estland einer der Hauptverantwortlichen für die Ermordung der Juden im Reichskommissariat Ostland. Wegen des Mordes an zwei Kommunisten in Neumünster wurde er von den englischen Besatzungstruppen zum Tode verurteilt. Nachdem die Engländer die Angelegenheit an die deutschen Behörden übertragen hatten, wurde er nicht hingerichtet, sondern nach zehn Jahren Gefängnis frei gelassen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Möller erwarb 1922 an der Holstenschule den Oberrealabschluss und schloss 1926 seine kaufmännische Lehre als Kaufmannsgehilfe im elterlichen Betrieb ab. Hinrich Möller trat 1929 in die NSDAP (Mitgliedsnummer 113298) ein. Nach dem Eintritt in die SS (Mitgliedsnummer 5741) 1931 begann eine steile Karriere. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde Möller Polizeichef von Neumünster.

1934 ermordete er in dieser Funktion mit einigen Gehilfen die KPD-Mitglieder Christian Heuck und Rudolf Timm in dem ihm unterstellten Polizei-Gefängnis in Neumünster.

Einen Monat nach der Tat beförderte ihn Heinrich Himmler zum SS-Sturmbannführer, 1935 zum Obersturmbannführer und 1936 zum Standartenführer. Möller führte ab 7. Juli 1934 die 50. SS-Standarte mit Sitz im Karl-Radke-Haus in der Jürgengsgaarderstraße 11 in Flensburg, ab 1936 war er der reguläre Führer dieser Formation. Außerdem wurde Möller nach 1937 zeitweise Polizeipräsident und schließlich Polizeidirektor in Flensburg. Sein Stellvertreter in beiden Funktionen war der Standartenführer Hans Hinsch.

In der Reichspogromnacht verübte Möller am 10. November 1938 gegen drei Uhr morgens mit seinen SS-Männern einen Überfall auf das Gut Jägerslust bei Flensburg und seine wehrlosen Bewohner und Gäste.[1] Das Gut Jägerslust gehörte der Flensburger Familie Wolff, die zur dänischen Minderheit gehörte und teilweise jüdischen Glaubens war. Wolffs hatten das Gut zu Vorbereitungkursen von Auswanderungvorhaben nach Palästina, der Hachschara, zur Verfügung gestellt. Die SS-Männer verwüsteten das Gut, verhafteten die Bewohner und ihre Gäste.[2] Der Hausherr Alexander Wolff wurde verprügelt und bewusstlos nach Dänemark verschleppt. Nach getaner Arbeit ließ Möller seine SS-Mannschaft aufsitzen und fuhr mit ihnen nach Friedrichstadt weiter. Gegen neun Uhr morgens traf er in Friedrichstadt ein. Er verkündete, das nächtliche Zerstörungswerk „vollenden“ zu wollen und ließ sich zur Synagoge und den „Judenhäusern“ führen. Dabei kam es zu erneuten Übergriffen. In der Synagoge versuchte Möller, den Kronleuchter nieder zu reißen, indem er sich daran festhielt.[3] Bevor Möller Friedrichstadt wieder verließ, befahl er die Verhaftung aller jüdischen Bürger.[4]

Ab August 1941 fungierte Möller als SS- und Polizeiführer Estland in Estlands Hauptstadt Reval/Tallinn und war allem Anschein nach in führender Rolle an der Vernichtung der estnischen Judenschaft beteiligt. 1944 wurde er zum SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei befördert.

Wegen seiner Terrormaßnahmen gegenüber jüdischen Bürgern in Schleswig-Holstein wurde Möller nach 1945 zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt.[5] Wegen der Ermordung von zwei KPD-Funktionären wurde Möller am 4. Dezember 1947 vom Landgericht Kiel zum Tode verurteilt. Die Strafe wurde aber 1948 in lebenslänglich umgewandelt und 1954 auf dem Gnadenweg auf 15 Jahre reduziert. 1958 wurde Möller entlassen. Möller hatte sich vor Gericht geweigert, seine Mittäter anzugeben. Das Gericht hatte sich damit zufrieden gegeben.[6] Verurteilungen wegen seiner Taten in Estland sind nicht bekannt.

Literatur

  • Uwe Danker, Astrid Schwabe: Schleswig-Holstein und der Nationalsozialismus. Neumünster 2005
  • Irene Dittrich: Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu den Stätten von Widerstand und Verfolgung. Frankfurt/M. 1933, ISBN 3-888640-46-6
  • Ernst Klee: Personenlexikon zum Dritten Reich. Frankfurt am Main 2005, Seite 414
  • Reimer Möller: Die Morde der SS an den KPD-Funktionären Rudolf Timm und Christian Heuck 1934 in Neumünster. Informationen zur Schleswig-Holsteinischen Zeitgeschichte 41/42 HRSG Arbeitskreis zur Erforschung des Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein, Kiel 2003
  • Bernd Philipsen: Jägerslust: Gutshof, Kibbuz, Flüchtlingslager, Militär-Areal . Gesellschaft für Stadtgeschichte, Flensburg 2008, ISBN 978-3-925856-59-4

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. hierzu: Bernd Philipsen: Jägerslust: Gutshof, Kibbuz, Flüchtlingslager, Militär-Areal. Flensburg 2008
  2. siehe Reimer Möller: Die Morde der SS an den KPD-Funktionären Rudolf Timm und Christian Heuck 1934 in Neumünster. Informationen zur Schleswig-Holsteinischen Zeitgeschichte 41/42 HRSG Arbeitskreis zur Erforschung des Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein, Kiel 2003, Seite 159ff.
  3. Vgl. hierzu: Gerhard Paul, Miriam Gillis-Carlebach: Menora und Hakenkreuz. Neumünster 1998
  4. Vgl. hierzu: Irene Dittrich: Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu den Stätten von Widerstand und Verfolgung. Seite 115/116
  5. Vgl. hierzu: Irene Dittrich: Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu den Stätten von Widerstand und Verfolgung
  6. Vgl. hierzu: Uwe Danker, Astrid Schwabe: Schleswig-Holstein und der Nationalsozialismus. Seite 37

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