Hugo Portisch

Hugo Portisch
Hugo Portisch (2009)

Hugo Portisch (* 19. Februar 1927 in Pressburg, damals Tschechoslowakei) ist ein österreichischer Journalist. Durch seine Art, komplizierte politische und wirtschaftliche Zusammenhänge auch für den Laien verständlich zu erklären, wurde er zu einem der bedeutendsten Journalisten in Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg.

Inhaltsverzeichnis

Leben

In Pressburg (Bratislava) verbrachte er seine Schulzeit als Sohn österreichischer Eltern. Sein Vater Emil (1887–1985) war bereits journalistisch tätig: Er war Chefredakteur der „Pressburger Zeitung“, einer liberalen Zeitung, die 1939 aus politischen Gründen eingestellt wurde. Während des Krieges war der Vater ein paar Jahre in der slowakischen Nachrichtenagentur tätig, verließ aber bald mit der Mutter von Hugo Portisch Pressburg und kehrte nach St. Pölten zurück, während der Sohn in Pressburg weiterhin das deutsche Gymnasium besuchte. Nach der Matura 1945 verließ auch Hugo Portisch rechtzeitig vor dem Einmarsch der Roten Armee die Stadt und kehrte gegen Kriegsende nach St. Pölten zurück, wo seine Familie bei seinen Großeltern, die dort eine Autowerkstätte betrieben, bereits wohnten. Portisch studierte an der Universität Wien Geschichte, Germanistik, Anglistik und Publizistik und schloss 1951 das Studium mit der Dissertation Das Zeitungswesen und die öffentliche Meinung in den Vereinigten Staaten von Nordamerika vor und während des Bürgerkrieges 1861-1865 [1] als Dr. phil. ab.

Verheiratet ist er mit Gertraude Portisch, die Autorin von Kinderbüchern ist, die sie unter ihrem Geburtsnamen Traudi Reich veröffentlicht. Ihr Sohn ist als Maler tätig ist und betreibt in Madagaskar eine Landwirtschaft.[2]

Er hat einen älteren Bruder (Emil Portisch jun.), der ebenfalls als Journalist arbeitete.

Journalistischer Werdegang

Als Journalist begann er 1947 als Redaktionseleve der Wiener Redaktion des St. Pöltner Pressvereins. 1948 war er als Redaktionsaspirant bei der Wiener Tageszeitung tätig, deren außenpolitisches Ressort er 1950 übernahm. Im Zusammenhang absolvierte er 1950 auch einen sechsmonatigen Journalistenkurs in den USA, und arbeitete dabei unter anderem bei der New York Times und der Washington Post. 1953 wurde Portisch stellvertretender Leiter des österreichischen Informationsdiensts in New York. Dabei begleitete er beispielsweise Bundeskanzler Julius Raab bei seinem Auslandsbesuch in den Staaten.

1954 kam er unter Hans Dichand zum Kurier und war 1958 sein Nachfolger als Chefredakteur. Nach dem Rundfunkvolksbegehren, das er beim Kurier selbst mit anderen Zeitungsherausgebern mit initiierte, kam er 1967 zum ORF und wurde dort Chefkommentator. Während seiner Zeit beim Kurier war er auch beim Bayerischen Fernsehen tätig.

Neben diesen Tätigkeiten verfasste er auch Bücher, wie die Serie „So sah ich …“, wie Sibirien oder China, die teilweise Bestseller wurden.

Lange Jahre war er Auslandskorrespondent des ORF in London.

Im Jahre 1991 schlug man ihn sogar als Nachfolger des scheidenden Bundespräsidenten Kurt Waldheim vor. Nach dem angeschlagenen Image im Ausland wollte man einen bekannten und kompetenten Mann in dieses Amt wählen. Die konkurrierenden Parteien SPÖ und ÖVP wären sogar bereit gewesen, Hugo Portisch gemeinsam bei der Kandidatur zu unterstützen.

Hugo Portisch zeigte sich ob des Vertrauensbeweises geehrt, lehnte jedoch mit Verweis auf die protokollarischen Einengungen, die mit dem Amt verbunden sind, dankend ab.

Nur einmalig war sein Auftritt als Filmschauspieler 1980 im Film Maria Theresia, wo er die Rolle des außenpolitischen Beraters der Herrscherin spielte.

Bekannte Dokumentationen

Bekannt wurde Hugo Portisch durch seine Bücher und die daraus resultierenden Fernsehserien Österreich I und Österreich II (Sprecher: Otto Clemens), in denen er die Geschichte der Ersten und Zweiten Republik allgemein verständlich sehr anschaulich dargestellt hat. Aber auch weltpolitische Sendungen wie Friede durch Angst (Sprecher: Otto Clemens) oder Die deutsche Konfrontation wurden große Erfolge.

Anlässlich des Jubiläumsjahres 2005 produzierte er die Dokumentarserie Die Zweite Republik – eine unglaubliche Geschichte für den ORF, in der Dokumente gezeigt und erklärt werden, die bei seinen vorherigen Dokumentationen noch unter Verschluss anderer Staaten, vor allem Russlands, waren.

Weiters ist Hugo Portisch auch ein anerkannter Spezialist für Pilze. Mit seiner Frau hat er ein Buch übers Pilzesuchen veröffentlicht und präsentierte den ORF-Film aus der Dokumentations-Reihe Universum Das geheimnisvolle Leben der Pilze.

Kritik

Vor allem mit seinen Dokumentationen Österreich I und Österreich II hat Hugo Portisch das kollektive Geschichtsbewusstsein Österreichs geprägt. Von Zeitgeschichtlern werden jedoch unter anderem seine Darstellungen der Entnazifizierung und der Ausschaltung des Parlaments kritisiert. (Letztere wurde in der Dokumentation mit „die Demokraten konnten sich nicht einigen“ kommentiert.) Portisch erwiderte die Kritik mit der Feststellung, er sei Journalist und kein Historiker.

Sonstiges

Durch seine guten Kontakte erfuhr er als stellvertretender Chefredakteur des Kurier als erster vom Staatsvertrag und berichtete sofort darüber. Da der Kurier als Mittagszeitung damals nicht über Kolporteure verteilt wurde, verkauften die Journalisten die Zeitung selbst. Die Ausgabe über den Staatsvertrag mussten sie aber teilweise verschenken, da die Bevölkerung bei dem Bericht darüber nur an eine Zeitungsente glaubte.

Auszeichnungen

Nach drei regulären Romy-Auszeichnungen als beliebtester Kommentator (1990, 1992, 1993) wurde ihm 2002 auch die Platin-Romy für sein Lebenswerk verliehen.

Publikationen

Hugo Portisch liest aus Die Olive & wir (2009)
  • Augenzeuge der Weltpolitik
  • Augenzeuge in Rotchina im Südwest Verl. (1965) oder „So sah ich China“ Verlag Kremayr & Scheriau (1965)
  • Hört die Signale
  • Friede durch Angst
  • So sah ich Sibirien: Europa hinter dem Ural (1969)
  • Österreich I - Die unterschätzte Republik (1989) ISBN 3-218-00485-3
  • Pilze suchen – ein Vergnügen
  • Die Olive & wir, mit seiner Frau Traudi Reich. Ecowin Verlag 2009. ISBN 978-3-902404-72-5
  • Was jetzt, Ecowin Verlag 2011. ISBN 978-3-7110-0019-4

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Katalogzettel Österreichische Nationalbibliothek
  2. Kronen Zeitung: Mutter Courage der leisen Töne, 16. November 2010

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Portisch — ist der Familienname folgender Personen: Ferenc Portisch (* 1939), ungarischer Schachspieler Hugo Portisch (* 1927), österreichischer Journalist Lajos Portisch (* 1937), ungarischer Schachspieler Diese Seite ist eine Begri …   Deutsch Wikipedia

  • Österreich II — ist eine von 1981 bis 1995 von Hugo Portisch und Sepp Riff gestaltete historische Dokumentarfilmreihe über die Geschichte Österreichs nach 1945. Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Gestaltung 3 Ausstrahlung …   Deutsch Wikipedia

  • Romy (Fernsehpreis) — Entrée der Romy Verleihung 2008 Die Romy ist ein österreichischer Fernsehpreis, der seit 1990 von der Tageszeitung Kurier zur Erinnerung an die international bekannte deutsch französische Schauspielerin Romy Schneider vergeben wird. Initiator und …   Deutsch Wikipedia

  • Fernsehen in Österreich — Schulgebäude Singrienergasse (Wien Meidling): erstes TV Studio des ORF Die Geschichte des Fernsehens in Österreich besteht bis in die jüngste Vergangenheit im Wesentlichen aus der Geschichte des ORF. Der Österreichische Rundfunk geht historisch… …   Deutsch Wikipedia

  • Wiener Kurier — Kurier Beschreibung österreichische Tageszeitung Erstausgabe 18. Oktober 1954 …   Deutsch Wikipedia

  • Österreichisches Fernsehen — Schulgebäude Singrienergasse (Wien Meidling): erstes TV Studio des ORF Die Geschichte des Fernsehens in Österreich besteht bis in die jüngste Vergangenheit im Wesentlichen aus der Geschichte des ORF. Der Österreichische Rundfunk geht historisch… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Poo–Pos — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Österreich I — ist eine von Hugo Portisch und Sepp Riff 1989 gestaltete historische Dokumentarfilmreihe über die Geschichte der Ersten Republik von 1918–1938. Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Die Folgen im Detail 3 Rezeption …   Deutsch Wikipedia

  • Cato (Pseudonym) — Hans Dichand (* 29. Januar 1921 in Graz) ist ein österreichischer Journalist und Herausgeber der Kronen Zeitung. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Karriere 3 Dichands Macht in Österreich …   Deutsch Wikipedia

  • Geschichte des Fernsehens in Österreich — Schulgebäude Singrienergasse (Wien Meidling): erstes TV Studio des ORF Die Geschichte des Fernsehens in Österreich besteht bis in die jüngste Vergangenheit im Wesentlichen aus der Geschichte des ORF. Der Österreichische Rundfunk geht historisch… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”