Hunt

Hunt
Förderwagen

Als Hunt wird in der Bergmannssprache ein offener, kastenförmiger Förderwagen bezeichnet. Die Wörter „Hunt“ und „Hund“[1] werden synonym verwendet. Im Unterschied zu einer Lore besitzt der Hunt keine Kippmulde.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Deutscher Leitnagelhunt, aus: Georgius Agricola: De re metallica libri XII, 1556
Huntslauf für Spurnagelhunte

Der Hunt entwickelte sich im 16. Jahrhundert aus der Notwendigkeit, die Förderleistung zu erhöhen. Bis dato wurde mit Trögen, Körben oder Laufkarren gefördert.[2]

Man unterscheidet in der Geschichte des Huntes zwischen unterschiedlichen Ausführungen:

  • Der Spurnagel- oder Deutsche Hunt (16. Jh. bis Mitte des 19. Jh.) bestand aus einem eisenbeschlagenen Holzkasten mit etwa 150 Liter Inhalt. Er hatte verschieden große Räder, die auf Bohlen liefen. Der Spurnagel führte den Hunt in dem Spalt zwischen den beiden Bohlen.
  • Der Ungarische Hunt (ab 1779 bis Mitte des 19. Jh.) glich im Wesentlichen einem deutschen Hunt ohne Spurnagel. Die Räder liefen auf Holzbohlen oder Kanthölzern, wobei bei letzterem der Wagenkastenboden tiefer als die Laufflächen ist und dadurch den Hunt zwischen den Kanthölzern führt.[3] Die hintere Achse ist beinahe mittig angebracht, so dass der Huntstößer den Hunt mit ganz geringem Kraftaufwand dirigieren kann.
  • Der Mansfelder Hunt ist auf die Förderung im niedrigen Abbau des Kupferschiefers optimiert. Es handelte sich um einen niedrigen Kasten, der mit einem an einer Öse befestigten Riemen von den Bergjungen gezogen wurde. Diese Arbeit nannte man Trecken[4]. Ein Huntslauf wird nicht benötigt, da die Sohle im Kupferschieferbergbau aus der Hornbank besteht, die eine feste und glatte Oberfläche aufweist.[5]

Alle diese Hunte hatten zunächst lediglich hölzerne Scheibenräder, die auf hölzernen (oder eisenverstärkten) Winkelschienen liefen. Der längeren Haltbarkeit wegen, und weil sie kaum schwerer und teurer als die hölzernen waren, kamen später gusseiserne Räder zum Einsatz.[6] Der Hunt wird durch die seitliche Aufkantung der Schienen oder einen abgestumpften eisernen Nagel (Magnus clavus ferrus obtusus [7]) am Hunt, später als so genannter Leit-[8] oder Spurnagel [9] bekannt geworden, geführt.

Die alte Huntsförderung hatte den Vorteil, dass ohne komplizierte Weichen und Kreuzungen einfach mit Muskelkraft durch Druck auf den Hunt die Richtung des Huntes geändert werden konnte. Diese Art nannte man auch Deutsches Hundsgestänge. Es war ebenfalls möglich, auf unebenen oder schiefen Stollen und ohne Gleise zu fördern.

Aus England kam der Spurkranz nach Deutschland. Für das englische Gestänge war es erforderlich, dass entsprechend gerade und ebene Schienen verlegt wurden, auf denen die Wagen laufen. Springt der Wagen aus der Spur, läuft er nicht weiter. Durch den geringeren Rollwiderstand ließ sich aber die Förderleistung erhöhen, weshalb sich der englische Förderwagen (1842 –1915) zusammen mit dem Bau fluchtgerechter Stollen und Strecken durchsetzte. Die Weiterentwicklung des englischen Förderwagens ist der Muldenwagen, wie er bis heute verwendet wird.

Später entwickelte sich aus dem Prinzip des schienengebundenen Huntes das gesamte Eisenbahnwesen.

Wortherkunft

Die Herkunft des Wortes „Hunt“ ist nicht eindeutig geklärt.

Nach Agricola sollen die im Mittelalter verwendeten Hunte aus Holz beim Schieben durch den Huntstößer auf sogenannten Spurlatten (hölzerne Schienen) besonders in Kurven ein bellendes Geräusch verursacht haben.[10]

Eine andere Erklärungsversion der Herkunft des Wortes „Hunt“: Die Bezeichnung soll aus dem slowakischen Wort „hyntow“ (= Wagen) abgeleitet sein.[1][11] Diese Erklärung ist jedoch, angesichts der geradezu sprichwörtlichen Fülle von Germanismen in der Slowakischen Sprache sowie insbesondere der Tatsache, dass gerade technische Begriffe von slowakischen Wanderarbeitern (in der K.u.k. Monarchie) in die Heimat mitgebracht worden sind, höchst zweifelhaft. Daher ist eher das deutsche Wort als das ursprüngliche anzusehen und „hyntow“ sehr wahrscheinlich ein Germanismus.

Die im Mittelalter tatsächlich übliche Verwendung von Zugtieren und Vögeln im Bergbau und die synonyme Bezeichnung „Hund“ haben dazu geführt, dass in einigen literarischen Wiedergaben von der Verwendung von Hunden (Tier) die Rede ist. Hierbei handelt es sich jedoch um einen Irrtum.

Sprichwort

Das Sprichwort „Vor die Hunte/Hunde gehen“ leitet sich vom Grubenwagen ab: Wenn in alten Zeiten ein Bergmann schlecht gearbeitet hatte, musste er zur Strafe die Hunte ziehen; so kam jeder, den das Erdenglück verlassen hatte, »vor die Hunte«.[12]

Einsatzgebiete

Hunt am Hochofen, Duisburg

Bergbau

Im Bergbau diente der Hunt der Beförderung unter Tage des Abbaumateriales vom Abbauort über das unterirdische Schienensystem zum Förderkorb und nach Übertage. Im Ruhrrevier des 19. Jahrhunderts diente der Hunt auch zur Förderung im Schacht. Der Hunt wird an das Seil angeschlagen und in dem tonnlägigen Schacht hochgezogen.

Stahlerzeugung

Auch auf einer Hochofenanlage werden die offenen Förderwagen Hunt genannt: ein seilgezogener Wagen auf der Schrägrampe zur Beschickung eines Hochofens mit Erzen und Zuschlagstoffen.

Logistik allgemein

Transportwagen zum Lastentransport, Möbeltransport usw. werden ebenfalls als „Hunt“ bezeichnet. Dabei wird auf die oben erwähnte Bergmannssprache zurückgegriffen. Die Transportwagen können einfache Bretter mit Rollen sein oder auch mit Motorkraft betrieben werden. In Supermärkten und Lagerhäusern werden oft sogenannte Elektrohunte oder -hunde (auch „Ameise“) eingesetzt, die ähnlich wie Gabelstapler eine Gabel zum Transport von Paletten besitzen, jedoch keinen Führerstand haben. Der moderne Huntstößer läuft also auch hinter dem Hunt her, muss aber nicht mehr schieben, sondern nur noch einen Steuerhebel bedienen.

Bildbeispiele

Quellen

  1. a b Heise-Herbst, „Bergbaukunde“, zweiter Band, Springer-Verlag 1910, Seite 269: „In verschiedenen Bergbaugebieten werden die Förderwagen als ‚Hunde‘ bezeichnet. Man hat dies Wort aus dem Slowakischen herleiten zu müssen geglaubt (hyntow), und daher die Schreibweise ‚Hunt‘ vorgeschlagen. Jedoch finden sich im Bergbau und Maschinenwesen vielfach Tiernamen als Bezeichnungen, wie z. B. ‚Bär‘ für ‚Gegengewicht‘, ‚Katze‘ oder ‚Laufkatze‘ für kleine Wagen mit Flaschenzug, ‚Teckel‘ für die kleinen Holzwagen in Westfalen; es erscheint daher nicht notwendig, zu einer solchen Erklärung zu greifen.“
  2. Otfried Wagenbreth; Eberhard Wächtler (Hrsg.): Der Freiberger Bergbau. Technische Denkmale und Geschichte. 2. Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1988, ISBN 3-342-00117-8, S. 33–35.
  3. Otfried Wagenbreth; Eberhard Wächtler (Hrsg.): Der Freiberger Bergbau. Technische Denkmale und Geschichte. 2. Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1988, ISBN 3-342-00117-8, S. 274.
  4. Erdmenger, Der Mansfeldsche Kupferschiefer
  5. Autorenkollektiv; Horst Roschlau, Hans-Joachim Haberkorn (Hrsg.): Geologisches Grundwissen. 2. Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1977, S. 146.
  6. Daub: Der Bergbau des Münsterthals bei Freiburg im Breisgau, in technischer Beziehung. In: C.B.J. Karsten (Hrsg.)/H.v.Dechen (Hrsg.): Archiv für Mineralogie, Geognosie, Bergbau und Hüttenkunde. Zwanzigster Band, verlegt bei G.Reimer, Berlin 1846
  7. Georg Agricola: De re metallica libri XII, Basel 1561, Seite 113
  8. Minerophilo Freibergensi: Neues und wohleingerichtetes Mineral= und Bergwerks=lexikon, Andere Ausgabe, bey Johann Christoph und Johann David Stößel; Chemnitz 1743
  9. Franz Ludwig Cancrinus: erste Gründe der Berg und Salzwerkskunde, Fünfter Teil, Frankfurt am Main 1774
  10. Georg Agricola: De Re Metallica Libri XII. Zwölf Bücher vom Berg– und Hüttenwesen. unveränderter Nachdruck der Erstausgabe des VDI-Verlags 1928 Auflage. Marixverlag, Wiesbaden 2006, ISBN 3-86539-097-8, S. 126–127 („Da er, wenn er gefahren wird, einen Ton erzeugt, der einigen dem Bellen der Hunde ähnlich dünkt, so nannten sie ihn Hund.“).
  11. Das kleine Bergbaulexikon, Verlag Glückauf 1998
  12. Lit.: Vitus B. Dröscher: Sie turteln wie die Tauben, Hamburg 1988; [Lexikon: Hunde 3. DB Sonderband: Das digitale Lexikon der populären Irrtümer, S. 688; (vgl. LexPI Bd. 2, S. 146)]

Weblinks

 Commons: Mining carts – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Hunt – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Siehe auch


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  • Hunt — Hunt, v. i. 1. To follow the chase; to go out in pursuit of game; to course with hounds. [1913 Webster] Esau went to the field to hunt for venison. Gen. xxvii. 5. [1913 Webster] 2. To seek; to pursue; to search; with for or after. [1913 Webster]… …   The Collaborative International Dictionary of English

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