Alternative Wirtschaftspolitik

Alternative Wirtschaftspolitik

In der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik (auch Memorandum- oder kurz Memo-Gruppe) arbeiten nach Selbstdarstellung [1] Wirtschaftswissenschaftler und Gewerkschafter „an der Entwicklung wirtschaftspolitischer Vorschläge und Perspektiven, die sich an der Sicherung sinnvoller Arbeitsplätze, der Verbesserung des Lebensstandards und dem Ausbau des Systems der sozialen Sicherheit für die ArbeitnehmerInnen sowie wirksamer Umweltsicherung in der Bundesrepublik orientieren“.

Dabei werden Positionen und Theorien kritisiert, „die Beschäftigung, Einkommen, Sozialleistungen und Umweltschutz den Gewinnen der Privatwirtschaft nach- und unterordnen“. Die große Mehrheit der Wirtschaftswissenschaftler unterstütze eine in erster Linie auf private Gewinnförderung gerichtete Wirtschaftspolitik und vermittele den Eindruck, es gebe aus wissenschaftlichen Gründen keine Alternative. Dem setzte die Arbeitsgruppe ihre Analysen und Vorschläge entgegen.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung der Memorandum-Gruppe

Die Arbeitsgruppe legte erstmals im November 1975, kurz nach Verabschiedung des 1. Haushaltsstrukturgesetzes durch das Bundeskabinett, in dem die Arbeitsgruppe die Einleitung des Sozialabbaus in der Bundesrepublik sieht, ein „Memorandum für eine wirksame und soziale Wirtschaftspolitik“ vor. Seit 1977 wird in jedem Jahr in der Woche vor dem 1. Mai ein weiteres Memorandum für eine alternative Wirtschaftspolitik veröffentlicht. Zusätzlich sind zahlreiche Stellungnahmen zu aktuellen wirtschafts-, finanz- und sozialpolitischen Fragen erstellt worden. Mittlerweile gilt das Memorandum vielfach als „Gegengutachten“ zum jährlichen Gutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (der „fünf Weisen“).

Die Memorandum-Gruppe wird ausschließlich durch Spenden sowie aus den Einnahmen für die jeweiligen Veröffentlichungen finanziert. Es gibt weder formelle Mitgliedschaft noch einen formellen Vorstand o.a. An den Tagungen und der Arbeit kann jeder teilnehmen, der Interesse daran hat und dies durch Bereitschaft zur Mitarbeit zum Ausdruck bringt.

Grundzüge der Vorschläge (2004/05)

Die Arbeitsgruppe sieht die Prägung der Wirtschafts- und Sozialpolitik als Hauptgrund einer Abwärtsspirale aus Nachfrageschwäche und Massenarbeitslosigkeit an.

Die Arbeitsgruppe schlägt eine nachfragestärkende Politik vor. Ein öffentliches Investitionsprogramm unter anderem für Infrastruktur und Bildungsinfrastruktur und mehr öffentlich Beschäftigte z.B. Lehrer sollen das Wirtschaftswachstum anstoßen.

Die Beschäftigung im Bereich der öffentlichen Verwaltung ist laut Angaben der Arbeitsgruppe in Deutschland zwischen 1991 und 2001 um 1,1 Millionen Personen abgebaut worden.

Die Finanzierung soll größtenteils durch eine Erhöhung der Körperschaftssteuer, Erbschaftsteuer und Einkommensteuer (bzw. den Abbau durch Vergünstigungen u. a Spekulationsgewinne, Zinseinkünfte, Dividendeneinkünfte), der Wiedereinführung der Vermögenssteuer und der Börsenumsatzsteuer geschehen.

Die AAW spricht sich für eine Erhöhung der Löhne und eine Verkürzung der Arbeitszeit gemäß den Gewinnen und Produktionsfortschritten der Firmen aus, da geringere Löhne die Binnennachfrage senken würden.

Die Sozialversicherungen sollen auf eine breitere Basis gestellt werden, Pflichtmitglieder sollen auch Selbstständige, Reiche und Beamte werden. Die Finanzierung soll einkommensabhängig geschehen

Die AAW spricht sich gegen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer aus, auch zum Zwecke einer Gegenfinanzierung zur Senkung von Lohnnebenkosten, da dadurch insgesamt die Nachfrage durch die zusätzliche Belastung der ArbeitnehmerInnen sinken würde.

Die Arbeitsgruppe schlägt die Einführung von Mindeststandards (z. B. Mindestlöhnen) vor.

Sie schlägt die Einführung einer Devisentransaktionsteuer (Tobinsteuer) vor, deren Einnahmen als Finanzierungshilfen für die ärmsten Länder der Welt genutzt werden sollen.

Euro-Memorandum

Die Arbeitsgruppe hat über ihre auf Deutschland bezogene Arbeit hinaus auch ein Netzwerk europäischer Wirtschaftswissenschaftler mit aufgebaut, die das jährliche Euro-Memorandum herausgibt. Darin finden sich alternative ökonomische Analysen und Empfehlungen für die Wirtschaftspolitik der Europäischen Union und ihre Mitgliedstaaten.


Siehe auch

Arbeitszeit, Keynesianismus, Neoliberalismus, Sozialversicherung (Deutschland), Wirtschaftswachstum

Aktuelle Veröffentlichungen

  • MEMORANDUM 2008: Neuverteilung von Einkommen, Arbeit und Macht. Alternativen zur Bedienung der Oberschicht Kurzfassung (PDF); ISBN 978-3894383893
  • MEMORANDUM 2007: Mehr und bessere Beschäftigung, ökologischer Umbau und soziale Gerechtigkeit – Demokratische Wirtschaftspolitik statt Aufschwungstaumel, Kurzfassung (PDF), ISBN 978-3894383640
  • MEMORANDUM 2006: Mehr Beschäftigung braucht eine andere Verteilung, Kurzfassung (PDF), ISBN 3894383437
  • MEMORANDUM 2005: Sozialstaat statt Konzern-Gesellschaft. Alternativen der Wirtschaftspolitik, Kurzfassung (PDF), ISBN 3894383240
  • M-2405 Gerechte Steuern – Öffentliche Finanzen stärken Konzept für eine „Solidarische Einfachsteuer“ (SES), von Sven Giegold (attac), Rudolf Hickel (Memo), Ralf Krämer (ver.di), Astrid Kraus (attac), Detlev v. Larcher (attac), Axel Troost (Memo), Achim Truger (IMK in der Hans-Böckler-Stiftung), Burkhard Winsemann - 18. Juli 2005 (PDF)
  • MEMORANDUM 2004: Beschäftigung, Solidarität und Gerechtigkeit - Reform statt Gegenreform, Kurzfassung (PDF), ISBN 3894382910
  • EuroMemorandum 2005: Demokratische Politik gegen die Herrschaft der Märkte - Vorschläge für eine integrierte Entwicklungsstrategie in Europa (PDF)
  • EuroMemorandum 2006: Eine demokratische wirtschaftspolitische Alternative zum neoliberalen Umbau Europas, (PDF)

Weblinks


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