Hyla meridionalis

Hyla meridionalis
Mittelmeer-Laubfrosch
Mittelmeer-Laubfrosch (Hyla meridionalis)

Mittelmeer-Laubfrosch (Hyla meridionalis)

Systematik
Klasse: Lurche (Amphibia)
Ordnung: Froschlurche (Anura)
Familie: Laubfrösche i.w.S. (Hylidae)
Unterfamilie: Hylinae
Gattung: Laubfrösche (Hyla)
Art: Mittelmeer-Laubfrosch
Wissenschaftlicher Name
Hyla meridionalis
Boettger, 1874

Der Mittelmeer-Laubfrosch (Hyla meridionalis) ist ein kleiner, glatthäutiger Baumfrosch, der zur artenreichen Familie der Laubfrösche (Hylidae) gehört und im westlichen Mittelmeerraum verbreitet ist. Meist sind die Tiere oberseits einfarbig hellgrün gefärbt, manchmal auch gefleckt. Im Gegensatz zum recht ähnlichen Europäischen Laubfrosch (Hyla arborea) fehlt dieser Art ein durchgängiger dunkler Seitenstreifen mit sogenannter „Hüftschlinge“. Auch ist sie geringfügig größer als dieser, nicht ganz so stumpfschnauzig und ihr Paarungsruf ist sehr verschieden. Früher (noch etwa bis in die 1960er-Jahre) wurde der Mittelmeer-Laubfrosch dennoch nur als eine Unterart von Hyla arborea aufgefasst.

In und um Europa werden heute fünf Laubfroscharten unterschieden – neben Hyla meridionalis und H. arborea noch der Italienische, der Tyrrhenische und der Kleinasiatische Laubfrosch (H. intermedia, H. sarda und H. savignyi). In Afrika ist der Mittelmeer-Laubfrosch der einzige Vertreter der Familie Hylidae, die ihren Schwerpunkt in der Neuen Welt hat.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Erwachsene Tiere erreichen normalerweise eine Kopf-Rumpf-Länge von bis zu fünf Zentimetern, weibliche Exemplare können manchmal aber auch bis zu 6,5 cm groß werden. Der Kopf ist relativ kurz und vorne abgerundet. Die Augen weisen waagerecht-elliptische Pupillen auf. Hinter den Augen befinden sich rundliche, äußere Trommelfelle von je etwa halbem Augendurchmesser Größe. Die Gliedmaßen enden an den Finger- und Zehenspitzen in verbreiterten Haftscheiben, wie sie für kletternde Laub- und andere Baumfrösche typisch sind. Die Hinterbeine sind etwas länger als bei Hyla arborea und können manchmal schwach dunkel gebändert sein. Die Innenseiten der Oberschenkel haben eine gelb-orange Färbung und sind gelegentlich dunkel gesprenkelt. Zwischen den Zehen der Hinterfüße befinden sich Schwimmhäute. Die glatthäutige Oberseite ist in der Regel hellgrün gefärbt und zeichnungslos, kann aber auch Flecken aufweisen und „stimmungsabhängig“ beziehungsweise physiologisch bedingt ins Braune oder Graue wechseln. Selten können auch gelbe oder blaue Exemplare beobachtet werden, denen ein Hautfarbstoff fehlt.

Rufendes Männchen mit praller Schallblase

Anders als beim Europäischen Laubfrosch trennt kein durchgehender dunkler Flankenstreifen die grüne Oberseite von der weißlichen, granulierthäutigen Bauchseite. Vielmehr reicht beim Mittelmeer-Laubfrosch ein dunkles Seitenband nur von den Nasenlöchern – manchmal auch erst bei den Augen beginnend – über die Trommelfelle bis zu den Oberarmansätzen, während die Bauchflanken ungezeichnet bleiben. Dementsprechend fehlt der Art auch die „Hüftschlinge“ – eine Aufwölbung des Seitenstreifens – ihres mitteleuropäischen Verwandten. Lediglich bei Jungfröschen kann gelegentlich ein Übergreifen des Kopfseitenstreifens auf die Flanken beobachtet werden.

Die Männchen verfügen über eine große, ausstülpbare Schallblase. Wenn diese eingezogen ist, wirkt ihre Kehle daher gelb-braun und faltig, wobei es sich charakteristischerweise um eine Längsfalte handelt. Die Weibchen haben dagegen eine glatte, weiß-grüne Kehlhaut. Die Grünfärbung der Oberseite reicht bei Hyla meridionalis bis auf die Seiten der Kehle.[1] [2]

Verbreitung

Verbreitung des Mittelmeer-Laubfrosches

Der Mittelmeer-Laubfrosch ist lückenhaft rund um das westliche Mittelmeer in Nordwestafrika und in Südwesteuropa verbreitet. Im Einzelnen kommt er in eher humiden Bereichen des Maghreb (vom Nordrand Tunesiens über Nordalgerien und Marokko), in Südportugal (in der Regel südlich des Rio Tejo), Südwest- und Südspanien, in Katalonien, Südfrankreich und im Küstenstreifen Nordwestitaliens (etwa bis Genua) vor. Darüber hinaus bewohnt die Art diverse Atlantikinseln (Kanarische Inseln, Madeira) sowie mit Menorca auch die Balearen. Diese Inselpopulationen gelten als vom Menschen eingebürgert bzw. eingeschleppt – teilweise allerdings bereits in der Antike. Die disjunkte Verbreitung auf dem Festland manifestiert sich in unterschiedlichen Teilpopulationen, die sich wohl auch genetisch differenzieren. Unterarten sind bisher allerdings nicht beschrieben worden. Areallücken werden durch naturräumliche Faktoren wie Niederschlagsmengen, Geländemorphologie und Biotopstrukturen bestimmt.

Die Höhenverbreitung reicht vom Tiefland bis in regional unterschiedliche Höhenstufen von 650 m NN (Frankreich), 800 bis 900 m NN (Portugal), 1000 m NN (Nordostspanien) bis ausnahmsweise 2650 m NN im Hohen Atlas Marokkos. Im überwiegenden Teil seines Areals ist Hyla meridionalis die einzige Laubfroschart; nur regional kommt es zu einem sympatrischen Auftreten mit Hyla arborea. Dies ist unter anderem in Südwestfrankreich, Westspanien und Portugal der Fall. Dabei scheint es in Portugal auch schon zu einer Hybridisierung mit Hyla arborea molleri gekommen zu sein, wie anhand von Lautäußerungen ermittelt wurde. Syntope Vorkommen beider Laubfrösche sind aber wohl selten, da sich in Regionen mit Arealüberschneidung der Mittelmeer-Laubfrosch z. B. eher in den tieferen, heißeren Lagen konzentrieren soll, oder es greifen anderweitige Strategien der Konkurrenzvermeidung durch selektive Habitatwahl.[1] [2] [3] [4] [5] [6]

Lebensraum und Lebensweise

Ein Kuhreiher hat einen Laubfrosch erbeutet

Mittelmeer-Laubfrösche sind, anders als mitteleuropäische Amphibien, ganzjährig aktiv. Dabei liegt ihr Aktivitätsmaximum tageszeitlich am Morgen und am späten Nachmittag – zumindest außerhalb der Laichperiode. Sie leben in Bachtälern, Sümpfen, Wiesen, Gärten, Plantagen, Weinbergen und ähnlichen halboffenen Biotopen mit lockerem Gehölz- und Staudenbewuchs. Darin halten sie sich bevorzugt in Gebüschen, Röhrichten und Baumkronen auf. Als Laich- und Larvenhabitate dienen stehende, krautige Kleingewässer – oft mit temporärer Wasserführung –, aber auch Brunnen, Gräben und Zisternen.

Zum Nahrungsspektrum von adulten Hyla meridionalis gehören insbesondere Insekten und deren Larven sowie Spinnen. Sie selbst werden vor allem von Ringelnattern und Kuhreihern gejagt.[1]

Fortpflanzung

Ein Mittelmeer-Laubfrosch in Marokko

Die Laichzeit liegt je nach Region sehr unterschiedlich. In Südfrankreich erstreckt sie sich von April bis Juni, in Portugal von Dezember bis Januar (und später), in Nordafrika von März bis April. Die Männchen besetzen nachts die Uferzonen der Laichgewässer, wobei sie untereinander Abstände von etwa einem halben Meter einhalten. Mit Hilfe ihrer großen Schallblasen erzeugen sie eine Serie tiefer rhythmischer Paarungsrufe, die aus etwa je einer Sekunde dauernden Impulsgruppen bestehen und wie „kraar … kraar … kraar“ klingen. Das Maul bleibt dabei geschlossen und die Luft schwingt ständig zwischen Schallblase und Lunge hin und her und wird währenddessen durch die Stimmritze gepresst. Abfolge und Dauer der Rufserien sind abhängig von der Umgebungstemperatur; ebenso zeigen sich regional große Unterschiede (quasi „Dialekte“). Teilweise werden sie auch von außerhalb des Wassers, zum Beispiel von Bäumen aus, geäußert. Die Rufe sollen eine Ähnlichkeit mit denen von Zwergsumpfhühnern haben und hören sich insgesamt tiefer und langsamer an als die des Europäischen Laubfrosches. Mitunter werden sie von den Männchen als „Chor“ organisiert: Es beginnen zunächst einzelne Tiere zu rufen, die sich dabei in ihren Lautgebungen abwechseln, also jeweils in den Rufpausen der anderen einsetzen. Durch die Rufe werden immer weitere Männchen stimuliert, sich zu beteiligen, so dass schließlich ein vielstimmiger, kilometerweit hörbarer Chor vorhanden ist.[1] [7] [8]

Die von den Rufen angelockten Weibchen werden von den Männchen rücklings bestiegen und hinter den Vorderbeinen geklammert. In diesem Zustand verbleiben die Paare stunden- bis tagelang im Wasser. Kommt es zum Austritt der Eier aus der Kloake des Weibchens, werden diese vom Männchen besamt. Ein Weibchen kann bis zu 60 sehr kleine, gallertige Laichklumpen absetzen, die jeweils 10 bis 30 Eier enthalten. Diese werden submers an Wasserpflanzen geheftet. Nach dem Ablaichen verlassen die Weibchen das Gewässer sofort wieder.

Individualentwicklung

Ein recht mageres Jungtier

Die Embryonalentwicklung dauert nur zwei bis drei Tage; dann kommt es zum Schlupf der zunächst drei bis fünf Millimeter großen Larven. (Andere Angaben sprechen von acht bis zehn Tagen und einer Schlupfgröße von fünf bis acht Millimetern.[4]) Im Lauf ihres drei- bis viermonatigen aquatilen Lebens, bei dem sie sich von allerlei organischem Material (Algen, Detritus, gelegentlich auch Laich anderer Amphibien[9]) ernähren, wachsen sie bis auf 50 (55) Millimeter heran und haben dann ein für Laubfrosch-Kaulquappen typisches Erscheinungsbild: einen kugeligen Bauch, weit auseinanderstehende Augen, eine goldene Färbung und hohe Flossensäume. Im Vergleich zu Larven des Europäischen Laubfrosches ist unter anderem aber der obere Flossensaum weniger hoch und reicht nach vorne nur bis in Höhe des Atemloches (nicht bis zwischen die Augen). Nach der Metamorphose haben die Jungfrösche bei ihrem Landgang im Sommer eine Größe von 15 bis 20 Millimetern. Über die Dauer bis zur Geschlechtsreife und das Lebensalter liegen keine konkreten Angaben vor – analog zum Europäischen Laubfrosch kann aber von einem Eintritt der Geschlechtsreife nach etwa anderthalb bis zwei Jahren und von einem physiologischen Maximalalter von circa 15 Jahren ausgegangen werden, was jedoch in freier Natur kaum erreicht werden dürfte.[1]

Gefährdung und Schutz

Wie alle europäischen Lurche ist der Mittelmeer-Laubfrosch gemäß Bundesartenschutzverordnung eine „besonders geschützte“ Art. Die europäische Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie führt ihn in Anhang IV auf, also als „streng geschützte Art von gemeinschaftlichem Interesse“. Der Gesamtbestand wird laut IUCN derzeit noch nicht als gefährdet angesehen (LC – „least concern“); regional können aber sehr wohl Populationen durch zivilisatorische Faktoren wie Lebensraumzerstörung und -vergiftung bedroht sein. Bemerkenswert ist beispielsweise der Fund von 5000 toten Mittelmeer-Laubfröschen nach einem Pestizideinsatz gegen Moskitos an der französischen Mittelmeerküste im Jahr 1958.[10]

Quellen

Einzelnachweise

  1. a b c d e Andreas Nöllert & Christel Nöllert: Die Amphibien Europas. – Franckh-Kosmos, Stuttgart 1992. Mittelmeer-Laubfrosch: S. 307–310. ISBN 3-440-06340-2
  2. a b Günter Diesener & Josef Reichholf: Lurche und Kriechtiere. – Steinbachs Naturführer, Mosaik-Verlag, München 1986. Mittelmeer-Laubfrosch: S. 78/79. ISBN 3-570-01273-5
  3. Global Amphibian Assessment: Hyla meridionalis (mit Verbreitungskarte; abgerufen am 15. Dez. 2007)
  4. a b Arie van der Meijden: Hyla meridionalis bei Amphibiaweb.org (abgerufen am 15. Dez. 2007)
  5. Rudolf Malkmus: Neue Daten zur Höhenverbreitung des Mittelmeerlaubfrosches, Hyla meridionalis Boettger, 1874, in Portugal. – Herpetozoa, Wien 1997, 10 (3/4): S. 169–171.
  6. Dieter Glandt, Martin Schlüpmann & Burkhard Thiesmeier: Herpetologische Beobachtungen in der Algarve, Südportugal. – Zeitschrift für Feldherpetologie, Bochum 1998, 5 (1/2): S. 181–208. ISSN 0946 7998
  7. Hans Schneider: Der Paarungsruf des Teneriffa-Laubfrosches: Struktur, Variabilität und Beziehung zum Paarungsruf des Laubfrosches der Camargue (Hyla meridionalis Böttger, 1874, Anura, Amphibia). – Zoologischer Anzeiger, Jena 1978, 201: S. 273–288.
  8. Wolf-Rüdiger Grosse: Der Laubfrosch. – Die neue Brehm-Bücherei, Band 615, Westarp Wissenschaften, Magdeburg 1994. ISBN 3-89432-407-4
  9. Thomas Mutz: Laichprädation durch die Kaulquappen des Mittelmeerlaubfrosches (Hyla meridionalis). – Zeitschrift für Feldherpetologie, Bielefeld 2005, 12 (2): S. 260–265. ISSN 0946 7998
  10. René E. Honegger: Threatened Amphibians and Reptiles in Europe. – Supplementary Vol. of Handbuch der Reptilien und Amphibien Europas, Akademische Verlagsgesellschaft, Wiesbaden 1981. Zitat: S. 14. ISBN 3-400-00437-5

Literatur

  • Günter Diesener & Josef Reichholf: Lurche und Kriechtiere. – Steinbachs Naturführer, Mosaik-Verlag, München 1986. ISBN 3-570-01273-5
  • Andreas Nöllert & Christel Nöllert: Die Amphibien Europas. – Franckh-Kosmos, Stuttgart 1992. ISBN 3-440-06340-2

Siehe auch

Weiterführendes zur Biologie und zum Verhalten von Laubfröschen findet sich im Artikel Europäischer Laubfrosch.

Weblinks


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