IKG Wien

IKG Wien
Hauptgebäude der IKG in der Seitenstettengasse
Haupteingang (zur Inschrift vgl. Stadttempel)

Die Israelitische Kultusgemeinde Wien (IKG) ist die jüdische Gemeinde von Wien. Sie zählt heute rund 7.000 Mitglieder und repräsentiert seit je her fast das gesamte Judentum in Österreich, das nur in wenigen anderen Städten in Österreich kleinere Gemeinschaften (Israelitische Kultusgemeinden) zählt.

Inhaltsverzeichnis

Organisation

Die Israelitische Kultusgemeinde bietet ihren Mitgliedern verschiedene Dienstleistungen in sozialen, religiösen und Bildungsangelegenheiten an. Offizielles Organ der IKG Wien ist die zweimal monatlich erscheinende Zeitschrift Die Gemeinde. Die Anlaufstelle für jüdische NS-Verfolgte in und aus Österreich unterstützt und berät Betroffene und ihre Angehörigen in Bezug auf Restitution und Entschädigungszahlungen. Präsident der Kultusgemeinde ist Ariel Muzicant, Oberrabbiner ist Paul Chaim Eisenberg.

Geschichte

Hauptartikel: Geschichte der Juden in Österreich sowie Jüdisches Leben in Wien

Die Geschichte der jüdischen Bevölkerung von Wien geht zurück bis zu der Römerzeit. Die jüdische Bevölkerung von Wien konnte sich auf Grund von antisemitischen Diskriminierungen von staatlicher und bürgerlicher Seite nicht organisieren. Erst mit dem Toleranzpatent von Kaiser Joseph II. konnte sich die Situation verbessern.

Erst nach 1848 kam es zur Emanzipierung der jüdischen Bevölkerung. In einer Ansprache am 3. April 1849 verwendete der junge Kaiser Franz Joseph I. die Worte: „Israelitische Gemeinde von Wien“. Drei Jahre später trat 1852 ein provisorisches Gemeindegesetz in Kraft, dieses Jahr wird als das Gründungsjahr der Wiener Kultusgemeinde angesehen. In dem bereits existierenden Baukomplex des Wiener Stadttempels in der Seitenstettengasse wurden die Räumlichkeiten und Büros der Kultusgemeinde eingerichtet.

Die Wiener Gemeinde zählte vor dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im Jahr 1938 rund 185.000 Mitglieder. 1938 wurde die Israelitische Kultusgemeinde von den Nationalsozialisten geschlossen. Im Mai 1938 wurde sie unter dem Namen „Jüdische Gemeinde Wien“ wiedereröffnet, um als Pufferorganisation zwischen den Nationalsozialisten und der jüdischen Bevölkerung zu wirken und für die Zentralstelle für jüdische Auswanderung unter Zwang die Emigrationen und später auch die ersten Deportationen zu organisieren. Seit 1945 nennt sich die Gemeinde wieder „Israelitische Kultusgemeinde Wien“.

Am 29. August 1981 fand ein Terroranschlag mit Handgranaten und Schusswaffen auf die Synagoge in der Seitenstettengasse statt, es gab zwei Tote und 21 Verletzte. Es wird davon ausgegangen, dass der Anschlag auf das Konto der palästinensischen Extremistengruppe Fatah Revolutionärer Rat des Terroristen Abu Nidal geht. Seither herrschen strenge Sicherheitsvorkehrungen am Eingang, die Seitenstettengasse wird von der Polizei geschützt.[1]

Präsidenten der IKG Wien seit 1853

  • Leopold Edler von Wertheimstein (1853 - 1863)
  • Josef Ritter von Wertheimer (1864 - 1867)
  • Jonas Freiherr von Königswarter (1868 - 1871)
  • Ignaz Kuranda (1872 - 1884)
  • Moritz Ritter von Borkenau (1884 - 1885)
  • Arminio Cohn (1886 - 1890)
  • Wilhelm Ritter von Gutmann (1891 - 1892)
  • 1893 - 1896 unbesetzt
  • Gustav Simon (1896 - 1897)
  • Heinrich Klinger (1897 - 1903)
  • Alfred Stern (1904 - 1918)
  • Alois Pick (1920 [Neuwahlen, erstmals Proportionalwahlrecht] - 1932)
  • Desider Friedmann (im KZ Auschwitz ermordet) 1933 -
  • David Brill (1946 - 1948)
  • Kurt Heitler (September 1950 - Mai 1951)
  • David Shapira (1948 - 1952)
  • Emil Maurer (1952 - 1963)
  • Ernst Feldsberg (1963 - 1970)
  • Anton Pick (1970 - 1981)
  • Ivan Hacker (1982 - 1987)
  • Paul Grosz (1987 - 1998)
  • Ariel Muzicant (1998 - )

Rabbiner der IKG Wien seit 1824

Archiv der IKG

Das Archiv der Wiener Kultusgemeinde ist das einzige bekannte vollständig erhaltene Archiv vom Beginn einer jüdischen Gemeinde bis zur Nachkriegszeit und somit eines der bedeutendsten im deutschsprachigen Raum. Sitzungsprotokolle, Beschlüsse, Protokolle, Berichte, Briefe, Auswanderungs- und Finanzunterlagen, Deportationslisten, Karteien, Bücher, Fotografien, Pläne und Plakate dokumentieren die Geschichte der IKG und ihrer Mitglieder. Die ältesten Dokumente stammen aus dem 17. Jahrhundert. 1816 gilt als das offizielle Gründungsjahr des Archivs. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Umgang mit Akten zunehmend professionalisiert.

Die zwischen 1938 und 1945 entstandenen Karteien und Akten bildeten für die Nationalsozialisten die Grundlage für die Verwaltung der Emigration und Deportation der österreichischen Juden. Heute dienen die Dokumente für Auskünfte über das Schicksal von Vertriebenen und Ermordeten und zur Unterstützung der Restitutions- und Entschädigungsansprüche von Überlebenden.

Einzelnachweise

  1. hagalil.com | Der Terroranschlag auf eine Wiener Synagoge

Literatur

  • Felicitas Heimann-Jelinek, Lothar Hölbling und Ingo Zechner: Ordnung muss sein - Das Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Wien. Jüdisches Museum Wien, Wien 2007. ISBN 978-3-901398-45-2

Weblinks


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