- Altsüdarabische Kunst
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Die Altsüdarabische Kunst entstand gleichzeitig mit der altsüdarabischen Hochkultur zu Beginn des 1. Jahrtausends v. Chr.[1] Neben Einflüssen aus dem Alten Orient war sie seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. starken griechischen Einflüssen ausgesetzt, die an der Fortentwicklung der altsüdarabischen Kunst mutmaßlich stark beteiligt war. Typisch für die altsüdarabische Kunst sind, sowohl in der Plastik als auch in der Architektur, geometrische, stilisierte Formen, die sich seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. in flüssigere Formen wandelten. Spätestens mit dem Vordringen des Islam seit der 2. Hälfte des 6. nachchristlichen Jahrhunderts verdrängte die islamische Kunst die früheren Stile in Südarabien.
Inhaltsverzeichnis
Periodisierung
Da sich die Sabäistik, die Wissenschaft vom antiken Südarabien, lange auf die philologische Erschließung der altsüdarabischen Inschriften konzentrierte, blieben die Zeugnisse der materiellen Kultur Südarabiens lange wenig erforscht, sodass die Fundlage immer noch dürftig ist. Zwar konnten für einige Einzelbereiche chronologische Muster erarbeitet werden, doch ist bislang keine allgemeine Periodisierung der altsüdarabischen Kunst möglich. Aus diesem Grund werden die verschiedenen altsüdarabischen Kunsterzeugnisse nicht unter chronologischen, sondern nur nach funktionalen Gesichtspunkten aufgeführt. Eine allgemeine Einteilung der südarabischen Kunst in drei Phasen unternahm J. Schmidt: Demzufolge lassen sich drei Phasen unterteilen: die Phase, in der sich eine eigenständige Formensprache herauszubilden beginnt, das Stadium, in der eigenständige künstlerische Formen ausgebildet und kanonisiert werden, sowie die Epoche der Überlagerung der eigenen künstlerischen Ausdrucksmittel durch fremde, d. h. vor allem griechische, Einflüsse.
Architektur
Im Gegensatz zu Mesopotamien war im antiken Südarabien die Steinbauweise vorherrschend. Lediglich in der Küstenebene und in der hadramitischen Hauptstadt Schabwat wurde daneben auch in größerem Maße die Bauweise mit getrockneten Ziegeln angewendet. In Monumentalbauten wurden große behauene Steinquader benutzt, die ohne Mörtel übereinander gestellt wurden, nur unbehauene Steine mussten vermörtelt werden. Neben Kalkmörtel wurden auch Schlamm und Asphalt als Bindemittel verwendet. Zur Festigung hoher Mauern konnten darüber hinaus senkrechte Bleistreben und waagerechte Zapfen und Klammern eingesetzt werden. Lediglich die Außenseite der Steine wurde poliert, stärkere Mauern waren oft doppelschalig, wobei innen die rohen Seiten der Steine aneinander stießen. Vielleicht auch aus ästhetischen Gründen wurden Mauern bei Monumentalbauten geböscht, auch Stützpfeiler und kleine Bastionen erhielten die Stabilität der Mauer. Im 5. Jahrhundert v. Chr. kam eine neue Art der Steinbearbeitung auf: die Ränder wurden poliert, die Innenfläche dagegen gepeckt. Im Laufe der Zeit veränderte sich dieser Randbeschlag, wodurch eine chronologische Einordnung des so behandelten Mauerwerks möglich ist.[2] Innenwände wurden entweder einfach verputzt – teilweise mit Wandmalereien – oder mit steinernen Wandplatten, deren Aufmalung das Mauergefüge und teilweise sogar dreidimensionale Friese nachahmten, verdeckt. Über Deckenkonstruktionen ist wenig bekannt, Gewölbe sind in den Pillbox-Gräbern erhalten, einfache Giebeldächer werden durch Abbildungen belegt. Als Fensterscheiben dienten ca. 3 cm dicke, durchscheinende Marmor- oder Alabasterscheiben, die teilweise eingeritzte Verzierungen aufwiesen. Ein sehr wichtiges Bauelement bildeten Säulen. Bis zum 5. Jahrhundert v. Chr. waren sie schmucklose Monolithe mit rechteckigem oder quadratischem Querschnitt; solche Säulen finden sich u. a. in der Eingangshalle des Awwam-Tempels bzw. Haram-Bilqis (DMG Ḥaram-Bilqīs) in Marib. Ab dem 5. Jahrhundert wurden die Säulen durch Abflachung der Kanten schrittweise zu Rundsäulen. Seit dem 5. Jahrhundert trugen die Säulen auch Kapitelle, zunächst einfache Plinthen, aus denen sich dann verschiedene Formen entwickelten.[3] Diese Formen wurden seit dem 2. Jahrhundert vor allem durch hellenistische Einflüsse verdrängt, daneben sind aber auch sassanidische Einflüsse erkennbar.
Profanarchitektur
Wie die Inschriften zeigen, existierten im vorislamischen Südarabien zahlreiche befestigte Städte (hagar), jedoch ist umstritten, inwiefern es sich bei einem hagar wirklich um eine Stadt handelte oder ob in Südarabien eine echte Urbanisierung noch gar nicht eingesetzt hatte. Die Siedlungsarchäologie hat in Südarabien bislang fast nur Stadtanlagen erfasst, unbefestigte Siedlungen dagegen wurden archäologisch kaum untersucht. Die Städte lagen oft im Talboden auf einer natürlichen oder künstlichen Erhebung, die sie vor Hochwasser schützte. Daneben finden sich auch Städte, die auf einem Hochplateau oder unter einer Burg gegründet wurden, darunter die himjarische Hauptstadt Zafar. Die meisten altsüdarabischen Städte waren rechteckig oder annähernd rechteckig, darunter Marib und Schabwat. Ein besonderes Beispiel eines rechteckigen Stadtgrundrisses bildet die minäische Hauptstadt Qarnawu[4], deren regelmäßiger Stadtplan mit einer mittig durchlaufenden Hauptstraße und davon in regelmäßigen Abständen rechtwinklig abzweigenden Nebenstraßen eine Planung entweder bei Stadtgründung oder nach einer Zerstörung verrät. Daneben finden sich aber auch ovale oder ganz unregelmäßige Grundrisse. Verglichen mit anderen altorientalischen Städten bedeckten die altsüdarabischen Städte ein relativ geringes Gebiet, die größte Stadt Südarabiens, Marib, umfasste gerade 110 ha.
Jede Stadt war durch eine, im Falle von Schabwat sogar durch zwei, Stadtmauern[5] geschützt, in denen sich mindestens zwei Tore befanden, welche durch eigene Türme bewacht werden konnten. Der Verlauf der Stadtmauern, die entweder gerade oder durch Bastionen gegliedert waren, musste besonders in gebirgigen Gebieten an das Gelände angepasst werden, wodurch unregelmäßige Stadtgrundrisse entstanden. Teilweise wurden Städte auch durch eigene Zitadellen geschützt, wie in Schabwat, Raidan und Qana.
Das Stadtinnere ist mangels archäologischer Forschungen bislang nur unzureichend bekannt. Im qatabanischen Timna befand sich hinter dem Südtor ein großer Platz, von dem die Straßen in verschiedene Richtungen abgingen. Neben den normalen Wohnbauten lassen sich im Stadtinnern verschiedener Städte Zitadellen, Paläste und Tempel nachweisen. Lediglich in Khor Rori und in Schabwat wurden größere Ausgrabungen unternommen. Auch in Schabwat befand sich hinter dem Tor ein großer Platz, an dem der Königspalast stand. Von diesem Platz aus ging eine breite Straße quer durch die Stadt; von dieser Hauptstraße aus zweigten rechteckig kleinere Straßen ab.
Neben den Stadtbefestigungen gab es noch weitere Befestigungsanlagen, die an wichtigen Straßenknotenpunkten oder auch an Knotenpunkten der Wasserverteilung angelegt wurden. Zwar sind noch große Ruinen solcher Burgen erhalten[6], jedoch wurden in keiner Ausgrabungen unternommen. Jedoch lässt sich immerhin sagen, dass sich in diesen Burgen neben Wohnräumen auch Tempel und Brunnen befanden. Zur Sicherung von Gebieten dienten Sperrmauern, die Pässe und ähnliche schwer zu umgehende Straßen blockierten, wie die Mauer von Libna, welche die Straße von Qana nach Schabwat absperren sollte.
Aufgrund der klimatischen Verhältnisse waren im südlichen Arabien Bewässerungsbauten für die Landwirtschaft unerlässlich. Die einfachsten Bewässerungsbauten waren verschiedenartige Brunnen und Zisternen; größere Zisternen konnten bis zu 12.800 m³ fassen. Wesentlich effizienter als Brunnen und Zisternen waren aber die Bewässerungsanlagen, die das Wasser der Wadis während der Regenzeit auffingen und speicherten. Das berühmteste Beispiel dieser Stauanlagen bildet der Staudamm von Marib, der das Wadi Dhana an einer fast 600 m breiten Stelle aufstaute und sein Wasser über zwei Schleusenanlagen auf zwei Primärkanäle überleitete, die es über ein Kanalnetz auf die Felder verteilten. Auch anderorts wurden derartige Anlagen entdeckt oder sind durch Inschriften belegt. In Nadschran wurden darüber hinaus Aquädukte in den Fels gehauen, um das Wasser herzuleiten.
An verschiedenen Stellen in Südarabien, meist an Passstraßen (manqal), wurden gepflasterte Straßen angelegt, die teilweise mehrere Kilometer lang und mehrere Meter breit waren.
Sakralarchitektur
Verglichen mit den profanen Bauten ist die Forschungslage bei den Tempeln wesentlich besser, sodass hier schon die Ausarbeitung einer Typologie bzw. Entwicklungsgeschichte versucht wurde. Im Folgenden wird die Gliederung von Jürgen Schmidt und – detaillierter – M. Jung dargestellt, die sowohl die Grundrissformen als auch funktionale Gesichtspunkte berücksichtigt (im Gegensatz zu A. Grohmanns Einteilung, die lediglich verschiedene Grundsrisstypen unterscheidet[7]).
Die ältesten, noch vorgeschichtlichen, südarabischen Heiligtümer waren einfache stelenartige Monolithen, die durch Steinsetzungen oder Trockenmauern eingefriedet werden konnten. In einer zweiten Phase wurde die Schwelle zum eigentlichen Tempel überschritten. Diese Tempel waren einfache, zumeist rechteckige hypäthrale Steinbauten, deren Innenaufteilung zunächst sehr vielfältig war. Einige Kultbauten auf dem Dschebel Balaq al-Ausat (DMG Ǧabal Balaq al-Ausaṭ) südwestlich von Marib, die aus einem Hof und einer dreigeteilten Cella bestehen, bilden das Bindeglied zu einem offenbar nur in Saba verbreiteten Tempeltyp, der einen rechteckigen Grundriss und ein Propylon aufweist und in zwei Teile, einem an drei Seiten mit Pfeilern umstandenen Innenhof und eine ebenfalls dreiteilige Cella, aufgeteilt ist. Hierzu rechnet Schmidt den um 700 v. Chr. erbauten Tempel des Wadd Dhu-Masma' (DMG Wadd ḏū-Masmaʿ) zwischen Marib und Sirwah sowie den von Yada'il Dharih I. errichteten Tempel von Masadschid, der von einer rechteckigen Mauer umgeben ist. Jüngere Beispiele dieses Schemas finden sich auch in Qarnawu (5. Jahrhundert v. Chr.) und al-Huqqa (1. Jahrhundert v. Chr.). Möglicherweise gehört auch die Eingangshalle des großen Awwam-Tempels bei Marib in diese Gruppe. In den anderen Reichen steht diesem Typ der hypostyle „Vielstützentempel“ gegenüber, der eine quadratische, rechteckige oder auch asymmetrische Grundform hat, die durch regelmäßig angeordnete Säulen gegliedert wird. Im Gegensatz zu den eben genannten sabäischen Tempeln haben diese Bauten aber keine Orientierung zu einer Cella, einem Alter etc. Anfangs besaßen diese Tempel sechs oder acht, später bis zu 35 Pfeiler. Klaus Schippmann stellt noch einen weiteren Typ daneben: den hadramitischen „Terrassentempel“[8], zu dem bisher sieben Beispiele bekannt sind. Alle diese Tempel sind über eine große Treppe zugänglich, die auf eine eingefriedete Terrasse führt, auf der sich eine Cella mit Podium befindet. Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass nur wenige Tempel ausgegraben wurden, weshalb sich das Bild altsüdarabischer Kultbauten stark wandeln kann.
Zur historischen Einordnung der altsüdarabischen Architektur in den Kontext jemenitischer Baukunst, vergleiche:
→ Hauptartikel: Jemenitische Architektur
Plastik
Die bemerkenswertesten Kunstwerke außerhalb der Architektur hat das vorislamische Südarabien in der Plastik hervorgebracht. Als Werkstoffe dienten neben Bronze und sehr selten Gold und Silber sowie Kalkstein vor allem Alabaster und Marmor. Typische Merkmale altsüdarabischer Plastik sind kubische Grundformen, ein plumpes Gesamtbild und die starke Betonung des Kopfes; die restlichen Körperteile dienten meist nur als schematisches und stark verkürztes Bindeglied zum Sockel oder sind nur bis zum Oberkörper dargestellt. Auch die geringe Beachtung der Proportionen, die sich in zu großen Ohren und einer zu schmalen und langen Nase äußert, kennzeichnet viele südarabische Plastiken. In den meisten Fällen wurden Vollplastiken und Reliefs direkt auf den Betrachter ausgerichtet, in Reliefs findet sich selten auch die typisch ägyptische Frontalperspektive, bei der Kopf und Beine von der Seite, der Oberkörper aber von vorne dargestellt ist. Die Pupillen wurden mit farbigem Material in Löcher eingelegt. Der Faltenwurf wurde anfangs nicht dargestellt, dann durch tiefe Rillen oder Schichten angedeutet. In der Haltung von Armen und Beinen lassen sich keine allgemeinen Merkmale feststellen.
Es sind wenige Beispiele altsüdarabischer Großplastik erhalten, wobei die Inschrift auf einer überlebensgroßen Bronzestatue des Sohnes des sabäischen Königs Dhamar'ali Yuhabirr von besonderem Interesse ist: Aus ihr geht hervor, dass die Statue von einem griechischen Künstler und seinem arabischen Assistenten angefertigt wurde. In weitaus größerer Zahl liegen kleinere Alabasterstatuen, -porträts und -reliefs vor, die zumeist Menschen, seltener Tiere oder Fabeltiere (Drachen und geflügelte Löwen mit Menschenköpfen) und – im Falle von Flachreliefs – ganze Szenen zeigen. Eine besonders beliebte Szene stellt eine Weinrebe mit Trauben und daran naschenden Säugetieren oder Vögeln und einen Mann, der eine Armbrust auf ein Tier anlegt, oder Variationen davon dar. Auch ganze Lebensszenen, wie Mahlzeiten, Kämpfe und Musikvorführungen sowie Szenen, die den Verstorbenen mit einer Gottheit zeigen, wurden auf Reliefs dargestellt.
Beispiele altsüdarabischer Plastik-
Alabasterkopf (Louvre)
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Alabasterkopf mit eingelegten Augen (British Museum)
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Bronzeplastik aus Naschq (Louvre)
Kleinkunst
Neben den größeren Kunstwerken hat das alte Südarabien noch eine ganze Reihe an verschiedenen kleineren Kunsterzeugnissen hervorgebracht. Wie anderswo ist ein ausgesprochen großes Material an Keramik vorhanden, dennoch kann dieses Material bisher nicht typologisch oder chronologisch geordnet werden, weshalb die Keramik, im Gegensatz zum restlichen Alten Orient, die Datierung einzelner Schichten nicht ermöglicht. Einige allgemeine Aussagen sind aber schon jetzt möglich. Die Ausführung der Keramik war sehr einfach; nur ein Teil der Gefäße wurde auf der Töpferscheibe gedreht. An Keramikwaren lassen sich Krüge, Schalen und Schüsseln verschiedener Größe feststellen, als Dekoration überwiegen eingeritzte oder punktierte Motive, daneben finden sich aufgemalte Muster und aufgesetzte Wulste und Zacken oder sogar Tierköpfe. Neben diesen Gebrauchsgegenständen aus Ton wurden auch einige Tonfigürchen gefunden.
An kleineren Kunstgegenständen aus Stein sind zunächst Flaschen, Öllampen, Vasen und Gefäße mit Tierköpfen als Griff zu nennen. Darüber hinaus finden sich auch Gemmen und Nachahmungen ägyptischer Skarabäen. Hierher gehören auch die zahlreichen an Bauelementen angebrachten verschiedenen Friese, unter denen sich Zickzackmuster, Abtreppungen, Querriefelung, Zahnschnitt, Nischen, kleine Scheintüren, Mäander sowie pflanzliche und figürliche Elemente, darunter Reihungen von Steinbockköpfe und die im alten Südarabien sehr beliebten Weinreben, befinden. Weitere künstlerische Elemente in Gebäuden sind die vielfältig ausgeführten Rosetten und Voluten, Ähren und Granatäpfel, vermutlich Symbole einer bäuerlichen Kultur. An zwei Fundorten kamen auch Wandmalereien zum Vorschein, nämlich geometrische Malereien im Tempel von al-Huqqa sowie figürliche Darstellungen bei den französischen Grabungen in Schabwat. Holzschnitzarbeiten sind aufgrund der schlechten Haltbarkeit dieses Materials nicht erhalten, steinerne Nachbildungen von Möbeln lassen aber das Aussehen der Möbel erahnen.
Häufig sind dagegen kleine Kunstgegenstände aus Bronze und Kupfer: Vasen und andere Gefäße aus getriebenem Kupferblech oder Bronze, Lampen, kunstvoll gearbeitete Griffe und Tierfigürchen. Ebenfalls zahlreich sind Schmuckstücke, unter denen sich teilweise goldene Halsketten sowie Goldbleche mit Tierbildern und kleine goldene Skulpturen befinden.
Numismatik
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