Inselkirche Juist

Inselkirche Juist
Der Campanile wird von den Einwohnern liebevoll „Rakete“ genannt

Die Inselkirche ist das Gotteshaus für die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde auf Juist. Die Juister Inselkirche blickt auf eine sehr wechselvolle Geschichte mit mehrfachen Zerstörungen durch Sturmfluten zurück.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Erste Inselkirche

Die erste bekannte Inselkirche wurde um 1400 gebaut. Ihr 57 m hoher Turm diente auch als Seezeichen, der Chorraum war höher als das Kirchenschiff. Als 1651 die Petriflut einbrach, wurde die Kirche schwer beschädigt; der Turm stürzte erst 1660 ein. Die Kirche stand demnach nördlich des heutigen Hammersees.

Zweite Inselkirche

1660 wurde aus dem übrigen Baumaterial der Ruine die zweite Kirche ohne Turm gebaut. Sie maß 11 × 5,70 m. In der Nacht vom 4. auf den 5. März 1715 wurde sie durch die Fastnachts-Sturmflut zerstört.

Dritte und vierte Inselkirche

Im Jahre 1715 wurden zeitgleich zwei Kirchen, die eine in der Bill, die andere im Loog, gebaut. Sie glichen sich sogar in ihren Dimensionen; ihre Grundfläche betrug etwa 10 × 7 m. Auch sie hatten keinen Turm. Als im Jahre 1717 die Weihnachtsflut die Bill zerstörte, zogen die Überlebenden gen Osten (heutiges Dorf), wo sie 1742 einen neuen Friedhof errichteten. Die Kirche im Loog blieb unversehrt.

Fünfte Inselkirche

Nachdem die Loog-Kirche zu klein geworden war, richtete der damalige Pastor Janus einen Genehmigungsantrag für den Bau einer neuen Kirche an den Landesherrn Friedrich den Großen. Jener wurde am 17. April 1775 genehmigt. Im September desselben Jahres konnte mit dem Bau der Kirche am Friedhof begonnen werden. Dazu wurde ein kleiner Glockengalgen gebaut. Der Kanzelaltar von 1732 wurde aus der Loog-Kirche übertragen; die Einweihung der Kirche geschah am 25. Dezember 1779. Als mit dem ersten großen Anstieg der Anzahl der Kurgäste im Jahre 1898 eine Osterweiterung nötig wurde, baute man dazu einen Dachreiter am Westgiebel, der für die Glocke von 1814 Platz bot. In den Jahren 1905/06 wurde die Balkendecke durch die heutige in den Dachraum hinaufgezogene Decke ersetzt und der Altar von der Kanzel getrennt, die weiter nördlich auf einen Unterbau gestellt wurde. 1908 wurde ein Turm gebaut und im gleichen Jahr zwei Glocken gestiftet, die am 4. Juli von Franz Schilling (Apolda) gegossen wurden und zusammen mit der bereits vorhandenen Glocke in die Glockenstube gehängt wurden. Im Jahre 1917 mussten die alte und die große Glocke zu „Kriegszwecken“ abgeliefert werden. Daraufhin wurde erst 1926 die Kriegergedächtnisglocke gegossen, aber auch sie musste 1942 zerstört werden. 1954/55 wurde das Fundament gesichert und die Außenfassade verblendet, um besser vor der Witterung geschützt zu sein. 1957 erfolgte dann ein neuer Innenputz und die heutige Ausmalung einschließlich Altar, Kanzel, Orgel und Gestühl. Hierbei wurden die alten Schießscharten im Mauerwerk aus der holländischen Besatzung (1811–16) entdeckt.

Sechste Inselkirche

Im Dorfkern wurde 1964 die sechste Inselkirche an der Stelle erbaut, wo die fünfte Inselkirche, die zu klein geworden war, 1962 fast vollständig abgetragen wurde. Der alte Kirchturm musste der Erweiterung der Kirche weichen. Verschiedene Einrichtungsgegenstände aus den Vorgängerkirchen fanden im Neubau wieder Verwendung: Kanzel und Kanzelaltar (1732), Abendmahlsbild (1749), Taufstein (1893), Kirchenfenster (1931), die drei Glocken (1958/59) und das Altarbild (1959–61). Die große Orgel verfügt über 15 Register (1968) und stammt wie die kleine Truhenorgel (drei Register) von der Orgelwerkstatt Alfred Führer. Der charakteristische Kirchturm in Form einer Bleistiftspitze auf einem quaderförmigen Sockel ist 22,5 m hoch.[1]

Glocken

Die Dominica hängt im unteren Gefach des hölzernen Glockenstuhles
Tonbeispiel: Vollgeläut (inkl. Einläuten; Ende ausgeblendet)
Dauer: 01:00

Nach den Plünderungen des Zweiten Weltkrieges verblieb nur noch eine Glocke von 1908 auf dem Kirchturm der Inselkirche. Als der Glockengießer Karl Otto aus Bremen-Hemelingen den Auftrag bekam, drei neue Glocken zu gießen, schmolz er die alte Glocke für das neue Geläut ein. In den Jahren 1958/59 wurde das heutige Geläut ebenda gegossen; es ist auf das der benachbarten katholischen Kirche abgestimmt.

1. Dominica (Herren- oder Sonntagsglocke)

  • Schlagton: a1
  • Masse: 500 kg
  • Durchmesser: 900 mm
  • Inschriften: F. Otto goss mich 1958 für meine beiden Vorgängerinnen, die 1917 und 1942 dem Krieg zum Opfer fielen.
    DE SEE BOERT UP, DE SEE BEGRAFT, OVERALL HED GOD SIN BUEDEN.
    ELK HOERT MI GERN IN HOGE TIED. K'MUT HUM NOCHMAL VERLUEDEN.
    Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.
  • Symbol: Christusmonogramm
Die Dominica erklingt solistisch 10 Minuten vor Trauerfeiern in der Kirche.

2. Sterbeglocke

  • Schlagton: c2
  • Masse: 280 kg
  • Durchmesser: 750 mm
  • Inschriften: W. Giradet stiftete mich, Franz Schiling goss mich 1909, F. Otto goss mich um 1959.
    VATER NIMM IN DEINE HAND FRIESISCH HERZ UND FRIESISCH GUT.
    Jesus Christus hat dem Tode die Macht genommen.
  • Symbol: Aufgerichtetes Kreuz in offenem Grab
Die Sterbeglocke läutet gemeinsam mit der Betglocke vor den Wochenschlussgottesdiensten, samstags um 19:25 Uhr.

3. Betglocke

  • Schlagton: d2
  • Masse: 200 kg
  • Durchmesser: 670 mm
  • Inschrift: F. Otto goss mich 1958.
    Freuet euch in dem Herrn allewege.
  • Symbole: Kreuz auf dem Wasser (= Taufglocke), Kreuz zwischen zwei Trauringen (= Trauglocke)
Die Betglocke mahnt dreimal täglich ans Gebet um 08:00, 12:00 und 18:00 Uhr und läutet zum Familien-/Kindergottesdienst am Sonntag um 11:10 Uhr. Auch vor Andachten wird sie für etwa fünf Minuten geläutet. Zusammen mit der Sterbeglocke lädt sie zu den Wochenschlussgottesdiensten ein.

Alle drei Glocken läuten – anstelle der Betglocke – jeden Samstagabend um 18:00 Uhr den Sonntag ein (Vesperläuten). Am Sonntagmorgen rufen sie von 09:50 bis 10:00 Uhr zum Hauptgottesdienst.

Orgel

Die Orgel der Inselkirche wurde 1968 von der Firma Alfred Führer erbaut und 1998 restauriert und um 2 Register vergrößert. Sie hat 15 Register auf 2 Manualen und Pedal mit mechanischer Spiel- und Registertraktur mit Schleifladen. Das Schwellwerk steht hinter von Hand bedienten Falttüren. Kantor (und zugleich Diakon) der Gemeinde ist Carl Haxsen.

Hauptwerk

Prinzipal (seit 1998)
Rohrflöte
Prinzipal
Gedacktflöte
Oktave
Sesquialtera 2-fach
Mixtur 3-fach
Brustwerk (hinter Falttüren)
Gedackt
Hohlflöte
Spitzflöte
Sifflöte
Regal
Tremulant
Pedal
Subbaß 16´
Gemshorn (seit 1998)
Trompete
  • Koppeln: Brustwerk-Hauptwerk, Hauptwerk-Pedal, Brustwerk-Pedal

Einzelnachweise

  1. Homepage der Kirchengemeinde (gesehen 17. November 2009).

Weblinks

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