- Insolvenzrisiko
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Unter Insolvenzrisiko versteht man die Gefahr, dass ein Schuldner wegen Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung (Insolvenz) seinen Verpflichtungen nicht oder nicht in voller Höhe nachkommen kann (vgl. auch Kreditrisiko). Wird dann ein Insolvenzverfahren durchgeführt, um alle Gläubiger gleichmäßig zu befriedigen, so entfällt auf jeden Gläubiger nur ein – meist geringer – Teil des jeweiligen Nennwertes der Geldforderung, die sogenannte Insolvenzquote.
Zuweisung des Insolvenzrisikos in der Gesetzgebung
Die gerechte Zuweisung des Insolvenzrisikos ist ein Leitmotiv der deutschen zivilrechtlichen Gesetzgebung, namentlich des Bereicherungsrechts. Hier soll bei vertraglichen Ansprüchen jeder das Risiko der Insolvenz seines Vertragspartners tragen. Hintergrund ist, dass man sich seine Vertragspartner frei aussuchen kann (vgl. Privatautonomie). Die Wahl eines unzuverlässigen Partners soll nicht zu Lasten unbeteiligter Dritter gehen. Deshalb hat das BGB beispielsweise die gemeinrechtliche Versionsklage nicht übernommen, die dem Gläubiger ermöglichte, ungerechtfertigte Bereicherungen bei Zahlungsunfähigkeit seines Schuldners von Dritten herauszuverlangen.
- Beispiel: V verkauft eine Sache an K, dieser verkauft die Sache weiter an den Dritten D. Stellt sich nun heraus, dass der Kaufvertrag zwischen V und K nichtig war, so kann V nicht einfach die Sache von D herausverlangen. Er muss sich stattdessen an seinen Vertragspartner K halten, der unter Umständen Wertersatz schuldet (Abwicklung „entlang der Leistungskette“). Kann K wegen Vermögenslosigkeit keinen Wertersatz leisten, so trägt den Verlust der V, der sich K selbst als Vertragspartner ausgesucht hat.
Zuweisung des Insolvenzrisikos als Auslegungsargument
Auch bei der Gesetzesauslegung ist das Prinzip, dass jeder das Risiko der Insolvenz seines Vertragspartners tragen soll, ein häufig verwandtes Argumentationsmuster.
Bei der Behandlung des sogenannten Doppelmangels geht es um die Konstellation, dass sowohl der ursprüngliche Kaufvertrag als auch der Vertrag über den Weiterverkauf unwirksam sind. In obigem Beispiel möge demnach auch der Kaufvertrag zwischen K und D nichtig sein. Dann könnte man nach § 818 Abs. 1 BGB annehmen, K müsse an V den Herausgabeanspruch gegen D abtreten. Dann trüge aber V nicht mehr das Risiko der Insolvenz des K, seines Vertragspartners, sondern des Dritten D. Deshalb wollen andere dem V nur einen Anspruch auf Wertersatz gegen K zugestehen, § 818 Abs. 2 BGB.
Ähnlich ist das Problem, wenn eine ausgeübte Innenvollmacht angefochten wird. Dann entfiele rückwirkend die Vertretungsmacht des Stellvertreters und der Vertragspartner müsste sich an den Stellvertreter halten, der wiederum bei dem Vertretenen nach § 122 BGB Regress nehmen könnte. Dann trüge der Vertragspartner aber nicht mehr das Insolvenzrisiko des Vertretenen, mit dem er einen Vertrag schließen wollte, sondern des Vertreters. Daher wollen manche die Anfechtung entweder gar nicht zulassen oder als Anfechtung nicht der Vollmachtserteilung, sondern des Vertrages selbst werten, weil dem Vertragspartner dann unmittelbar gegen den Vertretenen der Anspruch aus § 122 BGB zustünde.
Siehe auch
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