- Integrationsklassen
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Schulische Integration bezeichnet in der Pädagogik das Einbinden von Menschen mit Behinderungen in den Schulunterricht von Nichtbehinderten.
Geschichtliche Entwicklung des Sonderschulwesens und der Integrationsbewegung in Deutschland
Vor dem 18. Jahrhundert gab es nur selten Unterricht für behinderte Kinder. Wenn, dann von Privatlehrern, die sich ihre Arbeit teuer bezahlen ließen. Ihre Methoden hielten sie daher geheim. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts begannen ungefähr zeitgleich mehrere Personen, Methoden für die Unterrichtung gehörloser Kinder zu suchen und zu testen. Dahinter standen soziale oder religiöse Motive. Die Methoden waren erfolgreich und wurden veröffentlicht, um mehr Kindern zu helfen.
Etwas später wurde auch nach Methoden für blinde Kinder gesucht, um sie vor Verwahrlosung und Missbrauch zu schützen. Ziel war, dass sie sich nützlich machen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben konnten.
Nach und nach wurden auch Heimschulen (Rettungshäuser) für verwahrloste sowie eine Art Krankenhausschulen für motorisch beeinträchtigte Kinder geschaffen (Orthopädische Institute).
Schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts setzte die Verallgemeinerungsbewegung ein. Die Kompetenzen der Gehörlosen-Lehrer sollten allen Lehrern zugänglich gemacht werden. Die Absicht dabei war, die hohen Kosten für die Heimunterbringung der Schüler zu sparen, mehr Schülern die Teilnahme am Unterricht zu ermöglichen, nicht zuletzt sollten die Kinder an ihrem Heimatort leben und integriert sein können. Diese Bewegung ist schon ein früher Vorläufer der heutigen Integrationsbewegung.
Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden Schulen für geistig behinderte Kinder sowie Schulen für körperbehinderte Kinder.
Um 1880 wurde aus vorherigen Nachhilfeklassen die sogenannten Hilfsschulen gegründet. Sie waren für Schüler gedacht, die an der Volksschule nicht mithalten konnten, aber an Schulen für geistig behinderte Kinder unterfordert waren. Organisation und Inhalte entsprachen der Volksschule. Dabei waren die Klassen kleiner, Inhalte wurden reduziert und das Tempo verlangsamt.
Um die Jahrhundertwende (19./20. Jh.) wurden auch die besonderen Probleme schwerhöriger und sehbeeinträchtigter Schüler erkannt und in eigenen Schulformen beachtet. Auch für verhaltensauffällige Kinder wurden verschiedene Hilfen entwickelt. Es folgte die Zeit des Nationalsozialismus mit dem Versuch, die bisherigen Erfolge rückgängig zu machen. Ab 1934 wurden viele (ehemalige) Hilfsschüler sterilisiert, ab 1939 mit der Euthanasie begonnen. In dieser Zeit wurde nicht der einzelne Mensch in seiner Würde geachtet, sondern eine Ideologie umgesetzt, in der der Einzelne nicht zählte. Dieser Zeitabschnitt der Geschichte wurde lange nicht untersucht und aufgearbeitet.
Erst nach der Gründung der Lebenshilfe (Selbsthilfeorganisation von Eltern geistig behinderter Kinder) 1958 wurde geistig bzw. körperbehinderten Kindern/Jugendlichen der Schulbesuch durch neue Schulgründungen wieder ermöglicht. Jedoch bestand erst ab Anfang der 70er Jahre wieder Schulpflicht für sie, d. h. viele konnten bis dahin keine Schule besuchen.
Schon seit den Anfängen des Sonderschulwesens ist es das Ziel gewesen, behinderte Menschen in die Gesellschaft zu integrieren. Sie sollten die gleichen Rechte haben und sich so weit wie möglich selbst versorgen können. Die Einteilung in verschiedene Fachrichtungen wurde ursprünglich vorgenommen, um Einzelnen gezielter helfen zu können und spezielle Unterrichtsmethoden auf ihre Wirksamkeit hin zu prüfen. Doch bergen solche Institutionen auch immer die Gefahr, Menschen zu stigmatisieren und in eine „Kategorie“ einzuordnen.
Heute geht man davon aus, dass alle Kinder (oder Menschen) verschieden sind und nicht alle zur gleichen Zeit und im gleichen Tempo das Gleiche lernen können.
Vor allem durch die Initiative von Eltern behinderter Kinder wurden verschiedene Modellversuche zur gemeinsamen Unterrichtung behinderter und nicht behinderter Kinder durchgeführt. Diese Modellversuche ergaben, dass dies in der Regel keine Nachteile, oft aber Vorteile für beide Seiten hatte. Daher wird seit 1973 in verschiedenen nationalen und internationalen Leitlinien die gemeinsame Unterrichtung empfohlen bzw. gefordert. Statt von „Sonderschulbedürftigkeit“ wird von „special educational needs“ (spezielle Erziehungsbedürfnisse/sonderpädagogischer Förderbedarf) gesprochen, wobei nicht vorwiegend an den Schwächen, sondern an den Fähigkeiten eines Kindes angeknüpft werden soll.
In Rheinland-Pfalz können Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf heute als Alternative zur Förderschule (ehem. Sonderschule) eine Schwerpunktschule bzw. in Einzelintegration eine Grundschule besuchen. Im Land Berlin ist die Integration in die Regelschule als Option seit 1989 im Schulgesetz verankert. Mit dem neuen Schulgesetz von 2005 wird der „Gemeinsamen Erziehung“ ausdrücklich Vorrang eingeräumt.
Voraussetzungen für Integration
Voraussetzung ist in jedem Falle, dass ein sogenannter „sonderpädagogischer Förderbedarf“ besteht, das heißt, dass durch geeignete (in der Regel standardisierte) diagnostische Verfahren festgestellt wird, wie das Kind entwickelt ist. In der Folge werden pädagogische Maßnahmen ermittelt, die hilfreich erscheinen, das Kind zu fördern.
Unterschieden wird nach den Hauptaspekten der Behinderung, wobei häufig multifaktorielle Behinderungen (Mehrfachbehinderungen) vorliegen. Es gibt die folgenden Hauptbehinderungsgruppen:
- Einschränkung der intellektuellen Fähigkeiten: Lernbehinderung
- Einschränkung der sensorischen Fähigkeiten: Sinnesbehinderung (Sehbehinderung, Blindheit, Hörbehinderung, Gehörlosigkeit)
- Einschränkung der motorischen Fähigkeiten: Körperbehinderung
- Einschränkung der Sprachfähigkeit: Sprachbehinderung
- Einschränkung der sozialen Fähigkeiten: soziales und emotionales Verhalten
- Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten: geistige/kognitive Behinderung
Eine besondere Form ist die Mehrfachbehinderung; Kinder mit kognitiver Behinderung sind nicht selten gleichzeitig auch körperbehindert oder in ihrer Sinneswahrnehmung beeinträchtigt. Auch ist zu beachten, dass bestimmte Behinderungen weitere nach sich ziehen, z. B. führt eine Hörbehinderung nahezu regelmäßig auch zu einer Sprachbehinderung.
Man unterscheidet bei der Integration von Schülern mit Behinderung in die Regelschule zwei Formen, die sich aus den unterschiedlichen Unterrichtsansätzen ergeben, nämlich die zielgleiche Integration und die zieldifferente Integration.
Zielgleiche Integration
Bei zielgleicher Integration werden alle Schüler nach den gleichen Rahmenrichtlinien unterrichtet. So werden z. B. Schüler mit Hör- und Sehbeeinträchtigung, Sprachbehinderung, Behinderung im emotional-sozialen Bereich oder auch einer Körperbehinderung zielgleich (mit den nichtbehinderten Schülern) unterrichtet. Dies setzt voraus, dass die Schule die Möglichkeit hat, den sogenannten „Nachteilsausgleich“ sicherzustellen. Konkret: besondere Sehhilfen (Lichtverhältnisse etc.) für sehbehinderte Kinder, technische Hörhilfen (z. B. Induktionsschleifen für drahtlose Hörgeräte) für die Kinder mit Hörbeeinträchtigung. In den Regelschulen können Schüler mit Behinderung durch den „mobilen Dienst“ Hilfestellung durch einen Sonderschullehrer erhalten, wenn der entsprechende Landeshaushalt hierfür entsprechende Stellen bzw. Stellenanteile vorsieht. Schüler, die zielgleich integriert werden sollen, haben keinen Anspruch auf eine Integrationsklasse. Ausschlaggebend dafür, ob die Schüler „integriert“ werden oder doch zu einer speziellen Sonderschule gehen sollen, sollte nach pädagogischen Vorstellungen der Wunsch der Eltern sein, nachdem sie ausführlich beraten worden sind.
In Niedersachsen werden mobile Dienste angeboten:
Zieldifferente Integration
Bei zieldifferenter Integration werden Schüler nach verschiedenen Rahmenrichtlinien unterrichtet. So werden z. B. solche mit einer kognitiven Behinderung nach den Rahmenrichtlinien für geistig Behinderte oder Lernbehinderte unterrichtet. Der Unterricht findet an Regelschulen in Integrationsklassen statt. Sie müssen beantragt und genehmigt werden bevor sie eingerichtet werden. In einer Integrationsklasse einer Grundschule arbeiten dann im Idealfall bei geringerer Schülerzahl ein Grundschullehrer und ein Sonderpädagoge zusammen.
Rahmenbedingungen der schulischen Integration
Grundvoraussetzung dafür, dass die schulische Integration, also die gemeinsame Unterrichtung behinderter und nichtbehinderter Kinder gelingt, ist eine positive Einstellung und die Bereitschaft zur Integration. Beteiligte Lehrer, aber auch die Mitschüler sowie deren Eltern sollten lernen, Verständnis und Toleranz im Umgang mit den behinderten Kindern zu entwickeln. Intensive und kooperative Elternarbeit kann diesen Prozess erleichtern.
Dies allein reicht jedoch nicht aus, denn einige wichtige Rahmenbedingungen müssen gegeben sein bzw. hergestellt werden. Diese Bedingungen sind auf das aufzunehmende behinderte Kind und seine individuellen Bedürfnisse sowie auf die jeweilige beabsichtigte Organisationsform (z. B. Integrationsklasse oder Einzelintegration) abzustimmen.
Organisatorisch ist zu beachten, dass die Klasse, in die behinderte Kinder aufgenommen werden, kleiner ist als eine Klasse ohne behinderte Kinder. Wenn zwei bis vier behinderte Kinder integriert werden, sollte die Schülerzahl zwischen 15 und 20 Kindern liegen. Wird ein einzelnes behindertes Kind in die wohnortnahe Regelschule aufgenommen (Einzelintegration), so kann man folgende Regel beachten: statt zwei nichtbehinderten Kindern wird ein behindertes Kind aufgenommen. Eine Ausnahme bildet hierbei die Präventive Integration, bei der eine möglichst gleiche Anzahl von hörenden und hörbehinderten Kinder (6:6) gemeinsam unterrichtet werden
Auch sollte die Schule den Bedürfnissen der behinderten Kinder entsprechen. Je nach Behinderungsart des jeweiligen Kindes sind notwendige bauliche und räumliche Voraussetzungen zu schaffen, etwa durch den Bau eines Fahrstuhls oder einer Rampe für ein im Rollstuhl sitzendes Kind. Klassenraum und Schulgelände sollten die Kinder zum Lernen anregen (z. B. „Ecken“ zum Lesen, Rechnen, Forschen und Experimentieren, ein Werkbereich). Es sollten auch behinderungsspezifische Hilfsmittel, z. B. ein spezieller Computer für ein sehbehindertes Kind, oder sonstige Spiel-, Lern-, Förder- und Therapiematerialien in der Schule vorhanden sein.
Handelt es sich um zieldifferente Integration (Erklärung siehe wikipedia), vergrößert sich die Spannbreite an Fähigkeiten der Schüler, die ohnehin in jeder Klasse unterschiedlich sind. Da nun nicht mehr alle Schüler an den gleichen Lernzielen arbeiten, steigen die Anforderungen an den Lehrer. Daher ist zusätzliches Personal und damit die Zusammenarbeit unterschiedlicher Disziplinen notwendig. Ein zweiter Pädagoge (meist ein Sonderschullehrer oder eine Pädagogische Fachkraft) unterstützt den Regelschullehrer bei der Unterrichtung der Klasse (sog. Team-Teaching oder kooperativer Unterricht). Je nach Eigenart und Umfang des besonderen Förderbedarfs des behinderten Kindes wird der Klasse eine bestimmte Zahl an zusätzlichen Personalstunden zugeteilt. Bei schwerstbehinderten Kindern oder Kindern mit erheblichen Verhaltensauffälligkeiten ist im günstigsten Fall ständig ein zweiter Erwachsener anwesend.
Der integrative Unterricht muss die Verschiedenheit der Kinder, ihre individuellen Interessen, Fähigkeiten und ihr jeweiliges Lerntempo berücksichtigen (Individualisierung und Differenzierung des Unterrichts). Wenn für das behinderte Kind andere Lernziele als für den Großteil der Klasse gelten, so ist es wichtig, eine Balance zwischen individuellem Lernangebot und gemeinsamen Lernsituationen zu finden. Somit haben die Kinder Gelegenheit, auch voneinander lernen zu können, und zwar auch die nichtbehinderten Kinder vom behinderten Kind. Unverzichtbar ist auch eine Leistungsbewertung, welche die Lernentwicklung der einzelnen Kinder in den Vordergrund stellt. Anstelle von Ziffernzeugnissen, die sich am Klassendurchschnitt orientieren, bieten sich verbale Entwicklungsberichte an.
Integrationspädagogische Kenntnisse sowie didaktische Kompetenzen können in Fort- und Weiterbildungen erworben werden.
Wünschenswert wäre z. B. der Ausbau einer Ganztagsbetreuung, damit mehr Zeit bleibt, um den Lernstoff zu vertiefen und soziale Kontakte zu pflegen. Um das behinderte Kind auch in seinem Wohnort verstärkt einzubinden, sollte die Schule im Rahmen ihrer Nachmittagsangebote mit örtlichen Vereinen, Jugendhäusern etc. zusammenarbeiten. Eventuell sollten besondere Förderangebote für das Kind, z. B. Sprachtherapie, angeboten werden.
Vorteilhaft wäre auch, dass die beteiligten Lehrer ihre Erfahrungen mit Kollegen, die ebenfalls in Integrationsgruppen arbeiten, austauschen. Möglicherweise können auch regionale Beratungs- und Koordinierungsstellen für Integration eingerichtet werden.
Viele Anträge auf eine bestimmte Integrationsmaßnahme scheitern bereits an den nicht herstellbaren Rahmenbedingungen.
Integration von geistig und schwer mehrfach behinderten Kindern und Jugendlichen
Die Ansichten, ob Kinder und Jugendlichen mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen bildbar sind, haben sich im Laufe der Zeit stark verändert: Früher wurden diese Kinder als schulbildungsunfähig bezeichnet und deshalb in Sonderschulen beziehungsweise Krankenhäuser aufgenommen. Heute dagegen werden diese Kinder teilweise schon in Regelschulen integriert.
Grundsätzlich sind bei der Integration von geistig und schwer mehrfach behinderten Kindern und Jugendlichen die allgemeinen Rahmenbedingungen für die Integration von behinderten Kindern in die Regelschule zu beachten. Hier soll nur noch aufgeführt werden, was speziell und in besonderem Maße für diesen Personenkreis gilt.
Um die kleinsten Lernfortschritte sehr genau feststellen und würdigen zu können, sollten diese Schüler besonders differenziert beobachtet werden. Auf der Grundlage gründlicher Beobachtungen kann für jedes schwer behinderte Kind ein sehr individueller Lehrplan entwickelt werden. Dies schließt ein, dass besonders auch geistig und schwer mehrfach behinderte Kinder und Jugendliche ihre eigenen Lernziele haben, denn ihre Fortschritte kann man nicht an denen anderer messen (wie eigentlich jedes Kind nur an seinem eigenen Fortschritt gemessen werden sollte); nur so können sie Erfolgserlebnisse haben und müssen nicht ständig versuchen, Ziele zu erreichen, die sie meist unmöglich erreichen können. Nur wenn sich die Kinder und Jugendlichen an ihren individuellen Lernmöglichkeiten und -fortschritten messen können, können sie selbstsicher werden.
Insgesamt wäre ein handlungsorientiertes Vorgehen, das die unterschiedlichen Lerntypen berücksichtigt, im Unterricht günstig, da auf diese Weise die Eigenständigkeit gefördert und gefordert wird, was als ein hohes Lernziel in dem oftmals weitgehend fremdbestimmten Leben von geistig oder schwer mehrfach behinderten Kindern und Jugendlichen anzusehen ist.
In einem solchen integrativen Unterricht mit schwer behinderten Kindern ist es des Weiteren wichtig, dass sich mindestens zwei Pädagogen in der Klasse befinden, da viele zusätzliche Aufgaben für die Lehrkräfte dazu kommen. Denn gerade für diese Schüler ist es unerlässlich, lebenspraktische Fertigkeiten (zum Beispiel Körperpflege, Essen) im Tagesverlauf einzuüben. Aus zeitlichen Gründen würde sich daher eine Ganztagsbetreuung grundsätzlich anbieten. Speziell für schwer mehrfach behinderte Kinder sollte ein so genannter Rückzugs- und Ruheraum vorhanden sein, in den sie sich bei Überforderung oder Unwohlsein zurückziehen können oder pflegerisch versorgt werden können. Auch sollte Platz geschaffen sein, um mit dem Kind therapeutische Übungen wie beispielsweise Ergotherapie und Krankengymnastik durchführen zu können.
Ein schwer behindertes Kind braucht dringend die vielfältigen Anregungen der nicht behinderten Kinder, an denen es sich orientieren kann. Es kann aber nicht generell gesagt werden, dass sich ein schwerstbehindertes Kind in der Integrationsklasse anders entwickelt als in einer Sonderschulklasse. Die anderen Kinder können im Umgang mit schwerstbehinderten Kindern differenzierte soziale Fähigkeiten entwickeln, zum Beispiel den anderen zu verstehen, mit ihm auf einer nichtsprachlichen Ebene zu kommunizieren und in Dialog zu treten.
Die Integration schwerstbehinderter Kinder übersteigt allerdings in der heutigen Zeit noch immer schnell den Rahmen des Vorstellbaren. Diese Tendenz könnte zu einer selektiven Integration führen, in deren Rahmen nur Kinder integriert werden, die zu den Ressourcen passen.
Integrationspraxis
Die Integration beschränkt sich zur Zeit hauptsächlich auf die Grundschule. Hier gibt es weitaus die meisten Kinder mit Behinderung in Regelklassen. Die weiterführenden Schulen sind in Deutschland, anders als die Grundschule und anders als die Schulen in weltweit den weitaus meisten Ländern, geradezu Ausdruck von Selektivität und verdanken ihre Existenz gerade der Desintegration. Sie stehen damit so unter Selektionsdruck, dass sie sich eine umfassende Integration, die von pädagogischen Leitideen geprägt ist, gar nicht leisten können und wollen.
Auf den ersten Blick erstaunlich ist, dass auch die Integrierte Gesamtschule sich nicht in demselben Maße wie die Grundschule der Integration von Kindern mit Behinderung stellt. Sie tut dies zwar sehr viel mehr als Gymnasien und Realschulen, aber auch sie steht unter Selektions- bzw. Konkurrenzdruck.
Daher steht die Integration von Kindern mit Behinderung in das Regelschulwesen erst am Anfang ihrer Entwicklung und kann als Paradigma für die integrative Fortentwicklung des deutschen Schulwesens gelten.
Erfreulich ist es, dass z. B. in Hamburg mittlerweile an ca 20 Gesamtschulen Integrationsklassen in den Jahrgängen 5–10 eingerichtet wurden.
Im Saarland ist die integrative Unterrichtung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen seit fast 20 Jahren gängige Praxis. Die Schüler werden an Grundschulen, Gesamtschulen und Erweiterten Realschulen gefördert, teilweise sogar am Gymnasium.
In Berlin (die Grundschule umfasst hier die erste bis sechste Klasse) gibt es seit über 30 Jahren Integrationsklassen. Vorreiter stellte hier z. B. die Fläming-Grundschule in Berlin-Friedenau dar. Über eine der dort unterrichteten Integrationsklassen kam im September 2005 der Dokumentarfilm Klassenleben in deutsche Kinos. Der Film ist ganz aus der Perspektive der Kinder gedreht.
In Bad Harzburg (Niedersachsen) gibt es aber mittlerweile auch eine Integrationsklasse am Werner-von-Siemens-Gymnasium, in der 4 behinderte Kinder gemeinsam im normalen Klassenverband mit unterrichtet werden. Diese Schule erhielt im Jahre 2007 die Auszeichnung "Schule des Jahres" im Bereich Integration von der Zeitschrift UNICUM.
Integrated Education
Im englischen Sprachgebrauch wird Integrated Education für den gemeinsamen Unterricht von römisch-katholischen und protestantischen Schülern in Nordirland verwendet. Siehe dazu den englischen Artikel.
Siehe auch: Präventive Integration, SIVUS-Methode
Literatur
- Biewer, Gottfried, Neuwied (u. a.): Vom Integrationsmodell für Behinderte zur Schule für alle Kinder. Luchterhand, 2001, ISBN 3-472-04848-4.
- Herbert L. Breiner: Die Präventive Integration. PIH, Frankenthal/Pfalz 1989, ISBN 3-924935-11-4.
- Alexander Hüther: Schulversuch Präventive Integration. Abschlussbericht. PIH, Frankenthal/Pfalz 1997, ISBN 3-924935-24-6.
- G. Antor, U. Bleidick (Hrsg.): Handlexikon der Behindertenpädagogik. Schlüsselbegriffe aus Theorie und Praxis. Stuttgart, Berlin, Köln.
- G. Cloerkes: Soziologie der Behinderten. Eine Einführung. Heidelberg.
- G. Feuser, H. Meyer: Integration in der Grundschule.. Fulda.
- A. Fröhlich, N. Heinen, W. Lamers: Schulentwicklung – Gestaltungs(t)räume in der Arbeit mit schwerstbehinderten Schülerinnen und Schülern. Düsseldorf 2003.
- Alfred Sander: Über Integration zur Inklusion. Entwicklungen der schulischen Integration von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischen Förderbedarf auf ökosystemischer Grundlage am Beispiel des Saarlandes.
- I. Schnell, A. Sander (Hrsg.): Inklusive Pädagogik. Verlag Julius Klinkhardt, Bad Heilbrunn.
- Jutta Schöler: Integrative Schule – Integrativer Unterricht. Neuwied, Berlin 1999.
- Andreas Möckel: Geschichte der Heilpädagogik. Stuttgart 1988.
- Jürgen Münch: Wie die Sonderpädagogik wieder auf die allgemein pädagogischen Füße gestellt wurde. In: Beatrix Lumer (Hrsg.): Integration behinderter Kinder. Erfahrungen, Reflexionen, Anregungen. Cornelsen, Berlin, S. 8–23.
- Simone Seitz: Zeit für inklusiven Sachunterricht. Baltmannsweiler 2005.
Weblinks
- www.integrationskinder.org - Informationen und wichtige Adressen zum Thema Integration sehbehinderter/blinder Kinder und Jugendlicher
- www.isar-projekt.de - Informationen, Literatur, Unterrichtsideen und Materialien für die schulische Integration von Kindern mit Sehschädigung
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