Interkantonales Konkordat

Interkantonales Konkordat

In der Schweiz wird ein Vertrag zwischen Kantonen Konkordat genannt. Die Bedeutung von interkantonalen Konkordaten ergibt sich durch den Föderalismus in der Schweiz, in dem in manchen Politikbereichen wie z. B. der Bildungspolitik oder im Strafvollzug nicht der Bund, sondern die Kantone zuständig sind. Durch die Konkordate werden gewisse kantonale Gesetze und Verordnungen vereinheitlicht, ohne dass es dazu eines nationalen Gesetzes bedarf. Konkordate können zwischen einzelnen wenigen, aber auch zwischen allen Kantonen abgeschlossen werden. Sie müssen in allen Kantonen separat durch den normalen Gesetzgebungsprozess politisch abgesegnet werden.

Einige durch interkantonale Konkordate geschaffene Institutionen sind im Haus der Kantone in Bern zusammengefasst.

Geschichte

Die Mediationsakte von 1803 verbot Bündnisse zwischen einzelnen Kantonen. Es entstand ein Regelungsvakuum, da alle früheren Verträge ungültig wurden – so auch eine Übereinkunft der Kantone Bern und Solothurn, welche die kirchlichen Verhältnisse des reformierten Bucheggbergs regelte. Die Tagsatzung, die Versammlung der Kantone, entschied deshalb am 29. Juni 1803, gewisse Verträge zwischen Kantonen wieder zuzulassen, unter der Bedingung, dass diese der Tagsatzung jedes Mal zur Kenntnis gebracht würden. Die Mehrheit aller Kantone musste einem Konkordat zustimmen, obwohl deren Gültigkeit teilweise nur wenige Kantone betraf. Wegen des kirchlichen Inhalts wurde der Vertrag bezüglich Bucheggberg Konkordat genannt. Dieser Begriff wurde darauf auch für interkantonale Verträge ohne kirchlichen Inhalt verwendet.

Nach dem Ende der Mediationszeit, während der Restauration und der Regenerationszeit, wurde der Abschluss von interkantonalen Konkordaten weiterhin ermöglicht, was zu einer faktischen Weiterentwicklung des Bundesvertrages führte. Traten die Mehrheit der Kantone einem Konkordat bei, wurde dieses ein „eidgenössisches Konkordat“ und fiel in die Zuständigkeit der Tagsatzung. Ein Austritt ohne Zustimmung der Tagsatzung war nicht mehr möglich.

Mit der Gründung des Bundesstaates 1848 verringerte sich die Bedeutung der Konkordate, sie blieben aber erlaubt und gebräuchlich, wenn auch mit einer anderen Rechtsgrundlage. Sie vereinheitlichten kantonales Recht, konnten aber durch das ihr übergeordnete Bundesrecht gebrochen werden. Die Demokratische Bewegung forderte mehr Mitsprache des Volkes in den Kantonen und erreichte in einigen Kantonen die Einführung eines Konkordatsreferendums.

Wichtige Konkordate

Wichtige Konkordate betrafen bzw. betreffen:

  • Maße und Gewichte (1835)
  • Heimatscheine (1854),
  • die gegenseitige Mitteilung von Zivilstandsakten (1855–75),
  • den Schutz des literarischen und künstlerischen Eigentums (1856–83),
  • die Zulassung reformierter Geistlicher (1862),
  • die Verpflegungs- und Begräbniskosten armer Angehöriger (1865–75),
  • die Freizügigkeit der Medizinalpersonen (1867–77),
  • die Gewährleistung von Viehhauptmängeln (1852),
  • den Fahrrad- und Automobilverkehr (1904 bzw. 1914),
  • die Rechtshilfe zur Eintreibung öffentlichrechtlichen Ansprüche (1911),
  • Schiedsgerichtsbarkeit (1969)
  • die Zulassung reformierter Pfarrer,
  • die Lotterie,
  • den Viehhandel,
  • die Luftseilbahnen ohne Bundeskonzession,
  • das Steuerrecht,
  • das Gesundheits- und Submissionswesen,
  • das Schul- und Universitätswesen (z.B. Interkantonale Lehrmittelzentrale, Konkordat über die Schulkoordination, HarmoS-Konkordat),
  • den Strafvollzug,
  • den Waffenhandel.

Im Strafvollzug und beim Waffenhandel werden die Konkordate durch Bundesgesetze ersetzt.

Weblinks


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