- Kanton (Schweiz)
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Die 26 Kantone (französisch cantons, italienisch cantoni, rätoromanisch chantuns, in der Deutschschweiz traditionell Stand, in der Mehrzahl Stände genannt) sind die Gliedstaaten der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Der Ausdruck wurde 1475 zum ersten Mal in einer Freiburger Akte verwendet.[1]
Inhaltsverzeichnis
Politisches System
Jeder Kanton hat eine eigene Verfassung und eigene gesetzgebende, vollziehende und rechtsprechende Behörden. Alle Kantone besitzen ein Einkammer-Parlament (Grosser Rat, Kantonsrat, Landrat, Parlament; siehe auch: Kantonsparlament). Dieses hat je nach Kanton 49 bis 180 Parlamentssitze. Die Kantonsregierung (Regierungsrat, Regierung, Staatsrat, Standeskommission) besteht je nach Kanton aus fünf oder sieben Mitgliedern.
Alle staatlichen Bereiche, die nicht von der schweizerischen Bundesverfassung dem Bund zugewiesen bzw. von einem Bundesgesetz geregelt werden, gehören in die Kompetenz der Kantone (staatliche Organisation, Schulwesen, teilweise Gesundheitswesen, teilweise Planungs- und Baurecht, Polizeiwesen, teilweise Gerichtsverfassung, Notariatswesen, kantonales und kommunales Steuerrecht und andere). So führt beispielsweise der Staat Graubünden mit den Nachbarstaaten St. Gallen und dem Fürstentum Liechtenstein die Interstaatliche Hochschule für Technik NTB Buchs; Kantone können also innerhalb ihrer Kompetenzen auch Staatsverträge mit fremden Staaten schliessen. Bei mehreren der erwähnten Bereiche hat der Bund ebenfalls grosse Kompetenzen, sodass oft ein Kompetenzkonflikt festzustellen ist.
Die Kantone ihrerseits können auch ihren Gemeinden eine gewisse Autonomie gewähren. Das Ausmass der Gemeindekompetenzen ist von Kanton zu Kanton verschieden.
In zwei Kantonen – Glarus sowie Appenzell Innerrhoden – bestimmt das Volk während einer Versammlung aller Bürger, der Landsgemeinde, seine Kantonsvertreter und entscheidet über Sachfragen. In allen anderen Kantonen finden Wahlen und Abstimmungen an der Urne statt.
Geschichte
Die sogenannten Urkantone, welche 1291 die Eidgenossenschaft begründeten, sind Uri, Schwyz und Unterwalden. In der Alten Eidgenossenschaft wurden die Kantone noch Orte genannt. Deshalb spricht man in Bezug auf die Ausweitungsphasen der Schweiz von den Acht Alten Orten und den Dreizehn Alten Orten (bzw. der achtörtigen und der dreizehnörtigen Eidgenossenschaft). Verbündete, welche nicht Vollmitglied der Eidgenossenschaft waren, wurden als zugewandte Orte bezeichnet. Die Vollmitglieder und erst recht die zugewandten Orte der Eidgenossenschaft waren noch eigenständige Staatengebilde.
Mit der Helvetischen Republik (1798–1803) bekam die Bezeichnung Kanton eine gewichtigere Verwendung, der Ausdruck wurde seit 1475 in der alten Eidgenossenschaft schon als Synonym für Ort, Stand verwendet.[1] Die Kantone waren im neu geschaffenen Einheitsstaat blosse Verwaltungsbezirke ohne Autonomierechte. Die Grenzziehung wurde geändert, um annähernd gleich grosse Kantone zu schaffen und die alte Ordnung zu zerschlagen. Dabei entstanden auch die kurzlebigen Kantone Säntis, Linth, Waldstätte, Oberland, Baden, Lugano und Bellinzona.
Mit der Mediationsverfassung 1803 erhöhte sich die Zahl der Kantone auf 19 und mit dem Wiener Kongress 1815 auf 22. Zugewandte Orte wie zum Beispiel die altfrye Republik Gersau, das Gebiet der Abtei Engelberg und Weitere wurden teilweise gegen ihren Willen einzelnen Kantonen zugeschlagen. 1833 spaltete sich der Kanton Basel-Landschaft in einem bewaffneten Konflikt vom Kanton Basel-Stadt, 1979 der Kanton Jura auf demokratischem Weg vom Kanton Bern ab.
Als 1848 ein Bundesstaat gegründet wurde, wurde die Souveränität der Kantone endgültig eingeschränkt: Sämtliche kantonalen Zölle und Währungen wurden beseitigt. Einige wenige Kompetenzen traten die Stände an die Bundesgewalt ab. Mit Industrialisierung und Wirtschaftswachstum wurde das staatliche Leben zunehmend komplexer, was weitere Zentralisierungen erforderlich machte. Heute sind die Bereiche, in denen die Kantone wirklich noch autonom legiferieren können, ziemlich begrenzt. Es wird zunehmend von «Vollzugs-Föderalismus» gesprochen.
Anzahl und Reihenfolge
Heute wird die Zahl der Kantone meistens mit 26, manchmal mit 23 angegeben. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass sechs Kantone (Obwalden, Nidwalden, Appenzell Innerrhoden, Appenzell Ausserrhoden, Basel-Stadt und Basel-Landschaft) aus historischen Gründen als Halbkantone bezeichnet werden. (Seit der Totalrevision der Bundesverfassung von 1999 spricht man nun gelegentlich von Kantonen mit geteilter Standesstimme). Diese Unterscheidung ist lediglich bei der Besetzung des Ständerates und beim Ständemehr relevant, hat jedoch keinen Einfluss auf die innere Autonomie, weshalb es korrekt ist, von 26 Kantonen, aber 23 Ständen zu sprechen.
Die übliche Reihenfolge der Kantone (siehe untenstehende Liste) ist in der Bundesverfassung festgelegt.[2] Sie hat jedoch einen viel älteren Ursprung. In der Eidgenossenschaft der Acht Alten Orte standen die Städte Zürich, Bern und Luzern als Vororte in der Hierarchie vor den Landkantonen. Die weiteren Kantone stehen in der Reihenfolge ihres Beitritts.
Liste der Schweizer Kantone mit ihren Eckdaten
Wappen Kanton (Kürzel und
Autokennzeichen)Standes-
stimmeBeitritt Hauptort Lage Einwohner 1 Ausländer 2 Fläche 3 Dichte 4 Gemeinden 6 Amtssprache(n) Zürich (ZH) 1 1351 Zürich 1'351'297
(1)23,8 % 1'729
(7) 782
(3)171 deutsch Bern (BE) 1 1353 Bern 974'235
(2)12,9 % 5'959
(2) 164
(16)392 deutsch, französisch Luzern (LU) 1 1332 Luzern 372'964
(7)16,5 % 1'493
(9) 250
(9)88 deutsch Uri (UR) 1 1291 7 Altdorf 35'335
(24)9,3 % 1'077
(11) 33
(25)20 deutsch Schwyz (SZ) 1 1291 7 Schwyz 144'686
(17)18,3 % 908
(13) 159
(17)30 deutsch Obwalden (OW) 0,5 1291 7 Sarnen 35'032
(25)12,9 % 491
(19) 71
(22)7 deutsch Nidwalden (NW) 0,5 1291 7 Stans 40'794
(22)10,9 % 276
(22) 148
(18)11 deutsch Glarus (GL) 1 1352 Glarus 38'479
(23)20,0 % 685
(17) 56
(24) 3
(25 - 31. Dez. 2010)deutsch Zug (ZG) 1 1352 Zug 110'890
(18)23,7 % 239
(24) 464
(5)11 deutsch Freiburg (FR) 1 1481 Freiburg 273'159
(10)18,1 % 1'671
(8) 164
(15)168 französisch, deutsch Solothurn (SO) 1 1481 Solothurn 252'748
(12)19,5 % 791
(16) 320
(7)125 deutsch Basel-Stadt (BS) 0,5 1501 Basel 187'898
(15)31,6 % 37
(26) 5'078
(1)3 deutsch Basel-Landschaft (BL) 0,5 1501 Liestal 272'815
(11)19,0 % 518
(18) 527
(4)86 deutsch Schaffhausen (SH) 1 1501 Schaffhausen 75'657
(19)23,0 % 298
(20) 254
(8)27 deutsch Appenzell Ausserrhoden (AR) 0,5 1513 Herisau, Trogen 5 53'043
(21)13,9 % 243
(23) 218
(13)20 deutsch Appenzell Innerrhoden (AI) 0,5 1513 Appenzell 15'681
(26)9,9 % 173
(25) 91
(20)6 deutsch St. Gallen (SG) 1 1803 St. Gallen 474'676
(5)21,8 % 2'026
(6) 234
(11)86 deutsch Graubünden (GR) 1 1803 Chur 191'861
(14)16,3 % 7'105
(1) 27
(26)190 deutsch, rätoromanisch, italienisch Aargau (AG) 1 1803 Aarau 600'040
(4)21,7 % 1'404
(10) 427
(6)229 deutsch Thurgau (TG) 1 1803 Frauenfeld 244'805
(13)21,3 % 991
(12) 247
(10)80 deutsch Tessin (TI) 1 1803 Bellinzona 335'720
(8)25,7 % 2'812
(5) 119
(19)176 italienisch Waadt (VD) 1 1803 Lausanne 701'526
(3)30,2 % 3'212
(4) 218
(12)375 französisch Wallis (VS) 1 1815 Sitten 307'392
(9)20,8 % 5'224
(3) 59
(23)143 französisch, deutsch Neuenburg (NE) 1 1815 Neuenburg 171'647
(16)23,0 % 803
(15) 214
(14)53 französisch Genf (GE) 1 1815 Genf 453'292
(6)35,7 % 282
(21) 1'607
(2)45 französisch Jura (JU) 1 1979 Delsberg 70'134
(20)12,2 % 838
(14) 84
(21)64 französisch Schweizerische Eidgenossenschaft (CH) 23 1291 7 Bern (Bundesstadt) 7'785'806 24,5 % 41'285 189 2'636 deutsch (63,7 %),
französisch (20,4 %),
italienisch (6,5 %),
rätoromanisch (0,5 %)Bemerkungen:
- In Klammern jeweils der Rang
- 1 Stand: 31. Dezember 2009[3]
- 2 Stand: 31. August 2010[4]
- 3 km²
- 4 Einwohner pro km², Stand: 31. Dezember 2009
- 5 Sitz der Regierung und des Parlaments; Sitz von Justiz und Polizei ist Trogen
- 6 Stand: 5. April 2009
- 7 Sofern der Bundesbrief von 1291 als Gründung der Schweiz angenommen wird.
Die zweibuchstabigen Kantonsabkürzungen (Siglen) sind verbreitet, sie sind unter anderem für die Autokennzeichen vorgeschrieben[5] und werden in der ISO 3166-2:CH verwendet (mit dem Präfix «CH-», zum Beispiel CH-SZ für den Kanton Schwyz).
Kantonsnamen in den Schweizer Landessprachen
Die Kantonsnamen werden in der Schreibweise und der offiziellen Reihenfolge wiedergegeben, wie sie in Artikel 1 der Bundesverfassung[6] zu finden sind. Hervorgehoben sind die Bezeichnungen in den jeweiligen Amtssprachen des Kantons.
ISO Rang Deutsch Französisch Italienisch Rätoromanisch ZH 1 Zürich Zurich Zurigo Turitg BE 2 Bern Berne Berna Berna LU 3 Luzern Lucerne Lucerna Lucerna UR 4 Uri Uri Uri Uri SZ 5 Schwyz Schwyz (Schwytz1) Svitto Sviz OW 6 Obwalden Obwald Obvaldo Sursilvania NW 7 Nidwalden Nidwald Nidvaldo Sutsilvania GL 8 Glarus Glaris Glarona Glaruna ZG 9 Zug Zoug Zugo Zug FR 10 Freiburg Fribourg Friburgo Friburg SO 11 Solothurn Soleure Soletta Soloturn BS 12 Basel-Stadt Bâle-Ville Basilea Città Basilea-Citad BL 13 Basel-Landschaft Bâle-Campagne Basilea Campagna Basilea-Champagna SH 14 Schaffhausen Schaffhouse Sciaffusa Schaffusa AR 15 Appenzell Ausserrhoden Appenzell Rhodes-Extérieures Appenzello Esterno Appenzell Dadora AI 16 Appenzell Innerrhoden Appenzell Rhodes-Intérieures Appenzello Interno Appenzell Dadens SG 17 St. Gallen Saint-Gall San Gallo Son Gagl GR 18 Graubünden Grisons Grigioni Grischun AG 19 Aargau Argovie Argovia Argovia TG 20 Thurgau Thurgovie Turgovia Turgovia TI 21 Tessin Tessin Ticino Tessin VD 22 Waadt Vaud Vaud Vad VS 23 Wallis Valais Vallese Vallais NE 24 Neuenburg Neuchâtel Neuchâtel Neuchâtel GE 25 Genf Genève Ginevra Genevra JU 26 Jura Jura Giura Giura 1 Die Schreibweise mit tz wird vom Guide du Typographe romand verwendet und ist dementsprechend häufig anzutreffen.
Ehemalige Kantone
1798–1803
→ Hauptartikel: Helvetische Republik#Gebietseinteilung
1831–1833
- Ausserschwyz und Innerschwyz (Halbkantone)
Siehe auch
- Binnenkanton
- Föderalismus in der Schweiz
- Kantönligeist
- Liste der Städte in der Schweiz
- Politische Gemeinde
- Politisches System der Schweiz
- Bezirk (Schweiz)
Literatur
- Kurt Müller (Hrsg.): Bausteine der Schweiz. Porträts der 26 Kantone. Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 1987. ISBN 3-85823-178-9
- Die Schweizer Kantone unter der Lupe. Behörden, Personal, Finanzen (Diverse Autoren). Haupt Verlag, Bern 2005. ISBN 978-3-258-06887-9
- Stefan Rieder; Thomas Widmer: Kantone im Wandel. Reformaktivitäten der Schweizer Kantone zwischen 1990 und 1999: Ursachen, Ausgestaltung und Konsequenzen (Aus der Reihe: Public Management). Haupt Verlag, Bern 2007. ISBN 978-3-258-07249-4
- Die Schweiz und ihre 26 Kantone. Eine (differenzierte) Landeskunde in Regionen, Traditionen und Wappen. Verlag Bär, Niederuzwil 2007. ISBN 978-3-9523212-0-1 (Studienbuch) ISBN 978-3-9523212-1-8 (Taschenbuch)
Weblinks
- Schweizer Kantone
- Informationen über Schweizer Kantone (viersprachig)
Quellen
- ↑ a b Kantone im Historischen Lexikon der Schweiz
- ↑ BV Art. 1
- ↑ Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeit, Geschlecht und Kantonen, 2009 (XLS), Bundesamt für Statistik (BFS)
- ↑ Bestand der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung nach Wohnkanton und Ausländergruppe Ende August 2010 (PDF), Bundesamt für Migration (BFM), abgerufen am 16. Januar 2011
- ↑ Art. 84 Nummerierungssystem
- ↑ Bundesverfassung in der systematischen Sammlung des Bundesrechts
Kantone der Schweizerischen EidgenossenschaftZürich | Bern | Luzern | Uri | Schwyz | Obwalden | Nidwalden | Glarus | Zug | Freiburg | Solothurn | Basel-Stadt | Basel-Landschaft | Schaffhausen | Appenzell Ausserrhoden | Appenzell Innerrhoden | St. Gallen | Graubünden | Aargau | Thurgau | Tessin | Waadt | Wallis | Neuenburg | Genf | Jura
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