Isaac von Sinclair

Isaac von Sinclair
Isaac von Sinclair, Gemälde von Levebours (1808)

Isaac von Sinclair (* 3. Oktober 1775 in Homburg vor der Höhe; † 29. April 1815 in Wien) war ein deutscher Diplomat und Schriftsteller und Freund des Dichters Friedrich Hölderlin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sinclairs Geburtshaus in Bad Homburg

Sinclair begann im Mai 1794 sein Studium in Jena und lernte dort, vermutlich bei den philosophischen Vorlesungen Fichtes, auch Hölderlin kennen. Er war ein begeisterter Befürworter der Französischen Revolution, stand einigen Mitgliedern der Gesellschaft der freien Männer nahe und nahm aktenkundig auch an einem der damals häufigen Studententumulte teil. Er wirkte ab 1796 in der bzw. für die Landgrafschaft Hessen-Homburg und blieb in freundschaftlicher und fördernder Verbindung mit Hölderlin. Hölderlin ging, nachdem er sich vom Hause Gontard in Frankfurt am Main getrennt hatte, Ende September 1798 nach Homburg und blieb dort bis zum Juni 1799. Sinclair lud Hölderlin nach dem Tode Diotimas (d. h. Susette Gontards) im Juni 1804 erneut nach Homburg ein und verschaffte dem niedergeschlagenen Dichter das Amt eines Hofbibliothekars.

Ein gravierender Einschnitt im Leben Sinclairs und Hölderlins war der Hochverratsprozess gegen Sinclair und einige seiner Freunde, in dem zeitweise auch gegen Hölderlin ermittelt wurde. Im Zusammenhang mit einer Staatslotterie, mit der Hessen-Homburg seine maroden Finanzen sanieren wollte, wurde Anfang 1804 der Hochstapler Alexander Blankenstein engagiert, der auch die Gunst Sinclairs erlangte. Als Sinclair die Betrügereien Blankensteins aufdecken und Maßnahmen gegen ihn ergreifen wollte, schwärzte Blankenstein ihn am 29. Januar 1805 beim Kurfürsten Friedrich I. von Württemberg an, der schon länger im Kampf mit den „Landschaft“ genannten Ständen lag.

Blankenstein berief sich auf eine Tafelrunde im Juni 1804 in Stuttgart, an der neben ihm und Sinclair auch der Ludwigsburger Bürgermeister Christian Friedrich Baz teilgenommen habe, der einer der radikalen Führer der württembergischen Stände war. Blankenstein behauptete, im Zusammenhang mit diesem Treffen sei versucht worden, den Kurfürsten zu ermorden und dadurch eine Revolution anzuzetteln. Der Kurfürst, dessen Untertan Sinclair nicht war, erwirkte vom Homburger Landgrafen Sinclairs Verhaftung. Sinclair wurde am 26. Februar 1805 nach Württemberg gebracht und inhaftiert; eine Kommission machte ihm, Baz und anderen angeblichen Mitverschworenen den Prozess. Hölderlin blieb nur deshalb von weiteren Nachstellungen verschont, weil er als nicht vernehmungsfähig galt. Der Homburger Arzt und Hof-Apotheker Müller berichtete in einem Gutachten vom 9. April 1805, Hölderlin sei zerrüttet, sein Wahnsinn sei in Raserei übergegangen, er habe immer wieder gerufen „Ich will kein Jakobiner sein!“ und Sinclair schwere Vorwürfe gemacht. Der Prozess förderte schließlich zutage, dass bei dem Treffen zwar einige böse Worte gegen den Kurfürsten gefallen waren, dass aber niemals ein tatsächlicher Umsturzplan vorgelegen hatte, so dass man Sinclair letztlich am 9. Juli 1805 nach Homburg in die Freiheit gehen ließ.

Im August 1806 teilte Sinclair der Mutter Hölderlins mit, dass er nicht mehr für seinen Freund sorgen könne, da Homburg mediatisiert werde. Als am 11. September 1806 die Mediatisierung Homburgs vollzogen wurde, wurde gleichzeitig Hölderlin nach Tübingen in das von Johann Heinrich Ferdinand Autenrieth geleitete Universitätsklinikum geschafft. Sinclair und Hölderlin hatten sich aber schon spätestens seit dem Hochverratsprozess entfremdet.

Hölderlin schließt in seinem Gedicht „An Eduard“ mit dem Revolutionär Sinclair ein brüderliches Bündnis. Der Dichter hat Sinclair auch in seinem Roman Hyperion in der Gestalt des Alabanda verewigt. Bettina von Arnim hat in ihrem Briefroman „Die Günderode“ Sinclair („St. Clair“) in längeren Passagen geschildert.

Sinclair vertrat die Interessen Hessen-Homburgs und seines Landgrafen Friedrich V. von Hessen-Homburg in vielen diplomatischen Missionen und führte zeitweise auch die Regierungsgeschäfte. Seinem Einsatz war es mitzuverdanken, dass auf dem Wiener Kongress das ein Jahrzehnt zuvor mediatisierte Hessen-Homburg seine volle Souveränität zurückerhielt. Sinclair wurde im Spätherbst 1805 auf eine diplomatische Mission nach Berlin geschickt und wohnte mit seiner Mutter bei Charlotte von Kalb. Mittlerweile nicht mehr zu den Idealen der Französischen Revolution stehend, trat Sinclair hier mit anti-napoleonischen bzw. franzosenfeindlichen Zirkeln in Kontakt. Er forderte vermehrt eine Rückbesinnung auf das frühere deutsche Reich, das der Adel erneuern sollte, und soll nun auch sehr religiös geworden sein; er wurde zu einem Verfechter der kommenden Befreiungskriege.

Sinclair wurde, um den neuen politischen Zielen Ausdruck zu verleihen, in den folgenden Jahren vermehrt schriftstellerisch tätig, beteiligte sich an Zeitschriften und gab eigene Gedichtbände heraus. Unter dem Anagramm „Crisalin“ schrieb er 1806/1807 eine Dramentrilogie zum „Cevennenkrieg“, in der er den Aufstand der Hugenotten gegen die französische Zentralgewalt als Beispiel für die eigenen Unternehmungen gegen Napoléon Bonaparte darstellte – eine Thematik, die später durch Ludwig Tieck wieder aufgegriffen wurde. Sinclair schrieb auch zwei umfangreiche philosophische Werke („Wahrheit und Gewißheit“, 1811 bis 1813, und „Versuch einer durch Metaphysik begründeten Physik“, 1813) und kontaktierte dazu auch Hegel. Die Dichtungen und die philosophischen Werke Sinclairs wurden schon zu seinen Lebzeiten nur wenig beachtet und waren bald vergessen.

Sinclair starb im Alter von 39 Jahren während des Wiener Kongresses an einem Schlaganfall. Er wollte sich noch am Feldzug gegen den aus Elba zurückgekehrten Napoleon beteiligen. Am 20. April 1815 war seine Mutter gestorben, und es könnte durchaus sein, dass diese Nachricht ihn zu sehr erregte. Sinclair galt als leicht aufbrausend und hatte schon früher „Schläge“ erlitten. Um die genaueren Umstände seines Todes herrschte längere Zeit etwas Unklarheit, da er in einem Wiener Bordell starb, was vertuscht werden sollte.

Siehe auch

Sinclair-Haus (Geburtshaus Sinclairs)

Literatur

  • Ursula Brauer, Alexander Adam von Sinclaire, Die Erziehungsakten für Friedrich V. Ludwig von Hessen-Homburg. Gutachten und Berichte über eine Fürstenerziehung – Fragmente eines Fürstenspiegels (1752–1766), in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Landeskunde zu Bad Homburg vor der Höhe, Band 42 (1993), 27–92
  • Ursula Brauer: Friedrich Hölderlin und Isaac von Sinclair. Stationen einer Freundschaft, in: Uwe Beyer, Hrsg., Hölderlin. Lesarten seines Lebens, Dichtens und Denkens, Würzburg 1997, 19-48
  • Ursula Brauer: Isaac von Sinclair. Eine Biographie, Stuttgart 1993 (Klett-Cotta), ISBN 3-608-91009-3.
  • Ursula Brauer. Zur Vorgeschichte von Hölderlins zweitem Homburger Aufenthalt (1804-1806): Der Briefwechsel zwischen seiner Mutter und Isaac von Sinclair, in: MittVGBadHomburg 44, 1995, 65-89
  • Ursula Brauer: Isaac von Sinclair. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 26, Nordhausen 2006, ISBN 3-88309-354-8, Sp. 1372–1389.
  • Hannelore Hegel: Isaak von Sinclair zwischen Fichte, Hölderlin und Hegel. Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte der idealistischen Philosophie, Frankfurt am Main 1999 (2)
  • Werner Kirchner: Der Hochverratsprozeß gegen Sinclair. Ein Beitrag zum Leben Hölderlins, Frankfurt am Main 1969 (Sammlung Insel).
  • Friedrich Otto: Sinclair, Isaak v.. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 34, Duncker & Humblot, Leipzig 1892, S. 387–389.

Weblinks


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