- Johann Heinrich Ferdinand Autenrieth
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Johann Hermann Heinrich Ferdinand von Autenrieth (auch Authenrieth, * 20. Oktober 1772 in Stuttgart; † 2. Mai 1835 in Tübingen) war ein deutscher Mediziner.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Autenrieth erhielt seine erste Ausbildung am Gymnasium Stuttgart und hörte 1785, erst 13 Jahre alt, erste Vorlesungen in Naturwissenschaften und Medizin an der Hohen Karlsschule Stuttgart, an der sein Vater als Professor für Cameralwissenschaften lehrte. Er wurde Mitglied des naturwissenschaftlichen Zirkels von Baron Georges Cuvier. 1792 promovierte er in Medizin und studierte danach bei Antonio Scarpa (1752–1832) und Johann Peter Frank (1745–1821) in Pavia. Weitere Stationen waren Triest, Wien und Schemnitz in Ungarn. 1794 kehrte er nach Stuttgart zurück.
1794 begleitete er seinen Vater auf einer Reise nach Baltimore, USA. Er praktizierte ein halbes Jahr in Lancaster und überstand eine Gelbfiebererkrankung. Aus Baltimore schrieb er einen Brief an Christoph Heinrich Pfaff über die Anatomie der Delfine. 1797 erschien von ihm und Leibmedicus Philipp Friedrich Hopfengärtner (1771–1897) in Stuttgart eine Übersetzung von Benjamin Rush's Buch über das Gelbfieber in Philadelphia von 1793. Nach eineinhalb Jahren kehrte er nach Stuttgart zurück und erhielt den Titel eines „Hofmedicus“, wurde Inspektor des Naturalienkabinetts des Großherzogs Friedrich Eugen und im Herbst 1796 Mitglied der Sanitätskomission, die gegen die gassierende Rinderpest eingesetzt wurde. 1797 wurde er Professor für Anatomie, Physiologie, Chirurgie und Geburtshilfe an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen.
In den ersten acht Jahren seiner Lehrtätigkeit unterrichtete er neben Anatomie und Physiologie auch Chirurgie, gab Operationskurse, unterrichtete Geburtskunde und war bis 1813 Medicinal-Visitator für die oberen Gegenden Württembergs und nach dem Tod von Christian Friedrich von Jäger Leibarzt des Königs von Württemberg.
1805 eröffnete Autenrieth das Hospital in der Bursa-Gasse mit 15 Betten in 12 Zimmern, das er von 1805 bis 1811 leitete. Damit trennten sich Chirurgie und Geburtshilfe von der Inneren Medizin. Aus dieser Klinik gründete sich später das Universitätsklinikum Tübingen. Als die Klinik 1805 öffnete, übergab er den Unterricht in Chirurgie an den neu ernannten Professor Hiller und lehrte neben Anatomie und Physiologie auch Krankheitslehre. Nach 1811 konzentrierte er sich auf Pathologie und Therapie wie auch auf klinische Forensik. Zu den dort zur Anwendung gebrachten Therapien gehörten auch Einreibungen mit „Authenrieths Märtyrersalbe“ von Tartarus emeticus auf dem rasierten Schädel, wodurch künstlich Geschwüre hervorgerufen werden sollten.[1]
Vom 15. September 1806 bis zum 3. Mai 1807 war der Dichter Friedrich Hölderlin in dem von Autenrieth geleiteten Universitätsklinikum als vermutlich erster „Geisteskranker“ untergebracht. Hölderlin wurde im gleichen Jahr wieder als unheilbar krank aus dem Autenrieth’schen Klinikum entlassen, von einem Bewunderer seiner Werke aufgenommen und bewohnte in dessen Haus 36 Jahre lang ein Zimmer im Hölderlinturm.
Nach dem Tod Wilhelm Gottfried Plouquets (1744–1814) war Autenrieth der gefragteste Mediziner in Tübingen, Menschen aus Deutschland und anderen Ländern suchten seinen Rat. Autenrieth spielte eine wichtige Rolle im Aufbau des Medizinwesens in Baden-Württemberg. Nach Christian Friedrich von Schnurrer wurde Autenrieth, während er Professor blieb, 1819 Vizekanzler der Universität Tübingen. In dieser Eigenschaft war Autenrieth Mitglied der Württembergischen Ständeversammlung. Im Jahr 1821 wurde er zum Mitglied der Gelehrtenakademie Leopoldina gewählt. Ab 1822 bis zu seinem Tod 1835 war er Kanzler der Universität und besaß in dieser Funktion von 1821 bis zu seinem Tod ein Mandat in der württembergischen Kammer der Abgeordneten, der Zweiten Kammer des Landtags, was zu Unterbrechungen seiner Lehrtätigkeit führte.
Er übergab die Lehrtätigkeit an seinen Sohn Hermann Friedrich Autenrieth (1799–1874), der ebenfalls ein bekannter Mediziner wurde.
Autenrieth wurde bekannt mit seiner empirisch begründeten Heilkunde. Er war Leibarzt des Königs sowie Mitglied in vielen medizinischen Fachkommissionen in Württemberg.
Ehrungen
1812 wurde Autenrieth mit dem Zivilverdienstorden ausgezeichnet. 1818 erhielt er das Ritterkreuz des Ordens der Württembergischen Krone, welches mit dem persönlichen Adelstitel verbunden war.[2]
Schriften
- Der physische Ursprung des Menschen. 1800.
- Archiv für Physiologie. Mitherausgeber. Halle, 1807–1812.
- Tübinger Blätter für Astronomie und verwandte Wissenschaften. Mitherausgeber .
- Redakteur der Tübinger Blätter für Naturwissenschaften und Arzneikunde. 1815–1817.
- Ueber den Menschen und seine Hoffnung einer Fortdauer vom Standpunkte des Naturforschers aus. Laupp, Tübingen 1825.
- Archiv für Physiologie, (1807, volume VII; 1809, volume IX), gemeinsam mit Johann Christian Reil (1759–1813) verlegt
- Tübinger Blätter für Naturwissenschaften und Arzneikunde, verlegt 1815–1817 mit J. G. F. von Bohrenberger
- Seine Schriften aus Pavia wurden in Baldinger’s Neues Magazin, 1794, volume XVI, veröffentlicht
- B. Rush: Beschreibung des gelben Fiebers, das 1793 in Philadelphia herrschte. Tübingen, 1796. Translated by Autenrieth and Philipp Friedrich Hopfengärtner (1771–1807).
- Experimenta et observata quaedam de sanguine praesertim venoso.
- Briefe eines Reisenden über Ungarn. Flora, volume 3.
- Bemerkungen über die Seekrankheit. Hufelands Journal der practischen Arzneykunde und Wundarzneykunst, 1796.
- Supplementa ad historiam embryonis humani. Inaugural program as professor, 1797.
- Handbuch der empirischen menschlichen Physiologie. Teil 1–3, 1801–1802.
- Der physische Ursprung des Menschen, durch Erhaben gearbeitete Figuren sichtbar gemacht und mit raisonnirenden Auszügen aus den besten Schriftstellern begleitet. 2 Teile, 1800, 1801.
- Bemerkungen über den Bau der Scholle und das Skelet der Fische im Allgemeinen. Christian Rudolph Wilhelm Wiedemann’s Archiv für Geologie und Zootomie, 1800, volume 1.
- Versuche für die praktische Heilkunde aus dem klinischen Anstalten von Tübingen. Tübingen, 1807, 1808.
- Charakter der herrschenden Krankheiten in Tübingen. Tübinger Blätter für Naturwissenschaften und Arzneikunde.
- Gehörkrankheiten. Tübinger Blätter für Naturwissenschaften und Arzneikunde.
- Schwindsucht. Tübinger Blätter für Naturwissenschaften und Arzneikunde.
- Anleitung für gerichtlichte Aerzte und Wundärzte bei jenen Fällen von Legal-Inspectionen und Sectionen, Vergiftungen, Kindermord . . . in welchen die erste Untersuchung genugthuend sein muss. 1806.
- Ueber die Verlegung der Universitäten in die Residenzen. 1826 oder 1827. Universität Stuttgart.
- Abhandlung über den Ursprung der Beschneidung bei wilden und halbwilden Völkern, mit Beziehung auf die Beschneidung der Israeliten. 1830.
- Ansichten über Natur- und Seelenleben. 1860. Posthum von seinem Sohn veröffentlicht
- Handbuch der speciellen Nosologie und Therapie nach dem Systeme eines berühmten deutschen Arztes und Professors. Dieses zweibändige Werk wurde 1834 bis 1836 von Carl Ludwig Reinhard ohne Autenrieth’s Namensnennung veröffentlicht. Es erschien 1838 als „Autenrieth’s Vorlesungen“
- Johann (Isaac) Jakob Sachs (1803–1846), in Medicinischer Almanach für das Jahr 1836, I. Jahrgang, III, Seite 30.
Literatur
- Carl von Voit: Autenrieth, Joh. Herm. Ferd. v.. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 1, Duncker & Humblot, Leipzig 1875, S. 695 f.
- Frank Raberg: Biographisches Handbuch der württembergischen Landtagsabgeordneten 1815–1933. Kohlhammer, Stuttgart 2001, ISBN 3-17-016604-2, S. 17.
Einzelnachweise
- ↑ Reinhard Pabst: Hölderlins Verrückung Focus 1998, Nr. 49
- ↑ Königlich Württembergisches Hof- und Staatshandbuch 1828, Seite 32
Weblinks
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