- Ismaïlia-Kanal
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Karte von Ägypten
Der im Altertum angelegte Bubastis-Kanal (auch Ismailia-Kanal) gilt als Vorläufer des Sues-Kanals, obwohl er geografisch einen anderen Streckenverlauf hatte, nämlich von Bubastis im östlichen Nildelta (dem heutigen Zagazig) in östlicher Richtung durch das Wadi Tumilat zum Timsahsee und von dort nach Süden ins Rote Meer führte. Die Gemeinsamkeit mit dem Sueskanal besteht eher in der Funktion einer schiffbaren Verbindung zum Roten Meer.
Im Alten Ägypten diente der Bubastis-Kanal der Wasserbewirtschaftung des östlichen Nildeltas. Das sich von der Region um Bubastis östlich bis zum Isthmus beim heutigen Ismailia erstreckende Gebiet des Wadi Tumilat sollte bewässert werden, um besiedlungsfähiges Land für die Bevölkerung zu schaffen.
Ergänzend diente die Anlage des Kanals der Intensivierung der Handelsbeziehungen mit den benachbarten Reichen Syrien und Arabien. Als weiteres Kalkül kamen praktische Erwägungen hinzu, da die Karawanenstraßen auf Höhe des Isthmus fortwährend die Gefahr weiterer kriegerischer Handlungen in sich bargen, die schon vor dem Kanalbau in der altägyptischen Geschichte für diese Region oft belegt sind.
Inhaltsverzeichnis
Hintergrund
Geographie
Im Alten Ägypten führte der östlichste, der pelusische Nilarm vom heutigen Kairo zu dem östlich, jenseits des heutigen Port Said gelegenen Pelusium. Von dem an diesem pelusischen Nilarm gelegenen Bubastis führte das Wadi Tumilat zum Timsahsee. Im westlichen Teil des Wadi Tumilat scheint sich ein See befunden zu haben. Vom Timsahsee sind es nur wenige Kilometer zu den südlich davon gelegenen Bitterseen. Diese sollen im Altertum Teil des Roten Meeers gewesen sein. Die am Nil und im Nildelta ansässigen Ägypter hatten daher ein wesentlich größeres Interesse an einer schiffbaren Verbindung zwischen dem Nildelta und dem Roten Meer als an einem Kanal zwischen dem Mittelmeer und dem Roten Meer.
Frühe Planungen
Der Bau eines Kanals mit Trassenführung vom Nil zum Roten Meer hatte für die Ägypter mehrere Vorteile. Einerseits konnten die Kulturflächen erweitert werden und anderseits erschloss sich neben neuen Wegen für den Inlandsverkehr der direkte Wasserweg zum Roten Meer. Bei der Planung des Kanals wurden keine geologischen Hindernisse festgestellt, die sich negativ auf die Bauarbeiten auswirken würden.
Einziger Unsicherheitsfaktor war die Unkenntnis über die Höhe des Wasserspiegels vom Roten Meer, weshalb die berechtigte Angst vor der Gefahr bestand, dass bei einer Verbindung zum Roten Meer das gesamte Nildelta überflutet werden könnte. In den frühen Dynastien der altägyptischen Geschichte wurden deshalb zunächst die Baupläne verworfen.
Kanalbauten
Die ältesten Belege, die auf einen Kanalbau deuten, sind in der Zeit von Pharao Sesostris I. (1956 bis 1910 v. Chr.) festzustellen. Die erste Ausführung soll den Weg vom Nil bis zu den Bitterseen genommen haben. Unter Sethos I. (1290 bis 1279 v. Chr.) und Ramses II. (1279 bis 1213 v. Chr.) erfolgten Versuche, die zwischenzeitlichen Versandungen der Trasse zu beheben. Auch dieser Kanal verfiel im Lauf der Jahrhunderte.
Necho II. (610 bis 595 v. Chr.) baute einen etwas südlicher gelegenen, größeren Kanal von Bubastis durch das Wadi Tumilat, wie Herodot als Augenzeuge berichtet. Allerdings konnte Necho II. ihn wegen eines Krieges mit den Babyloniern nicht fertigstellen.
Erst Dareios I. (521 bis 486 v. Chr.) erneuerte diesen Kanal und führte ihn bis zum Roten Meer. Zur Erinnerung ließ er verschiedene Stelen aufstellen, unter anderem die von Kabret mit der Inschrift[1]:
„Der König Dareios sagt: Ich bin Perser. Außerhalb Persiens habe ich Ägypten erobert. Ich habe befohlen diesen Kanal zu graben von dem Nil genannten Fluss in Ägypten bis zu dem Meer, das in Persien beginnt. Als dieser Kanal gegraben war wie ich es befohlen habe, sind Schiffe von Ägypten bis nach Persien gefahren, wie ich es gewollt hatte.“
Herodot schrieb über den Kanal:
„Nechos II. legte zuerst Hand an den Graben, der da geht ins Rote Meer. Dareios I. setzte seine Arbeiten fort. Die Länge (des Kanals) beträgt eine Fahrt von vier Tagen. Das Wasser wird aus dem Nil oberhalb von Bubastis in den Graben geleitet. Zuerst verläuft der Graben in der Ebene auf Arabien zu. Oberhalb an diese Ebene stößt sich das Gebiet, das sich bis Memphis erstreckt. Von diesem Gebirgsfuß geht der Graben eine lange Strecke von West (Abend) nach Ost (Morgen) und kommt sodann in eine Bergschlucht. Er gelangt vorbei an Pathumos (Pithom), der Stadt Arabiens, und verläuft südlich bis zum Isthmus, der Ägypten von Syrien trennt. Von da an sind es 1.000 Stadien bis an den arabischen Busen. Das ist der kürzeste Weg. Aber der Graben ist viel länger mit seinen vielen Krümmungen.“
– Herodot[2]
Plinius oder Strabo behaupten, dass die Arbeiten am Verbindungskanal zwischen Rotem Meer und Bitterseen wegen des höheren Wasserspiegels des Roten Meeres abgebrochen worden seien. Doch sind diese Aussagen unbelegt und stehen im Gegensatz zu den Ausführungen von Herodot, der einen vollständig intakten Kanal sah.
Unter Ptolemaios II. (285 bis 246 v. Chr.) erneuerten die Ptolemäer den Kanal und bauten Schleusen an der Einmündung in den Golf von Sues, um das Eindringen von Salzwasser zu verhindern.
Zur Zeit von Kleopatra VII. war der pelusische Nilarm nach Westen gewandert und als Wasserweg nicht mehr benutzbar, so dass auch keine Kanalverbindung mehr bestand.
Unter Trajan und Hadrian wurden um 100 n. Chr. die Arbeiten an dem Kanal wieder aufgenommen und eine neuer Verbindungskanal vom heutigen Kairo nach Bubastis hergestellt. Damit wurde eine direkte Schiffsverbindung zur oströmischen Provinz Arabia Petraea geschaffen, um die Warentransporte zu vereinfachen. Mit dieser veränderten Nutzung beginnt die direkte Vorgeschichte des späteren Sues-Kanals.
Amr ibn al-As, ein Feldherr Mohammeds, der von 641 bis 644 n.Chr. in Ägypten herrschte, ließ den Kanal wieder eröffnen, um die arabischen Stätten mit Getreide zu versorgen und als Transportweg für die Pilger.
Al-Mansur, der zweite abbasidische Kalif, soll jedoch 770 die Schließung des Kanals als Maßnahme gegen seine Feinde in Medina befohlen haben.
Der Kanal heute
In den folgenden Jahrhunderten versandete der Kanal zusehends. Allerdings soll ein Teil des Kanals zwischen Bubastis/Zagazig und Kassassin (etwa auf halber Strecke nach Ismailia gelegen, in Google Earth (30°33'37 N 31°56'10 E) als Qassasin bezeichnet) noch 1861 offen gewesen sein. Im Laufe des Baus des Sues-Kanals im 19. Jahrhundert wurde auch er wieder in Stand gesetzt und als Süsswasserkanal in Betrieb genommen, um die Bauarbeiter zu versorgen und um in den angrenzenden Orten Landwirtschaft zu ermöglichen.
Karthographische Darstellung
Die Karte vom 1. Mai 1862 zeigt nicht nur den im Bau befindlichen Sues-Kanal und den Süsswasserkanal (horizontal in der Bildmitte), sondern auch eine Reihe von Angaben zu antiken Orten und Kanälen.
Die Legende lautet:
- Süßwasserkanal und Teil der maritimen Rinne, die zum Verkehr mit Kähnen freigegeben ist;
- Teil der maritimen Rinne in Ausführung;
- Teile der maritimen Rinne, deren Bauausführung noch nicht begonnen wurde;
- Teile der Trasse unter dem Meeresspiegel;
- Liegenschaft von Ouady im Eigentum der Compagnie du Canal maritime de Suez.
In der Version mit höherer Auflösung und mit der Lupenfunktion (Anklicken) lassen sich unter anderem folgende Eintragungen erkennen, beginnend links unten bei Kairo:
- Vieux Caire / Anc(ien) Babylon (Alt-Kairo / Babylon als alter Name von Kairo)
- Masr/Le Caire (arabischer und französischer Name von Kairo)
- ancien Canal de Trajan, d'Adrien et d'Amrou (alter Kanal des Trajan, des Hadrian und des Amr ibn al-As)
- Canal de Jonction d'irrigation et de navigation alimenté par les eaux du Nil (Bewässerungs- und Schiffahrts-Verbindungskanal, durch das Nilwasser gespeist)
- Zagazig / Tel Basta / ancien Bubastis (Zagazig / dessen arabischer Name Tel Basta / altes Bubastis)
- Ancienne Branche Pélusiaque (alter pelusicher Nilarm)
- Canal de l'Ouadee / Canal des Ptolémé (Kanal des Wadi, Kanal der Ptolemäer)
- Abasee / ancienne Awaris (Ort Abasee, altes Avaris)
- Tel el ouadee / ancienne Toum et Pithoum (Ort Tel el ouadee, altes Toum und Pithom)
- Domaine de l'Ouady (Liegenschaft von Ouady)
- Canal d'Eaux douce (Süßwasserkanal)
- Tel el masrouta; heroan héroopolis; Ramses (Tell el-Maskhutah, ... Heroopolis ...)
- Lac Timsah (Timsahsee)
nördlich:
- Seuil d'El Guirs (Schwelle von El Guirs)
- Kantara
- (rechts oben) Golfe de Peluse (Bucht von Pelusium)
- (an der südlichsten Stelle der Bucht) ... ancienne Peluse (altes Pelusium)
südlich:
- Sérapéum, monument persepolitain (Serapeum, persisches Monument)
- Canal d'eau douce (Süsswasserkanal)
- Bassin de l'Isthme. Anciennement occupé par la mer Rouge appelé aujourd'hui Lacs amèrs (Isthmusbecken. Früher Teil des Roten Meers, heute Bitterseen genannt)
- Grand Canal Maritime (Großer Schiffahrtskanal)
- Forteresse d'Agerout (Festung von Agerout)
- Suez
- Rade de Suez (Reede von Sues)
Literatur
- Oskar Brendl: Die Bedeutung des Suezkanals in Vergangenheit und Gegenwart In: Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie, Buchenverlag, Bad Soden 1975, ISSN 0044-3751 Bd. 9, S. 212-219
- Josef Feix: Herodot - Historien, Artemis & Winkler, Düsseldorf 2004, ISBN 3-7608-4111-2
- Ernesto Kienitz: Der Suezkanal - Seine Geschichte, wirtschaftliche Bedeutung und politische Problematik -, Reimer, Berlin 1957
Weblinks
- http://www.1911encyclopedia.org/Suez_Canal, Abruf v. 03.05.09
- http://www.e-c-h-o.org/khd/location.html, Abruf v. 03.05.09
- The Columbia Encyclopedia, Sixth Ed. 2001-07, Suez Canal, Abruf v. 03.05.09
- Uwe Oster: Der Suezkanal. arte.tv, 28. Juli 2008
- Walter Hinz: Die Erbauung des Suezkanals. Gahname, Nr. 7, 2004, S. 83-100
- R. Stahl und A. B. Ramadan: Environmental Studies on Water Quality of the Ismailia Canal / Egypt. Forschungszentrum Karlsruhe, August 2008
Einzelnachweise
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