- Johann Beer
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Johann Beer, auch Behr oder Bär, (* 28. Februar 1655 in Sankt Georgen im Attergau, Oberösterreich; † 6. August 1700 in Weißenfels) war ein Schriftsteller und Komponist.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Werk
Schon als Kind dürfte Beer auf mannigfache Art und Weise mit Musik in Berührung gekommen sein, da im 17. Jahrhundert Singen und Instrumentalspiel einen höheren Stellenwert hatten als heute. Er besuchte zunächst die Schule des Benediktinerklosters Lambach, bis die protestantische Familie im Jahre 1670 nach Regensburg übersiedeln musste, wo Johann das Gymnasium besuchte. Hier entfaltete er sein Talent als Erzähler, indem er seine Mitschüler mit Stegreifgeschichten unterhielt. Dieses Talent machte ihn später zum Literaten. Er verfasste unter einer Reihe von Pseudonymen Ritterromane sowie satirische Schriften, deren Attribution teilweise ungesichert ist und teilweise auch Johannes Riemer zugeschrieben wird, der sich mehrfach kritisch zu Beers Antifeminismus geäußert hatte.
Außerdem schrieb Beer eine Reihe von Picaro-(Schelmen-)romanen, wie z.B. Des Abentheuerlichen Jan Rebhu Artlicher Pokazi (1679/80) und Der Symplizianische Welt-Kucker (1677/79). Trotz der offensichtlichen Anspielungen auf die Werke Grimmelshausens konnten diese Romane dessen Erfolg nicht erreichen. Als Autor dieser Schriften wurde er erst 1932 von Richard Alewyn enttarnt. Alewyn verfasste eine Monographie über Beer, in der er versuchte, das Neue an dessen Literatur herauszuarbeiten. In Unterschied zu Grimmelshausen habe sich Beer weitgehend vom symbolhaltigen Weltbild des Barock gelöst und liefere in seinen Romanen eine realistische Wiedergabe der zeitgenössischen Wirklichkeit. "Die Teutschen Winternächte" und "Die kurtzweilgen Sommer-Täge" sind beispielhaft für Beers moralisierende Satiren der damaligen Gesellschaft.
Eine kritische Ausgabe der Sämtlichen Werke von Johann Beer, hrsg. von F. van Ingen und H.-G. Roloff erschien in Bern 1981 ff. Neben musikalischem und literarischen Talent verfügte Beer auch über zeichnerische Fähigkeiten, wie die mit eigenen Holzschnitten illustrierte Geschicht und Histori von Land-Graff Ludwig dem Springer, Weißenfels 1698, belegt.
Nach nur wenige Monate dauernden theologischen Studien (1676) trat Beer als Altist (Contratenor?) in den Dienst des Herzogs August von Sachsen-Weißenfels ein, wo er in einem kunstsinnigen Milieu ausreichend Gelegenheit fand, an allerlei höfischen Festivitäten mitzuwirken. Schließlich wurde er zum herzoglichen Konzertmeister und Bibliothekar befördert. Er wurde am 6. August des Jahres 1700 durch einen Jagdunfall jäh aus dem Leben gerissen.
Mit der Wiederbelebung älterer Musik erfuhr auch das Werk Johann Beers eine Renaissance, und zwar in Form eines Konzertes für Posthorn, Waldhorn und Streichorchester. Hier zeigt sich Beer durchaus als ein begabter Komponist mit einigem melodischen Talent. Das Posthorn ist allerdings kein Musikinstrument, sondern diente dem Postillon als Signal, z.B. um gedankenversunkene Wanderer auf Gefahren aufmerksam zu machen, die von einer herannahenden Kutsche ausgehen. Das Posthorn ist wie ein Blechblasinstrument zu blasen, verfügt auf Grund seiner überaus weiten Mensur nur über zwei Töne, den Grundton und die überblasene Oktave.
Johann Sebastian Bach (1685–1750) auf dem Klavier und Georg Philipp Telemann (1681–1767) mit Hilfe der Oboe machten später das Posthorn, bzw. den Postillion zum Subjekt ihrer Programmmusik. Die konzertante Anwendung eines solchen Signalhorns wirkt ohne Kenntnis eines konkreten Anlasses etwas befremdlich, zumal das Posthorn in allen Sätzen des Konzerts erklingt und Beer es auch nicht versteht, das Signalhorn monochordisch als Orgelpunkt oder bezüglich einer Drehleierharmonik anzuwenden.
Beers Musik wurde im Bayrischen Fernsehen auch anlässlich einer Alpenüberquerung mit der Postkutsche als Hintergrundmusik gespielt, wobei sie trotz einiger kontrapunktischer Schwächen ihre Wirkung nicht verfehlte.
Schriften (Auswahl)
- Der Simplicianische Welt-Kucker. 4 Bde. Halle/Saale 1677–79
- Der Abenteuerliche … Ritter Hopffen-Sach. Halle 1678
- Der Politische Feuermäuer-Kehrer. Leipzig 1682
- Teutsche Winternächte. Nürnberg 1682
Literatur
- Richard Alewyn: Johann Beer. (= Palaestra; 181). Leipzig 1932
- James Hardin: „Der Politische Feuermäuerkehrer“. … Contrasting Views of Woman. In: Modern Language News, 96 (1981), S. 488-502
- Manfred Kremer: Die Satire bei Johann Beer. Dissertation, Köln 1964
- Stephen Rose: The bear growls. In: Early music 33 (2005), 700-702
- Andreas Brandtner, Wolfgang Neuber: Beer. 1655–1700. Hofmusiker. Satiriker. Anonymus. Turia-Kant, Wien 2000
- Stephen Rose: 'The musician-novels of the German Baroque: new light on Bach's world', Understanding Bach 3 (2008), 55-66 [1]
- Arrey von Dommer: Beer, Johann. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 1, Duncker & Humblot, Leipzig 1875, S. 768 f.
- Richard Alewyn: Beer, Johann. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, S. 736 f.
- Helmut Pachler: Johann Beer - Versuch einer Annäherung an seine Zeit, seine Person und sein literarisches Werk, St. Georgen 1999, ISBN 3-9501147-2-6
- Stephen Rose: The Musician in Literature in the Age of Bach. Cambridge: Cambridge University Press, 2011. ISBN 9781107004283 ([2] Beschreibung)
Werk- und Literaturverzeichnisse
- Gerhard Dünnhaupt: Johann Beer (1655–1700). In: Personalbibliographien zu den Drucken des Barock. Band 1. Hiersemann, Stuttgart 1990, ISBN 3-7772-9013-0, S. 466-489
- James Hardin: Johann Beer, eine beschreibende Bibliographie. Bern 1983
- Manfred Lischka: Der Komponist Johann Beer, ein Verzeichnis der Kompositionen. In: Daphnis, 9 (1980), S. 557-596
Weblinks
Wikisource: Johann Beer – Quellen und VolltexteCommons: Johann Beer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Druckschriften von und über Johann Beer im VD 17
- Werke von und über Johann Beer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Johann Beer in der Bibliographie zur oberösterreichischen Geschichte
- Werke von Johann Beer bei Zeno.org
- Eintrag im Österreichischen Musiklexikon (oem)
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