Johann Friedrich Böttger

Johann Friedrich Böttger

Johann Friedrich Böttger (* 4. Februar 1682 in Schleiz; † 13. März 1719 in Dresden) war ein deutscher Alchemist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Johann Friedrich Böttger
Denkmal für Johann Friedrich Böttger in Dresden (Brühlsche Terrasse) geschaffen von Peter Makolies
Gedenktafel am Haus Schloßstraße 14-15, in Lutherstadt Wittenberg

Nach dem frühen Tod seines Vaters heiratete seine Mutter 1685 Johann Friedrich Tiemann, der maßgeblich für die vielseitige Ausbildung Böttgers verantwortlich war. Darauf aufbauend, begann Böttger 1696 eine Lehre als Apotheker bei dem Berliner Apotheker Friederich Zorn. Während seiner Ausbildung wurde sein Interesse an der Alchemie geweckt, die er heimlich im Apothekenlabor seines Ausbilders betrieb. Kontakte zu anderen Gelehrten wie Johannes Kunckel und dem Adepten Lascaris bestärkten ihn in seinem Streben nach dem Stein der Weisen, mit dem die Umwandlung von unedlen in edle Metalle möglich sein sollte.

Sein Ausbilder stand diesen Experimenten skeptisch gegenüber. Um diesen zu überzeugen, wandelte Böttger 1701 bei einer öffentlichen Demonstration – angeblich – silberne Münzen in goldene um. Die Kunde von diesem alchemistischen Meisterstück verbreitete sich schnell, und verschiedene Monarchen begannen, sich für den Mann hinter der Goldmacherei zu interessieren. Da Böttger in Berlin lebte und arbeitete, setzte Friedrich I. ein Kopfgeld auf ihn aus, dem sich Böttger durch Flucht nach Wittenberg entziehen konnte, um dort Medizin zu studieren. Auch August der Starke erfuhr von dem jungen Apothekerlehrling. Zwischen den beiden Monarchen entstand ein Streit, den August der Starke für sich entscheiden konnte. Er ließ Böttger nach Dresden verbringen, in der Hoffnung, durch den Goldmacher die leeren Staatskassen füllen zu können.

Daraufhin bekam Böttger in Dresden zunächst im Fürstenbergschen Haus ein Laboratorium zur Herstellung von Gold zur Verfügung gestellt. 1702 wurde erstmals ein Contubernium erwähnt, dem als Repräsentanten Statthalter Fürstenberg, Gottfried Pabst von Ohain, die Brüder Nehmitz, Böttger und Baron von Schenck angehörten, um merkantilistische Ziele zu verfolgen und die Goldmacherei voranzubringen. Der Naturforscher Ehrenfried Walther von Tschirnhaus kam wenig später ebenfalls dazu. 1705 erfolgte die Verlegung der Experimentierarbeiten nach Meißen auf die Albrechtsburg. Hier erfolgten auch erste Versuche auf keramischem Gebiet, zunächst zur Herstellung von Schmelztiegeln und von künstlichem Marmor, der für die Ausstattung der Prachtbauten am Dresdner Hof gedacht war. Bei diesen Arbeiten wurden dunkle und helle Massen zu marmorierten Platten verarbeitet. Dabei wurde die wichtige Entdeckung gemacht, dass sich zwar die dunklen Keramiken dicht sintern ließen, die hellen Partien blieben jedoch porös. Erste Vorprodukte eines roten Steinzeugs, welche später zur Erfindung des Jaspisporzellans führten, sind in dieser Zeit entstanden.

Im September 1707 wurden nach einer kriegsbedingten Zwangspause auf der Feste Königstein die Versuche zur Porzellanherstellung in Dresden von Böttger im dafür errichteten Labor in den Kasematten der Jungfernbastei erneut aufgenommen. Böttger wurde durch königliches Dekret am 12. Januar 1708 die finanzielle und technische Leitung des Porzellanprojektes übertragen. Neben den Freiberger Berg- und Hüttenleuten, die je 8 Thaler monatlich erhielten, wurde ihm auch Kammerrat Dr. Nehmitz (mit 150 Thalern), Rath von Tschirnhaus (mit 100 Thalern) und Dr. Bartholomäi (mit 10 Thalern) vom König zur „Arbeit und Bedienung“ zugeordnet. [1] Pabst von Ohain weilte zu dieser Zeit in Freiberg.

Das Jaspisporzellan (Böttgersteinzeug) und der Prototyp des noch unglasierten weißen Porzellans wurde in Dresden von Böttger und seinem Team in weniger als vier Monaten entwickelt und zusätzlich die Fayanceherstellung eingerichtet. Eine Versuchsaufzeichnung gibt Aufschluss über die Zusammensetzung des ersten europäischen Hartporzellans. Sie stellt das älteste und wichtigste Dokument dar, mit dem nachgewiesen ist, dass Böttger nach Versuchen – erstmals in einem geeigneten Ofen – am 15. Januar 1708 in einem Brandprotokoll vermerkt, dass er nach zwölfstündigem Brand nachmittags um fünf Uhr einen weißen durchscheinenden Scherben in Form kleiner Tellerchen erhalten hat. Somit ist die Geburt des europäischen Hartporzellans mit Tag und Stunde festgehalten.[2]

Tschirnhaus starb noch während der weiteren Versuche im Oktober 1708 und konnte so die Entwicklung zum fertigen Porzellan und die Betriebsaufnahme der Porzellanmanufaktur Meißen nicht mehr miterleben. Nach Tschirnhaus’ Tod musste Böttger, als zweiten entscheidenden Schritt zum vollwertigen Porzellan, die passende Glasur entwickeln. Am 28. März 1709 meldete er die Erfindung in einem Memorandum dem König. Darin wehrte sich der Neunundzwanzigjährige gegen Verleumdungen am Hofe:

„Aber ich erschrecke doch, wenn ich Bedencke, daß eine so lange Zeit ich mich im steten Unglück, Ew. Mayst. aber in immer wehrender Gedult hat erhalten können… Ob aber der achtjährige Verlust meiner Freyheit so Beschaffen gewesen, daß ich als Mensch niemahls Uhrsache gehabt hatte Betrübt zu seyn, überlaße ich dem höchsterleuchtenden Nachdencken von Ew. Königl. Mayst. und einer stillen und unpartheyischen Beurtheilung der ganzen Welt… Denn es sind einige Personen welche mich ohne weiteres nachdencken unter die Zahl solcher Leuthe setzen, deren Künste nur in unnüzbaren Subtilitaeten, nicht aber in Reellen Wissenschafften zu Bestehen pflegen,… Damit aber die vergangene Zeit durch die izige möge in etwas wieder melioriret werden: So erkühne ich mich hiermit in Allerunterthänigkeit Ew. Mayst. Demüthigst zu Bitten, eine Verpflichtete Commißion niedersezen zu laßen, welche meine vorstellende Wissenschafften gründlich untersuchen möge, ob nehmlich dieselben Dero Landen nüzlich und nöthig oder aber schädlich und inpracticabel zu halten seyn.“

[3]

Eine eingesetzte Prüfungskommission erkannte die Erfindung zunächst nicht an. Erst am 23. Januar 1710 wurde die Gründung der ersten Porzellanmanufaktur Europas verkündet und am 6. Juni 1710 in der Albrechtsburg zu Meißen eingerichtet. Böttger wird ihr erster Administrator.

Am 19. April 1714 wurde Böttger aus der bis dahin andauernden Haft entlassen. Um das Geheimnis der Porzellanherstellung zu schützen, war er jedoch weiterhin an Sachsen gebunden. Er nahm auf Drängen von August des Starken die Arbeiten zur Goldherstellung erneut auf. Am 13. März 1719 starb er an den Folgen seiner Experimente mit zum Teil giftigen Substanzen in Dresden und wurde auf dem ersten Johannisfriedhof beigesetzt. Sein Grab ist nicht erhalten.

Justus Liebig äußerte sich 1844 in seinen Chemischen Briefen:

„Unter den Alchimisten befand sich stets ein Kern echter Naturforscher… Was Glauber, Böttger, Kunckel in diese Richtung leisteten, kann kühn den größten Entdeckungen unseres Jahrhunderts an die Seite gestellt werden.“

Einzelnachweise

  1. Allerhöchstes Decret vom 20. November 1707. Die Sicherstellung Johann Friedrich Böttgers, wegen der zu seiner freien Disposition bei Einrichtung verschiedener Manufakturen, demselben assignierten Gelder – Staatsarchiv Dresden, Loc. 1341 und Loc. 1339. Fol. 79)
  2. Martin Mields: Eine Versuchsaufzeichnung von Johann Friedrich Böttger aus dem Jahre 1708 – Ber. DKG 44 (1967) [10] 513-517
  3. Staatsarchiv Dresden, Loc. 41910, Rep. IXb Blatt 218b Nr. 205c, S. 5b-9

Literatur

  • Carl August Engelhardt: J. F. Böttger. Erfinder des sächsischen Porzellans. Leipzig 1837, Reprint: Leipzig 1981, Reprint: Frankfurt a.M. 1982
  • Ernst Zimmermann: Der Gold- und Silberklumpen Böttgers in der Königlichen Porzellansammlung, Dresdner Anzeiger, Sonntagsbeilage, 3 (1903) [36]
  • Ernst Zimmermann: Die Erfindung und Frühzeit des Meissner Porzellans, Verlag Georg Reimer Berlin 1908, Reprint: Berlin 1978
  • William Funk: Böttgers Erfindung und ihre Bedeutung für die Stadt Meißen, Keramos 8 (1929) [11]
  • William Funk: Zum 13.3.1944. Gedenken um Johann Friedrich Böttger anläßlich der 225. Wiederkehr seines Todestages. Sprechsaal 77 (1944) [9/12]
  • Willi Goder, Klaus Hoffmann, Ingelore Menzhausen: Johann Friedrich Böttger: Die Erfindung des europäischen Porzellans. Leipzig; Stuttgart 1982
  • Klaus Hoffmann: Johann Friedrich Böttger. Vom Alchimistengold zum weißen Porzellan, Verlag Neues Leben, Berlin 1985
  • Bernd Ullrich, Albrecht Mields: Der Stand des Wissens und neuere Erkenntnisse zur europäischen Porzellanerfindung Teil 1 und 2, Keram. Ztschr. 55 (2003) [12] und 56 (2004) [1]
  • Albrecht Mields: Zur Datierung der europäischen Porzellanerfindung, cfi/Ber. DKG 87 (2010) [3]

Weblinks

 Commons: Johann Friedrich Böttger – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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