Johann Sleidan

Johann Sleidan
Johannes Sleidanus
Johannes Sleidanus

Johannes Sleidanus, auch Johannes Philippson von Schleiden (* 1506 in Schleiden; † 31. Oktober 1556 in Straßburg) war ein deutscher Jurist und Diplomat.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sleidanus wurde nach seiner Geburtsstadt Schleiden benannt. Er studierte am Collegium Trilingue in Lüttich, Universität zu Köln, Universität Löwen, bevor er um 1533 zum Rechtsstudium nach Paris und Orléans übersiedelte. Nachdem Studium wurde er 1540 von Franz I. als Diplomat angestellt. 1541 nahm er am Reichstag zu Regensburg (Regensburger Religionsgespräch) und 1544 am Reichstag zu Speyer teil. Wegen zunehmender Intrigen am französischen Hof siedelte er 1544 nach Straßburg über. Zu dieser Zeit war er schon protestantisch beeinflusst, und 1544 unternahm er es, die Geschichte der Reformation zu schreiben. Sleidanus wurde dabei von Landgraf Philipp I. von Hessen u.a. protestantische Fürsten unterstützt. In den ersten Jahren nach der Übersiedelung nach Straßburg arbeitete Sleidan weiterhin für Joachim du Bellay, während sich Martin Bucer und Jakob Sturm von Sturmeck für seine Einstellung als Reformationshistoriker beim Schmalkaldischen Bund einsetzten. Im Frühjahr 1545 wurde Sleidan offiziell als Diplomat, Übersetzer und Historiker des Schmalkaldischen Bundes angestellt und begann sofort die Arbeit an einer Geschichte der Reformation. Gleichzeitig musste er auch seinen diplomatischen Verpflichtungen nachkommen und wurde so etwa von August bis Dezember 1545 nach England geschickt, um bei den Friedensverhandlungen zwischen Frankreich und England zu vermitteln. Der Schmalkaldische Krieg 1546/47 bedeutete für Sleidan zunächst das Ende seiner Karriere, er nutzte aber die freie Zeit für die Übersetzung eines weiteren französischen Geschichtswerkes von Philippe de Commynes und eines politischen Werkes von Claude de Seyssel. 1551/52 vertrat Sleidan die Stadt Straßburg als Gesandter am Konzil zu Trient. So auch als Vermittler bei der drohenden Eroberung der Stadt Straßburg durch den französischen König Heinrich II. (1552).

Sein Hauptwerk über die politischen und religiösen Bedingungen der Herrschaft Kaiser Karl V. war ursprünglich in Latein verfasst, erschien 1555 in Straßburg und wurde fünf Jahre später ins Englische übersetzt. Es stützt sich auf eine große Auswahl von Dokumenten und ist der beste zeitgenössische Bericht über die Reformation. Als Schüler von Philippe de Commynes, den er übersetzte, war Sleidanus liberal gesinnt, überraschend unparteiisch und zeigte Interesse für den politischen Hintergrund der Reformation sowie die gesetzlichen Aspekte der Standpunkte der deutschen Fürsten. Vermutlich wegen seiner Objektivität war das Werk z.Zt. seiner Veröffentlichung nicht sehr beliebt. „De quatuor summis imperiis“ und v. a. die „Commentarii“ wurden zur Grundlage der modernen Geschichtsschreibung und prägten die Reformationsforschung bis in das 20. Jahrhundert.

Werke (Auszüge)

  • De statu religionis et rei publicae Carolo V. Caesare commentarii (Über den Zustand der Religion und des Staates unter dem Kaiser Karl V.), 1555 (ständig vermehrt und fortgesetzt), 1785-86 ed. Am Ende, deutsch 1771-73 von J. S. Semler in 4 Bdn., wichtiges Quellwerk zur Reformationsgeschichte
  • De quattuor monarchiis, 1556 (ein Lehrbuch der Weltgeschichte unter dem Gesichtspunkt der biblischen Lehre von den vier Weltreichen)

Literatur

  • H. Baumgarten: Über Sleidans Leben und Briefwechsel, 1898
  • A. Hasenclever: Sleidanus-Studien, 1905
  • W. Friedensburg: Johannes Sleidanus, der Geschichtsschreiber und die Schicksalsmächte des Reformationszeit, 1935
  • W. Siebel: Der Geschichtsschreiber der Reformation. Zur Erinnerung an seinen Todestag am 30. Oktober 1556, Düsseldorf 1957 (= Monatshefte für evangelische Kirchengeschichte des Rheinlandes. 6. Jg., H.1/2)
  • E. van der Vekene: Johann Sleidan, Bibliographie seiner gedruckten Werke und der von ihm übersetzten Schriften von Philippe de Comines, Jean Froissart und Claude de Seyssel ; mit einem bibliographischen Anhang zur Sleidan-Forschung, Stuttgart 1996.
  • A. Kess, Johann Sleidan and the Protestant vision of history, Aldershot: Ashgate 2008

Weblinks


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