- Jugendstrafe
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Die Jugendstrafe ist im deutschen Jugendstrafrecht eine speziell für Jugendliche (14 bis einschließlich 17 Jahre) und Heranwachsende (18 bis einschließlich 20 Jahre) konzipierte Freiheitsstrafe. Sie ist die einzige im Jugendstrafrecht vorgesehene Kriminalstrafe und hebt sich dadurch von den sonst im Jugendstrafrecht vorgesehenen Zuchtmitteln und Erziehungsmaßregeln ab. Sie darf nur wegen so genannter schädlicher Neigungen oder wegen der besonderen Schwere der Schuld verhängt werden (§ 17 Abs. 2 JGG). Maßgebend für die Anwendung von Jugendstrafe ist das Alter des Täters bei Begehung der Tat, nicht bei ihrer Aburteilung.
Inhaltsverzeichnis
Dauer und Vollzug
Die Jugendstrafe dauert grundsätzlich mindestens 6 Monate und maximal 5 Jahre, § 18 Abs. 1 S. 1 JGG. Das Höchststrafmaß liegt jedoch bei 10 Jahren, wenn der Jugendliche/Heranwachsende eines Verbrechens schuldig ist, welches nach dem allgemeinen Strafrecht mit Freiheitsstrafe von über 10 Jahren bedroht ist, § 18 Abs. 1 S. 2 JGG. Verbüßt wird die Jugendstrafe in der Regel in Jugendstrafanstalten. Allerdings ist es unter den Voraussetzungen des § 91 Abs. 1 JGG auch möglich, eine Jugendstrafe im Erwachsenenvollzug zu vollziehen. Des Weiteren gibt es seit dem 1. Januar 2008 nun eine gesetzliche Regelung des Jugendstrafvollzugs. Jedes Bundesland hat ein eigenes JStVollzG geschaffen, da der Strafvollzug seit der Föderalismusreform Sache der Länder geworden ist.
Strafzweck
Strafzweck der Jugendstrafe ist neben dem Erziehungsgedanken auch die Sühne der Schuld. Die Jugendstrafe darf jedoch nicht auf Erwägungen gestützt werden, dass die Allgemeinheit geschützt oder Abschreckung bewirkt werden solle (sog. Verbot der generalpräventiven Begründung). Für die Überwachung der Strafvollstreckung ist, im Gegensatz zum Erwachsenenvollzug, der Vollstreckungsleiter zuständig; das ist der im Amtsgerichtsbezirk der Justizvollzugsanstalt zuständige Jugendrichter.
Schwere der Schuld
Die Schwere der Schuld kennzeichnet sich aus den objektiven Umständen der Tat (Taterfolg) und den subjektiven Merkmalen, also Motiven des Täters. Beide müssen gemeinsam vorliegen.
Schädliche Neigungen
Zeigt der Täter, dass er durch die Sozialisationsmängel (Anlage- bzw. Erziehungsmängel) weiterhin Straftaten von erheblichem Gewicht begehen wird, so können nach Gesamtabwägung zwischen der Biographie des Täters, der aktuellen Lebensumstände und des tatbegleitenden Verhaltens schädliche Neigungen festgestellt werden, die eine Jugendstrafe begründen könnten. Bei der Feststellung erforderlich ist ein Bericht der Jugendgerichtshilfe, die während des Verfahrens mit dem Beschuldigten Kontakt aufnimmt und die Ergebnisse im Jugendgerichtshilfebericht festhält.
Bewährung
Kann zum Zeitpunkt des Urteils nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, ob schädliche Neigungen vorliegen, so kann das Jugendgericht die Entscheidung über die Verhängung der Jugendstrafe nach § 27 JGG zur Bewährung aussetzen. Im Übrigen besteht - wie bei der Freiheitsstrafe - auch die Möglichkeit, bei günstiger Sozialprognose die Vollstreckung der Jugendstrafe ganz oder nach Verbüßung eines Teils zur Bewährung auszusetzen.
Reformbewegungen
Angesichts der durch die Boulevardpresse kolportierten Einzelfälle wurde Ende 2003 von mehreren Seiten die Erhöhung der Maximaldauer der Jugendstrafe auf fünfzehn Jahre gefordert. Dies wurde jedoch durch die Fachwelt fast einhellig abgelehnt, da der Zweck des Jugendstrafrechts damit nicht getroffen werde, die Anwendung der Jugendstrafe von einer Dauer mit mehr als sieben Jahren bundesweit unterhalb des Promillebereichs aller Verurteilten liegt und eher durch vernünftige Integrations- und Sozialpolitik die Kriminalität besser bekämpft als durch hohe Strafen abgeschreckt würde. Die Überbelegung in den Jugendanstalten würde durch höhere Strafen noch verschärft werden. Im übrigen könne die Strafdauer über fünf Jahren nur noch den Zweck der Vergeltung von Schuld erfüllen.
Der Jugendstrafvollzug ist nach Darstellung der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfe (DVJJ) durch deren Betreiben auf die Gesetzesagenda der politischen Parteien gekommen. Das JGG besteht seit 80 Jahren, hat aber den Jugendstrafvollzug nur im Ansatz geregelt. Weitere Vorschriften wurden bis 2008 noch durch das Strafvollzugsgesetz (StvollzG) gestellt. Mehrere konkrete Normenkontrollen vor dem Bundesverfassungsgericht zur Situation des Jugendstrafvollzugs wurden als unzulässig abgewiesen. Dennoch sah die herrschende juristische Meinung die ("gesetzlose") Situation damals als verfassungswidrig an.
Das Bundesverfassungsgericht hat diese Auffassung in seinem Urteil 2 BvR 1673/04, 2 BvR 2402/04 vom 31. Mai 2006 bestätigt. Es verlangt eine gesetzliche Regelung für den Jugendstrafvollzug, die auf die besonderen Anforderungen des Strafvollzuges an Jugendlichen zugeschnitten ist. Das Gericht räumt dem Gesetzgeber eine Übergangsfrist bis zum Ablauf des Jahres 2007 ein, um eine solche gesetzliche Regelung zu schaffen. Innerhalb dieser begrenzten Übergangszeit bis zum Inkrafttreten der erforderlichen gesetzlichen Regelungen mussten eingreifende Maßnahmen im Jugendstrafvollzug jedoch hingenommen werden, soweit sie zur Aufrechterhaltung eines geordneten Vollzuges unerlässlich war.
Siehe auch
Weblinks und Literatur
- Thomas Brand, Petra Held: Abschlussbericht zu der wissenschaftlichen Begleitung des Projekts „Aufwind –vernetzte Integrationshilfen für Aussiedler in der Justizvollzugsanstalt Heinsberg vor und nach der Entlassung“ 2005.
- Jugendstrafvollzug und Rückfälligkeit - ein Interview mit Dr. Philipp Walkenhorst (Dortmund 3. Juni 2004)
- Eindruck vom Jugendstrafvollzug gewinnen in der Jugend-JVA Adelsheim - Artikel Fränkische Nachrichten vom 30. Juli 2001
- Kerstin Reich: Sind ausländische Jugendliche krimineller? Kriminalität von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. In: Zeitschrift Sicherheit und Kriminalität - Heft 1/ 2003. Hrsg.: Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (LpB Ba-Wü).
- BVerfG: Urteil 2 BvR 1673/04, 2 BvR 2402/04 vom 31. Mai 2006 zur Verfassungsmäßigkeit des Jugendstrafvollzugs
- Rückfalluntersuchung Rheinland-Pfalz (PDF-Datei; 227 kB)
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